Kardinal Becciu: Erste Begegnung mit Franziskus war ein Schock
Franziskus wohnte damals noch in dem Zimmer, das er auch vor der Papstwahl im vatikanischen Gästehaus Santa Marta bewohnt hatte. Dort standen zwei Stühle - einer war voller Bücher, der andere frei. Der Papst bot Becciu den freien Stuhl an und setzte sich selbst aufs Bett: „Das war ein Schock, denn man war nicht gewohnt, dass der Papst nicht in einem Sessel sitzt", so Becciu.
Dieses Detail habe ihm sofort klargemacht, dass Franziskus ein einfacher Mann sei. Er selber schätze an Franziskus nicht nur diese Einfachheit, sondern auch seine direkte Art und seinen Humor.
Becciu ist päpstlicher Sondergesandter beim Malteserorden und neuer Leiter der Behörde für Heiligsprechungen. Er war letzte Woche von Papst Franziskus in den Kardinalstand erhoben worden. Die Anekdote über sein erstes Treffen mit Franziskus erzählte er am Sonntagabend bei einer Veranstaltung der katholischen Tageszeitung „Avvenire" im süditalienischen Melfi.
Becciu sagte dort auch, wieso er Franziskus als „revolutionären Papst" empfindet: „Er hat eine Vision der Kirche, wie sie Jesus wollen würde, einfach, ohne Flittergold, eine Kirche, die auf das Wesentliche achtet", so der neue Kardinal. Der Papst halte sich zwar bei Staatsbesuchen ans Protokoll, habe „die Kirche aber von ihren eigenen Protokollen befreit, und so fühlen wir uns alle viel mehr als Seelsorger", so Becciu. Franziskus wünscht sich laut dem Kardinal eine „revolutionäre Kirche, die Barmherzigkeit predigt".
Kurienreform: Meinungsfreiheit, aber auch Loyalität
Becciu wies Spekulationen zurück, wonach die Kräfte der Kurie, der Verwaltungsapparat der Weltkirche, Widerstand gegen die von Franziskus in Gang gesetzte Reform leiste. Dabei sprach der Kardinal von einer Haltung grundsätzlicher Loyalität zu Franziskus und erinnerte an den Prozesscharakter der Kurienreform. „Bevor eine Entscheidung getroffen ist, steht es jedem frei, seine Meinung zu äußern oder alternative Vorschläge zu bringen, aber wenn der Papst einmal entschieden hat, dann gehorcht man".
Bei alledem sei es nicht einfach, die Kurie zu reformieren, räumte der Kardinal ein. Er verwies auf „das Gewicht von Jahrhunderten“ und die vielschichtigen Strukturen der Römischen Kurie. „Sie ist nicht einfach durch eine Hausordnung geregelt und auch nicht ausschließlich durch das Kirchenrecht. Es gibt auch die Komplexität der Tradition.“
Im Prozess Meinung zu äußern ist nicht Opposition
In einem Reformprozess seine Ideen zu äußern, bedeute nicht, gegen die Reform zu sein, sondern im Gegenteil etwas beizusteuern, fügte der Kardinal hinzu. „Mehrmals wollten einige, nicht aber der Papst, unter Nutzung von vermeintlich vorhandenen Gesetzeslücken voranpreschen. Aber so macht man keine Reform. Man kann nicht so tun, als gäbe es kein Gesetz.“ Die Wahrnehmung außerhalb des Vatikans sei dann die eines internen Widerstands gegen die Reform gewesen, erklärte Becciu. „Aber es gab bloß Meinungsverschiedenheiten darüber, wie die Reform durchzuführen ist. Sobald das Gesetz stand, waren die ersten, die gehorchten, die Kurienleute.“
(kna/Vatican News - gs)
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