Papstreise: Zwei Tage der Begegnung und des Gebets in Irland
SAMSTAG
Offizielle Begrüßungen durch Präsident und Premierminister
Vizeregierungschef Simon Coveney, seine Frau und seine Kinder begrüßten ihn am Samstagvormittag am Flughafen von Dublin mit einem Blumenstrauß.
Als erstes besuchte der Papst zum offiziellen Empfangszeremoniell den Amtssitz des irischen Staatspräsidenten Michael D. Higgins. Nach einer privaten Unterhaltung zwischen den beiden Staatsoberhäuptern pflanzten sie gemeinsam einen Baum im Phoenix-Park. Präsident Higgins spricht Spanisch und hat großes Interesse an Lateinamerika sowie lateinamerikanischem Sozialismus.
Nach dem Präsidenten traf Papst Franziskus auch Irlands Premierminister Leo Varadkar mit dem gälischen Titel „Taoiseach“. In der historischen St. Patrick’s Hall des Castle of Dublin trug er sich ins Ehrenbuch der Stadt ein. Varadkar bedankte sich für den Besuch des Papstes und erinnerte an die bedeutende Rolle der katholischen Kirche in der irischen Geschichte sowie im Bildungs- und Gesundheitswesen. Zugleich sprach er aber auch die Missbrauchsskandale an, die Irlands Kirche in den vergangenen Jahren erschüttert haben, und wünschte sich deutliche Schritte zur Aufklärung. Er plädierte außerdem für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Kirche und Staat.
Das Thema Missbrauch dominierte die Papstreise. Ins einer Ansprache an den Taoiseach und die versammelten Autoritäten nannte Franziskus die Missbrauchsfälle einen „schweren Skandal“ und ein „abscheuliches Verbrechen“. Er räumte Versäumnisse von Bischöfen und anderen Kirchenvertretern ein, die eigentlich Vertrauenspersonen, Lehrer und Ratgeber für jungen Menschen sein sollten. Er lobte auch das „freimütige und entschlossene Eingreifen“ seines Vorgängers Benedikt XVI und forderte strenge Regeln, die sicherstellten, dass die „Fehler der Vergangenheit“ sich nicht wiederholen.
In der Rede im Castle of Dublin kritisierte der Papst außerdem die heutige „Wegwerfkultur“, die ungeborene Menschen das Leben koste.
Begegnungen mit Menschen aus Dublin
In der wichtigsten katholischen Kirche der irischen Hauptstadt, der St. Mary’s Pro-Cathedral, traf der Papst mit irischen Familien zusammen. Vincent und Teresa Gamble aus Dublin ließen die versammelten Gläubigen an ihrer Erfahrung aus 50 Jahren Ehe teilhaben. Ein junges Ehepaar und ein verlobtes Paar fragten den Papst, wie junge Menschen heutzutage an dauerhafte Liebe glauben könnten und wie die Religion an die Kinder weitergegeben werden solle. Der Papst antwortete ihnen, dass Frieden unter den Partnern ein Geheimnis dauerhafter Verbindung sei und dass der Bund zwischen Eheleuten den ewigen Bund Gottes mit den Menschen durch Liebe symbolisiere. Die Familie sei außerdem der wichtigste Startpunkt für die Weitergabe des Glaubens, der sich am besten im „Dialekt des Zuhauses“ erlernen lasse. Eltern sollten ihren Kindern ein Beispiel des barmherzigen Umgangs mit Armen geben.
Franziskus betonte außerdem die Bedeutung des Dialogs zwischen den Generationen.
In einem Aufnahmezentrum der Kapuziner traf der Papst als nächstes Obdachlose. Jene aufzunehmen, die Hilfe benötigen, sei „ein Vorbild für jeden Priester“, lobte Franziskus die Kapuzinermönche. An die 75 Bewohner des Hauses wandte er sich mit den Worten „Ihr seid die Kirche, ihr seid das Volk Gottes, Jesus ist mit euch“, und bedankte sich für das Vertrauen, mit dem sie die Hilfe der Kirche annehmen. Als symbolisches Geschenk überreichten sie dem Papst einen Schlafsack.
Gespräch mit Missbrauchsopfern
Anderthalb Stunden verbrachte Papst Franziskus in der Apostolischen Nuntiatur mit acht Opfern und Überlebenden von Missbrauch. Darunter waren auch Marie Collins, die bis zu ihrem Rücktritt 2017 der vatikanischen Kinderschutzkommission angehört hatte, sowie mehrere Priester und ein Mann, der als Kind in einem kirchlichen Heim missbraucht wurde. Einzelheiten des Gesprächs zwischen dem Papst und den Missbrauchsopfern sind aus Rücksicht auf deren Privatsphäre nicht bekannt.
Fest mit Familien aus aller Welt
Einer der ersten Höhepunkte des Weltfamilientreffens war das zweistündige Familienfest in Dublins Croke Park Stadion am Samstagabend. Familien aus 116 Ländern waren zu diesem Anlass nach Irland gereist und feierten mit Musik und Tanz. Einige von ihnen erzählten in Videos von ihren Erfahrungen mit dem Leben im Glauben. Der Papst ging auf die persönlichen Berichte ein. Er forderte die Eltern auf, ihre Kinder so schnell wie möglich taufen zu lassen, und die „Freude der Liebe Gottes“ in die Welt auszustrahlen. Jesus wohne in den Familien wie im Haus der Heiligen Familie und Nazareth. Vergebung und Zuneigung seien das Fundament des christlichen Familienlebens.
Der Papst ging auch auf Social Media ein und sagte, diese könnten Kontakte stärken, dürften jedoch nie wichtiger werden als persönliche Begegnungen. Außerdem könne keine Zukunft aufgebaut werden, ohne die Wurzeln zu bedenken. Deshalb sei es unerlässlich, den älteren Generationen zuzuhören.
SONNTAG
Angelus in Knock
Zu Beginn des zweiten Tages des Weltfamilientreffens flog Papst Franziskus von Dublin zum Marienwallfahrtsort Knock und betete dort das Angelus. Auch in seinem Gebet sprach er das Thema Missbrauch an und bezeichnete die Skandale als eine „offenen Wunde", die niemanden unberührt lassen könne. Die Kirche müsse nach „Wahrheit und Gerechtigkeit“ suchen.
Franziskus betete auch für den Frieden mit Nordirland und die Zusammenarbeit der Christen in beiden Ländern. Er grüßte Gefängnisinsassen und deren Angehörige und wünschte ihnen Kraft. Gerade Familien sollten auch in schwierigen Zeiten „Bollwerke des Glaubens und der Güte“ sein.
Im stillen Gebet verehrte der Papst der Jungfrau Maria einen Rosenkranz.
Heilige Messe im Phoenix Park
Nach der Rückkehr aus Knock fand sich der Papst am frühen Nachmittag erneut in Dublins Phoenix Park ein. Dort feierte er die Heilige Messe gemeinsam mit Dublins Erzbischof Diarmuid Martin.
In der Predigt sagte der Papst. die Worte Jesu „sind Geist und sind Leben« (Joh 6,63), und jeder Tag des Lebens in der Familie sei wie ein neues Pfingstfest, in das sich der Heilige Geist ergieße. Diese Gabe sollten Familien auch an die Gesellschaft weitergeben. So könne die Menschheitsfamilie enger zusammenwachsen. Franziskus erinnerte an die Notwendigkeit, sich für Menschen am Rand der Gesellschaft einzusetzen und das Geheimnis des Glaubens in die Welt „hinauszutragen“.
(vatican news – jm)
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