Angelus: Papst warnt vor neuen Populismen und Antisemitismus
Christine Seuss - Vatikanstadt
In diesem Ereignis, so der Papst, gipfelte die Vernichtung tausender von Juden, die bereits zwei Jahre vorher beonnen hatte. „Wie es im Buch der Weisheit heißt, ging das jüdische Volk durch Schmähungen und Qualen. Gedenken wir dieser Zeiten und bitten wir den Herrn, er möge uns die Gabe der Unterscheidung verleihen, sodass wir rechtzeitig ein neues Aufkeimen solch verderblicher Haltung erkennen – und alles, was die Herzen der Generationen verführt, die diese Zeit nicht erlebt haben und die manchmal versucht sind, solchem Sirenen-Gesang nachzulaufen“, sagte der Papst im Anschluss an seine Messe, an der rund 100.000 Gläubige teilgenommen hatten.
Er wolle dieser Tage einen „besonderen Gedanken“ für die jüdische Gemeinde reservieren, so Franziskus im Anschluss an sein Mittagsgebet. Am Nachmittag wird er auf eigenen Wunsch am Opferdenkmal im jüdischen Ghetto von Vilnius ein Gebet sprechen.
Franziskus ging in seiner Katechese auf den verfolgten Gerechten aus dem Buch der Weisheit, der dem Gottlosen allein durch seine Anwesenheit ein Dorn im Auge sei, ein. „Der Gottlose ist so anmaßend zu glauben, dass seine Stärke der Maßstab der Gerechtigkeit ist. Die Schwächsten unterwerfen, Gewalt in all ihren Formen anwenden, anderen eine Denkweise, eine Ideologie, eine Weltanschauung aufzwingen, Gewalt oder Unterdrückung anwenden, um diejenigen zu beugen, die einfach mit ihrem täglichen, ehrlichen, bescheidenen, fleißigen und hilfsbereiten Handeln zeigen, dass eine andere Welt, eine andere Gesellschaft möglich ist“, so der Papst mit Blick auf die Tagesliturgie. Im Gottlosen, so fuhr er fort, versuche das Böse „immer das Gute zu vernichten“.
Im Evangelium erinnere Jesus uns an die nur allzu präsente Versuchung, den anderen gegenüber einen Spitzenplatz einzunehmen, betonte Franziskus: „Wie oft ist es schon passiert, dass ein Volk sich überlegen fühlt und mehr Rechte und größere Privilegien für sich beansprucht, die bewahrt oder erobert werden müssen.“ Doch Jesus schlage hier ein Gegenmittel vor: Sich zum Diener der Letzten zu machen und dort helfend einzugreifen, „wo nichts zu erwarten ist“:
„Wenn sich die Mächtigen dafür entscheiden würden, wenn wir zuließen, dass das Evangelium Jesu Christi unser Innerstes berührt, dann wäre die ,Globalisierung der Solidarität´ tatsächlich Wirklichkeit“, gab der Papst zu bedenken.
Er verwies in diesem Zusammenhang auf den berühmten historischen Kreuzhügel Litauens, der der Überlieferung nach mehreren Zerstörungsversuchen standgehalten hatte: „Ich lade euch ein, beim Gebet des Angelus Maria zu bitten, sie möge uns helfen, das Kreuz unseres Dienstes und unserer Hingabe dort aufzustellen, wo wir gebraucht werden, auf dem Hügel, wo die Geringsten leben, wo feinfühlige Aufmerksamkeit für die Ausgeschlossenen und die Minderheiten nötig ist. So können wir in unserem Umfeld und in unseren Kulturen verhindern, dass der andere vernichtet, an den Rand gedrängt und weiterhin ausgesondert wird, weil er uns lästig ist oder unser Wohlbefinden stört.“
Jesus stelle ein kleines Kind in die Mitte, damit alle sich herausgefordert fühlten, eine Antwort zu geben. „Wenn wir uns jetzt an das Ja Marias erinnern, bitten wir sie, sie möge unser Ja so großzügig und fruchtbar sein lassen wie das ihre“, so der Papst, der den Pilgern abschließend wie gewohnt eine gesegnete Mahlzeit wünschte – diesmal allerdings in der Landessprache, was mit tosendem Applaus quittiert wurde.
(vatican news)
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