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Im Campo Santo Teutonico im Vatikan brachte eine Tagung zum Liber Pontificalis neue Erkenntnisse ans Licht Im Campo Santo Teutonico im Vatikan brachte eine Tagung zum Liber Pontificalis neue Erkenntnisse ans Licht 

Liber Pontificalis: Das Radio Vatikan des Frühmittelalters

Es ist die wichtigste Quelle für das Papsttum des frühen Mittelalters: der Liber Pontificalis, das Buch der Päpste. Jetzt hat das Römische Institut der Goerres-Gesellschaft, eine im Vatikan beheimatete Forschungseinrichtung, eine Tagung dazu veranstaltet - und ist dabei zu neuen Erkenntnissen gekommen.

In unserem Interview am Rand der Tagung unterstrich Klaus Herbers, Professor für mittelalterliche Geschichte an der Universität Erlangen-Nürnberg, die Bedeutung des Liber Pontificalis.

Vatican News: Ist der Liber Pontificalis eine Art Radio Vatikan des Frühmittelalters?

Herbers: Das wäre vielleicht etwas übertrieben - aber natürlich ist es ein Kommunikationsinstrument gewesen, das vieles zusammenfasste, was sich hier abspielte und an wichtigen Dingen geschah, und man hat das gerade außerhalb Roms sehr geschätzt, weil man immer wieder nach diesen Texten gefragt und sie offensichtlich auch genutzt hat.

Vatican News: Man könnte sicher denken, dass solche Listen von Päpsten, was sie verschenkt haben, was sie getan haben, vielleicht ein bisschen langweilig sein könnten.

Herbers: Wenn wir die heute lesen in lateinischer Form, kommen sie uns zunächst langweilig vor. Aber sie bieten natürlich für jemanden, der ein ganz besonderes Interesse hat, sehr viel. Sie zeigen nämlich, wie umfangreich manche Päpste die römischen Kirchen ausgestattet haben, wie sie versucht haben, ihren Klerus wieder auf Vordermann zu bringen, wie sie versucht haben, auch in der großen Politik, jedenfalls in den Viten des 8. und 9. Jahrhunderts, entsprechende Akzente zu setzen, indem sie mit Byzanz, aber auch mit den karolingischen Herrschern verhandelt haben.

Auch eine Frau fand Eingang in das Papstbuch

Vatican News: Sie sagen, dass der Liber Pontificalis auch durchaus eine europäische Dimension hat. Inwiefern könnte man das ausführen?

Herbers: Die europäische Dimension kann man schon daraus erkennen, dass gerade in der frühen Zeit Byzanz, der vordere Orient, eine ganz zentrale Rolle in diesen Lebensbeschreibungen spielt, und dass dann später in der Zeit der Reform, im 11. und 12. Jahrhundert, die verschiedenen Fassungen des Liber Pontificalis, in Frankreich, in England, in Deutschland, auf der iberischen Halbinsel, aber auch in Italien selbs, wieder genutzt wurden, teilweise auch ein bisschen verändert wurden und immer wieder an die Bedürfnisse angepasst worden sind.

Vatican News: Es fand ja auch eine Frau Eingang in den Liber Pontificalis auf allerhöchster Stelle, die Päpstin Johanna, wie kam es dazu?

Herbers: Die Päpstin Johanna ist allerdings erst in diese Lebensbeschreibung hineingerutscht, durch verschiedene dominikanische Schreiber im 13. Jahrhundert, und dann vor allen Dingen durch den großen Historiographen Martin von Troppau. Offensichtlich hat diese Geschichte so viele Freunde gefunden. Man hat sich immer wieder diese Geschichte erzählt, so dass sie dann irgendwann als Erzählung bei manchen Autoren, die nicht so stark rechtlich dachten, eben in den Ablauf der Geschichte eingefügt worden ist.

Vatican News: In Ihrem Vortrag haben Sie dazu etwas sehr Interessantes angemerkt: Se non è vero, è ben trovato, also wenn es nicht wahr ist, so ist gut erfunden. Das war dann eigentlich die Haltung der Humanisten zur Päpstin Johanna. Können Sie das bitte noch einmal erklären?

Das Augenzwinkern der Humanisten

Herbers: Ja, die Humanisten haben diese Päpstin Johanna durchaus mit in ihre Werke integriert, auch wenn sie eventuell gewisse Zweifel hatten, haben sie mit einem Augenzwinkern gesagt, wir lassen das nicht weg, sonst gibt es eventuell wieder einen Skandal aus der anderen Richtung, und wir halten daran fest.

Vatican News: Der Liber Pontificalis wurde von Ihnen auch als eine Art Verteidigungsschrift betrachtet. Das finde ich auch einen sehr interessanten Punkt. Inwiefern kann dieses Buch als Verteidigungsschrift gesehen werden?

Herbers: Das sind Thesen von einigen Kollegen, die auch bei unserer Tagung hier vorgetragen worden sind. Verteidigungsschriften in dem Sinn, dass man in einer gerade erst christlich gewordenen Welt in Rom damit deutlich machen will, was macht der Bischof von Rom, was macht das Christentum aus, und man zeigt mit dieser Schrift, was man wirklich machen will. So wie man heute vielleicht eine Zeitschrift gründen würde und sagen, eine bestimmte Gruppe macht sich bekannt durch diese Zeitschrift.

Das Gespräch führte Christina Höfferer

(vatican news)

 

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27. November 2018, 08:35