Papst zu Allerseelen: Erinnerung, Hoffnung, Seligpreisungen – die drei Dimensionen des Lebens
Christine Seuss - Vatikanstadt
Etwas früher als geplant bog das päpstliche Auto in die Friedhofszufahrt ein, bei kräftigem Wind stieg der Papst aus und besuchte zunächst die Gräber der Föten, die nie geboren werden durften – sei es wegen eines spontanen Schwangerschaftsabbruchs, oder wegen einer gewollten Abtreibung. Mit bunten Kuscheltieren und Windrädern besetzt die kleinen Grabstellen, an denen der Papst kurz innehielt, Blumen ablegte und ein stilles Gebet sprach. Anschließend ging er in den angrenzenden Friedhofsteil, der den Gräbern von Kindern vorbehalten ist, besuchte auch einige Grabstellen von Erwachsenen und sprach kurz mit verwaisten Eltern, bevor er mit dem Auto das letzte Stück zur Friedhofskapelle zurücklegte. Zahlreiche Menschen hatten sich auf dem Areal vor der Kapelle eingefunden, um mit dem Papst die Allerseelenmesse zu feiern.
In seiner frei gehaltenen Predigt betonte Franziskus, die Liturgie des heutigen Tages sei „realistisch und konkret“. Denn diese stelle uns in Beziehung zu den „drei Dimensionen des Lebens, Dimensionen, die auch die Kinder verstehen: Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart.“
Die erste Lesung wurde aus dem Buch der Weisheit (Weish 3,1-9) vorgetragen, die zweite Lesung aus der Offenbarung des Johannes (Offb. 21,1), während im Evangelium nach Matthäus (Mt 5,1-12) die Seligpreisungen beschrieben wurden.
„Heute ist ein Tag der Erinnerung an die Vergangenheit“, fuhr der Papst fort. „Der Tag, um an die zu erinnern, die vor uns gegangen sind. Die uns begleitet haben, uns das Leben geschenkt haben. Erinnern. Und die Erinnerung ist es, was ein Volk stark macht, den es fühlt sich verankert in einem Weg, einer Geschichte, in einem Volk. Denn die Erinnerung zeigt uns, dass wir nicht allein sind, sondern ein Volk, das Erinnerung hat, eine Geschichte und Leben. Die Erinnerung an viele, die ein Stück Weg mit uns geteilt haben und nun hier liegen.“
Es sei nicht einfach, sich zu erinnern, denn oftmals sei man dessen müde, in Gedanken zurückzukehren zu dem, was in der Familie, im eigenen Leben oder im Volk passiert sei. Doch die Erinnerung, so unterstrich der Papst, führe zu den Wurzeln, zu denen eines jeden Einzelnen, aber auch zu denen des gesamten Volkes: „Und heute ist auch ein Tag der Hoffnung. Die zweite Lesung hat uns gezeigt, was uns erwartet, ein neuer Himmel, eine neue Erde, und die Heilige Stadt Jerusalem, neu, schön, das Bild, das Johannes nutzt, um uns verstehen zu lassen, was uns erwartet.“
Erinnerung und Hoffnung, das seien also zwei der drei Lebensdimensionen - die Hoffnung, wieder mit den Geliebten Verstorbenen vereint zu sein und die Hoffnung auf die Liebe des Vaters, die uns erwarte.
„Und zwischen Erinnerung und Hoffnung ist da noch die dritte Dimension, die der Straße, die wir gehen müssen und die wir entlang gehen. Aber wie gehen wir unseren Weg, ohne von ihm abzukommen? Was sind die Lichter, die mir helfen, nicht von der Straße abzukommen? Welches ist der Navigator, den der Herr selbst uns gegeben hat, um nicht zu irren: Das sind die Seligpreisungen, die Jesus uns gelehrt hat.“
Dies seien also die drei Dimensionen des Lebens, fuhr Franziskus fort, indem er auf die Gräber verwies: „Die Erinnerung, die wir hier haben. Die Hoffnung, die wir jetzt im Glauben feiern und nicht in der Vision, und die Lichter, die uns leiten auf unserem Weg, um nicht zu irren. Dies, so haben wir im Evangelium gehört, sind die Seligpreisungen.“
Abschließend forderte er die Gläubigen dazu auf, zum Herrn um die Gnade zu beten, die Erinnerung niemals zu verlieren, die Hoffnung zu erhalten und zu verstehen, „welches die Lichter sind, die uns begleiten, um nicht vom Weg abzukommen, und um dort anzukommen, wo wir mit so viel Liebe erwartet werden.“
(vatican news)
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