Papstmesse: Im Leben nicht mit Äußerlichkeiten aufhalten
Christine Seuss - Vatikanstadt
Der Papst zelebrierte am Samstag nach Allerseelen die Heilige Messe im Gedenken an die im Lauf des Jahres verstorbenen Kardinäle und Bischöfe. In seinen Gedanken ließ er sich vom gehörten Evangelium nach Matthäus (Mt 25,1-13) leiten. Darin erzählt Jesus die Parabel von den zehn Jungfrauen, die „dem Bräutigam entgegengingen“.
„Für alle“, so erläuterte der Papst, „ist das Leben ein ständiger Ruf hinauszugehen: aus dem Mutterleib, aus dem Haus, wo man geboren ist, aus der Kindheit in die Jugend und aus der Jugend in das Erwachsenenalter, bis zum Hinausgehen aus dieser Welt. Auch für die Diener des Evangeliums verläuft das Leben im fortwährenden Hinausgehen: aus dem Elternhaus an den Ort, wo die Kirche uns hinschickt, von einem Dienst zum anderen; wir befinden uns immer im Vorbeigehen, bis zum endgültigen Vorbei-Gehen.“
Das Evangelium mache deutlich, dass der Sinn des Lebens letztlich darin bestehe, dem Bräutigam entgegenzugehen, betonte der Papst. „Die Begegnung mit Jesus, dem Bräutigam, der »die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat« (Eph 5,25), gibt dem Leben Sinn und Orientierung. Nichts anderes. Es ist das Ende, das Licht wirft auf das, was vorausgeht. Und wie die Aussaat von der Ernte her beurteilt wird, so erschließt sich der Lebensweg von seinem Ende her.“
Die Zeit auf der Erde sei uns hingegen geschenkt, um in der Liebe zu wachsen, betonte Franziskus. „Leben ist eine tägliche Vorbereitung auf die Hochzeit, eine große Verlobung. Fragen wir uns: Lebe ich wie einer, der die Begegnung mit dem Bräutigam vorbereitet?“ Man dürfe auch angesichts der vielen täglichen Verpflichtungen den Faden nicht aus den Augen verlieren, der „die ganze Geschichte zusammenhält: die Erwartung des Bräutigams“: „Bleiben wir nicht auf die irdischen Dynamiken fixiert, sondern schauen wir darüber hinaus. Jener berühmte Ausspruch ist wahr: ,Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar‘. Das Wesentliche im Leben ist, die Stimme des Bräutigams zu hören. Das Leben lädt uns ein, nach dem kommenden Herrn Ausschau zu halten und jede Tätigkeit in eine Vorbereitung für die Hochzeit mit ihm zu verwandeln.“
Daran erinnere auch das Element, das im Evangelium für die auf die Hochzeit wartenden Jungfrauen wesentlich sei, fuhr Franziskus fort, nämlich das Öl, das in kleinen Krügen verwahrt wird.
„Es zeigt sich ein erstes Merkmal dieses Öls: es fällt nicht auf. Es bleibt verborgen, es kommt nicht zum Vorschein, aber ohne es gibt es kein Licht. Was will uns das sagen? Dass vor dem Herrn nicht die Äußerlichkeiten, sondern das Herz zählt (vgl. 1 Sam 16,7). Was die Welt sucht und zur Schau stellt – die Ehrungen, die Macht, die Äußerlichkeiten, der Ruhm –, all das vergeht, ohne etwas zurückzulassen.“
Es sei also unabdingbar, betonte der Papst, Äußerlichkeiten und weltlichen Erscheinungen eine Absage zu erteilen, um sich „auf den Himmel vorzubereiten“: „Nach diesem ersten Merkmal – nicht auffallen, aber notwendig sein – gibt es beim Öl einen zweiten Aspekt: es ist da, um verbraucht zu werden. Nur wenn es verbrennt, schenkt es Licht.“ Dies sei ähnlich mit dem Leben, erläuterte Franziskus, denn nur der Dienst sei die „Eintrittskarte“, die am „Eingang zur ewigen Hochzeit vorzuzeigen“ sei.
„Der Sinn des Lebens ist, eine Antwort zu geben auf das Angebot der Liebe Gottes. Und die Antwort geht durch die wahre Liebe, die Selbsthingabe, den Dienst. Dienen kostet etwas, weil es ein Sich-Verzehren, ein Sich-Verbrauchen bedeutet. Aber in unserem Dienst taugt der nicht zum Leben, wer nicht lebt, um zu dienen. Wer zu sehr auf sein eigenes Leben achtet, verliert es.“
Und noch ein drittes Kennzeichen des Öls zeige sich in maßgeblicher Weise im Evangelium, betonte Franziskus: die Bereitstellung. Denn das Öl müsse im Voraus bereitgestellt und mitgenommen werden (vgl. VV. 4.7):
„Die Liebe ist sicherlich spontan, aber geht nicht aufs Geratewohl. Gerade in der mangelnden Vorbereitung besteht die Torheit der Jungfrauen, die bei der Hochzeit draußen bleiben. Jetzt ist die Zeit, sich zu rüsten: im gegenwärtigen Augenblick, Tag für Tag gilt es, die Liebe lebendig zu halten.“
Dazu sei jedoch steter Einsatz nötig, betonte der Papst, der einem schwunglosen Leben „auf dem Sofa“ erneut eine Absage erteilte: „Ein schales, routinemäßiges Leben, das sich damit begnügt, seine Pflicht zu tun, ohne sich zu verschenken, ist des Bräutigams nicht würdig.“
Im Gebet für die verstorbenen Bischöfe und Kardinäle wolle er auch um die Fürsprache all derer bitten, die „ohne großes Aufheben ihr Leben geführt haben, die von Herzen gedient haben und die sich Tag für Tag auf die Begegnung mit dem Herrn vorbereitet haben“. Denn das Beispiel dieser vielen Zeugen weite den Blick über die Gegenwart hinaus, schloss der Papst: „Ein Leben, das vom Verlangen nach Gott durchdrungen und in der Liebe geübt ist, wird bereit sein, in die Wohnung des Bräutigams einzutreten, für immer.“
Gedenken an verstorbene Bischöfe
In der traditionellen Gedenkmesse für die im vergangenen Jahr gestorbenen Kardinäle und Bischöfe wurde unter anderem des am 11. März gestorbenen Kardinals Karl Lehmann gedacht. Ebenso des Präsidenten des Päpstlichen Rates für interreligiösen Dialog, Kardinal Jean-Louis Tauran, sowie des früheren Erzbischofs von Boston, Kardinal Bernard Law.
Unter den gestorbenen Bischöfen des vergangenen Jahres sind auch die früheren deutschen Weihbischöfe Werner Radspieler (Bamberg), Hans-Reinhard Koch (Erfurt), Manfred Melzer (Köln), Johannes Kapp (Fulda), Engelbert Siebler (München-Freising) und Friedrich Ostermann (Münster).
An der Messe im vorderen Teil des Petersdomes am Altar der Kathedra Petri nahmen unter anderem die Kardinäle Kurt Koch und Gerhard Ludwig Müller teil.
(vatican news/kap)
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