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Marokko wartet auf den Papst Marokko wartet auf den Papst 

Papst in Marokko: Diener der Hoffnung für Katholiken und das Volk

Bereits zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit reist Papst Franziskus in ein mehrheitlich muslimisches Land. Was sein Antrieb zu dem zweitägigen Besuch in Marokko ist und was wir uns davon erwarten können, darüber haben wir mit unserem Kollegen Stefan von Kempis gesprochen. Eine Einordnung.

Frage: Warum lautet das Motto der Marokko-Reise von Papst Franziskus „Diener der Hoffnung“?

Stefan von Kempis: Ich habe bei der Reisevorbereitung gehört und es war mir vorher gar nicht klar, dass es die Ortskirche ist, die sich ein Motto wünscht. Der Vatikan geht dann, je nachdem, ob ihm der Vorschlag gefällt, darauf ein. „Serviteur de l’espérance“ – Diener der Hoffnung – ist offenbar eine Bitte der Ortskirche von Marokko, dieser nur 0,7 Prozent Katholiken der 34 Millionen-Bevölkerung. Was für eine Hoffnung erwartet sich so eine kleine Ortskirche, von der auch sehr viele Ausländers sind – französisch-, spanisch-, italienischsprachig – von einem Papst, der zu Besuch kommt? Zunächst einmal, dass sie überhaupt sichtbar werden in diesem mehrheitlich islamischen Marokko. Ich glaube, dass diese Papstreise nach Marokko dazu dient, wie schon die vorangehende nach Abu Dhabi in die Emirate. Die dort wohnenden, lebenden, arbeitenden Katholiken überhaupt mal sichtbar zu machen, weil man sie sonst nur als Arbeiter, ausländische Experten und so weiter wahrnimmt, als Ausländer, aber nicht wirklich als Teil dieser Gesellschaft.

Und dann hat das Motto „Diener der Hoffnung“ natürlich auch eine Ausstrahlung in die marokkanische Gesellschaft hinein, die sich vielen Herausforderungen gegenübersieht. Migration – Sehr viele Migranten landen und enden auch in Marokko und der Papst wird sich dort ja auch mit Migranten treffen. Die Jugendarbeitslosigkeit ist ausgesprochen hoch. Darum reagieren viele Jugendliche sensibel auf die Sirenenklänge von Islamisten. Das ist ein Problem, das Marokko, Libyen, Algerien und Tunesien – dieser ganze nordafrikanische Bogen – gemeinsam haben. Hoffnung wird also hoffentlich auch die marokkanische Gesellschaft aus diesem Besuch des weißen Mannes aus Rom ziehen können.

Frage: Was sind die Höhepunkte des Programms dieser Reise?

Stefan von Kempis: Es gibt schon einen steilen Auftakt. Normalerweise hält der Papst ja immer – das ist gesetzt – seine erste Ansprache in einem Präsidentenpalast an die Gesellschaft, die Regierung, Diplomaten, und, und, und. Dieses Mal aber hält er diese Ansprache, offenbar auf Wunsch von König Mohammed VI., auf dem Hauptplatz von Rabat, also in der Hauptstadt. Es handelt sich um eine Ansprache nicht bloß an die Regierung, die Elite der Gesellschaft, sondern an das marokkanische Volk. Ich glaube, dass das ein ziemlich interessanter Auftakt wird. Dieser Beginn wird andere Bilder liefern als diese gepflegte „Langeweile“, die wir sonst aus den Präsidentenpalästen dieses Planeten kennen, wenn ein Papst auftritt.

Das Volk ist dabei, 50.000 Menschen passen in die Umgebung dieses großen Platzes unter dem Turm Hassans II. Dann gib es natürlich die üblichen Termine beim König, mit der Regierung und so weiter. Die Akzente der Reise sind diesmal ein Treffen mit Migranten, den in Marokko „Hängengebliebenen“, die vielleicht ursprünglich weiter nach Europa wollten, ein Besuch in einem Sozialzentrum - denn die Kirche ist mit den wenigen Kräften, die sie in Marokko hat, vor allem sozial und im Unterrichtsbereich engagiert – und dann, was meiner Vermutung nach die eindrücklichsten Bilder dieser Reise liefern wird, sein Besuch bei einem islamischen Prediger und Predigerinnen-Seminar, wo Imame und Imaminnen aus vielen Teilen der Welt – aus Afrika und auch aus Europa – in der Lesart eines toleranten Islams ausgebildet werden. Und dann natürlich die übliche Messfeier, die am Sonntag mit den Katholiken des Landes den Schlusspunkt bildet. Das sind aus meiner Sicht die Akzente.

Frage: Inwieweit wird denn der interreligiöse Dialog, der bei der Abu Dhabi-Reise ganz stark im Vordergrund stand, bei dieser Reise eine Rolle spielen?

Stefan von Kempis: Das ist eine spannende Frage, denn Johannes Paul II. war 1985 im August nur für ein paar Stunden in Marokko in Casablanca und hat trotz der wenigen Zeit – eigentlich nur eine Zwischenlandung – in einem Fußballstadion zu 80.000 muslimischen Jugendlichen sprechen können. Eine große Rede. Dafür gab es keinen Präzedenzfall und etwas Vergleichbares hat es auch seitdem nicht mehr gegeben. So einen großen interreligiösen Akzent hat die Reise diesmal nicht. Es ist aus meiner Sicht die erste Papstreise seit 2001, dem historischen Moschee-Besuchs Johannes Pauls II. in Damaskus, Syrien, dass ein Papst in einem mehrheitlich islamischen Land weder eine Moschee betritt noch eine eigene Audienz oder wenigstens eine kleine Grußbotschaft an die Muslime im Land richtet.

Es kann zwar sein, dass das alles schon in seinen verschiedenen Auftritten eine Rolle spielt, aber dieser große interreligiöse Akzent scheint diesmal im Programm zu fehlen. Jetzt muss man natürlich abwarten, wie sich die Reise entwickelt. Ein erster Entwurf des Reiseprogramms, der auch schon zirkulierte, sah auch einen Besuch von Franziskus in Casablanca vor. Da hätte es dann das große interreligiöse christlich-islamische Treffen gegeben. Das ist auf Wunsch des Königs gestrichen worden, unter dem Motto: Man kann dem Papst nicht zumuten, dass er anderthalb Stunden im Auto nach Casablanca und wieder zurückfährt; das machen wir alles in Rabat. Aber dabei ist leider dieser interreligiöse Termin hintenübergekippt.

Frage: Wo sind die Konfliktlinien der Reise, der Elefant im Raum, über den man vielleicht noch nicht gesprochen hat?

Stefan von Kempis: Der Elefant im Raum sind die Imaminnen, also diese sehr liberale Ausbildung im islamischen Predigeramt, die Mohammed der VI. durchgedrückt hat. Das ist eines seiner großen Projekte. Der Papst hat ja zum Beispiel in der Türkei in die Diyanet gegangen, also in die dortige islamische Religionsbehörde. Er hat solche Termine, aber es ist sehr interessant, dass er dieses tolerante Predigerseminar besucht. Das ist so, als würde hier in Rom jetzt auf einmal in einem Zentrum für eine liberale Auslegung des Korans reinschneien. So einen dezidierten Schritt hinein in den toleranten Islam hat der Papst selbst mit der Erklärung von Abu Dhabi im Februar nicht physisch sichtbar gemacht. Das ist aus meiner Sicht der Elefant im Raum. Man wird wohl auch in anderen islamischen Ländern sehr genau wahrnehmen, dass der Papst so ein Predigerseminar besucht und nicht irgendwo in Afrika, sagen wir mal in Mali, ein übliches Koraninstitut besucht, sondern eines mit dieser dezidiert liberalen Auslegung. Das ist interessant.

Frage: Inwieweit wird der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche eine Rolle spielen?

Stefan von Kempis: Böse gesagt: gar nicht. Vorsichtig formuliert wahrscheinlich bei der fliegenden Pressekonferenz auf der Rückreise am Sonntagabend. Wenn der Papst die womöglich missverständliche Formulierung wählt, haben wir das Problem, dass das am Montag die Schlagzeilen der Weltpresse dominiert und von der Reise nach Marokko überhaupt keine Rede mehr ist. Aber diese Gefahr besteht bei jedem Thema, bei jeder Papstreise angesichts dieser oft auch sehr spontanen Äußerungen von Franziskus.

Frage: Fehlt nicht eigentlich noch etwas Wesentliches im Programm?

Stefan von Kempis: Das Programm ist für einen zweitägigen Besuch ziemlich reduziert. Wir haben ja schon gesagt, dass es das interreligiöse Treffen zwischen Muslimen und Christen so offenbar nicht geben wird. Man kann sich auch fragen, warum es kein Treffen mit der Jugend gibt. Johannes Paul der II. hat ja 1985 Jugendliche in Casablanca getroffen. Die Bevölkerung Marokkos ist – wie in allen Ländern des nordafrikanischen Bogens, dem Maghreb – sehr jung, und in ihr gärt es auch. Das wäre ein sehr schöner Programmpunkt gewesen. Nun warten wir einmal ab, ob es nicht noch am Rand des Programms Gelegenheit zu schönen Begegnungen und so weiter gibt. Franziskus ist ja ein spontaner Mensch.

(vatican news)

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29. März 2019, 10:23