Almosen und Fastenzeit: Was sagen die Päpste?
Christine Seuss und Laura De Luca – Vatikanstadt
„Almosen geben, damit wir die Torheit hinter uns lassen, nur für uns zu leben und alles für uns anzuhäufen in der Illusion, uns so eine Zukunft zu sichern, die uns nicht gehört. So finden wir die Freude an dem Plan wieder, den Gott der Schöpfung und unserem Herzen eingeprägt hat: ihn, unsere Brüder und Schwestern und die gesamte Welt zu lieben und in dieser Liebe das wahre Glück zu finden,“ unterstreicht Papst Franziskus in seiner Fastenbotschaft 2019. Doch auch vor ihm wiesen die Päpste immer wieder darauf hin, dass das Almosengeben ein unerlässlicher Bestandteil der Fastenzeit ist.
Almosen, ein unerlässlicher Bestandteil der Fastenzeit
„Machen wir uns also alle auf den Weg. Suchen wir im Gebet Unterstützung für die guten Vorsätze der Fastenzeit, in einem Gebet, das aufgewertet wird durch eine stärkere Bereitschaft zum Opfer und auch durch den großzügigen Verzicht auf etwas, das unser ist, um damit die Armen zu unterstützen. Das ist der antike Ratschlag dieses erprobten Meisters des spirituellen Lebens, der Augustinus war: ,Willst du, dass dein Gebet bis zu Gott emporsteige?‘, fragt er. «Fac illi duas alas, ieiunium et eleemosynam», ,mache ihm zwei Flügel, das Fasten und das Almosen.‘ Das Programm ist klar. Möge der Herr uns die nötige Freigiebigkeit gewähren, um es in unser konkretes Leben zu überführen.“ Das sagte Paul VI. in seiner letzten Aschermittwochsmesse 1978, die am 8. Februar 1978 stattfand. Er verstarb am 6. August desselben Jahres.
Ist es mit einer kleinen Spende getan?
Doch wer sind eigentlich die „Armen“? Nur die Obdachlosen und sichtlich Bedürftigen, die wir auf der Straße treffen? Und was bedeutet wirklich „Almosen“? Sind wir uns sicher, dass dafür ausreicht, ein paar Münzen in eine ausgestreckte Hand zu werfen und dann schnellstmöglich davonzuhuschen, mit einem reinen Gewissen? Hören wir, was Johannes Paul II. dazu zu sagen hat:
„Das Wort Almosen hören wir heute nicht gerne. Wir lesen darin etwas Erniedrigendes. Dieses Wort scheint ein soziales System vorauszusetzen, in dem die Ungerechtigkeit herrscht, die ungleiche Verteilung der Güter, ein System, das mit angemessenen Reformen geändert werden müsste. Und wenn diese Reformen nicht umgesetzt werden, dann würde sich am Horizont des sozialen Leben die Notwendigkeit radikaler Veränderungen auftun, vor allem im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen… Wir können auch nicht einverstanden sein mit dem, der Almosen gibt, aufgrund der Art und Weise, wie er gibt. Wir können auch nicht einverstanden sein mit dem, der die Hand ausstreckt, um Almosen zu erbetteln, weil er sich nicht dafür anstrengt, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Wir können auch die Gesellschaft nicht gutheißen, das soziale System, in dem es Almosen braucht. Dennoch muss die Tatsache an sich, jemandem Hilfe zu geben, der sie braucht, die Tatsache, mit den anderen die eigenen Güter zu teilen, Respekt erregen.“
Es ist der 28. März 1979, als Johannes Paul II. diese Worte bei seiner Generalaudienz ausspricht.
Was bedeutet wahres Fasten?
Über das wahre Fasten sinniert mit Blick auf die entsprechenden Worte des Propheten Jesaja Papst Johannes XXIII., in seiner Radiobotschaft zur Eröffnung der Fastenzeit am 27. März 1963, seinem letzten Aschermittwoch. „Bedeutet es nicht, dem Hungrigen dein Brot zu brechen, obdachlose Arme ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deiner Verwandtschaft nicht zu entziehen? Dann wird dein Licht hervorbrechen wie das Morgenrot und deine Heilung wird schnell gedeihen. Deine Gerechtigkeit geht dir voran, die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach.“ (vgl. Jes 58, 6-8)
Eine perfekte Verkörperung des Konzils
Die Nächstenliebe, die sich im Almosen ausdrückt, sei auch eine perfekte Verkörperung des Geistes, der das zur Stunde tagende Konzil prägte, betonte der Papst, der das Zweite Vaticanum einberufen hatte, aber nicht mehr zu Ende führen konnte:
„Es ist also das Konzil, das in der Fastenzeit dieses Jahres den Ton angibt, indem es den Akzent in besonderer Weise auf die Verpflichtung eines jeden Christen legt, die Vorgabe der Nächstenliebe zu erfüllen, mehr noch als sich dabei aufzuhalten, die neue Blüte zu bewundern, an der sich alle laben wollen. Es ist also eine Verpflichtung, die handelnde Darsteller verlangt, nicht Zuschauer.“
Tätige Vertreter der Nächstenliebe
Tätige Vertreter der Nächstenliebe in einer Welt, die immer mehr auseinanderzufallen droht und in der immer mehr Gewalt und Rücksichtslosigkeit das letzte Wort zu behalten scheinen. Eine große Herausforderung, der sich im Jahr 2011 auch Benedikt XVI. gegenüber sieht – und in der Generalaudienz vom 9. März einen großen christlichen Denker und Vorgänger im Papstamt aus dem 5. Jahrhundert zitiert:
„Der hl. Leo der Große lehrte in einer seiner Predigten über die Fastenzeit: ,Was also (…) jedem Christen stets zu tun obliegt, das hat man jetzt mit noch mehr Sorgfalt und Hingebung zu erfüllen. In einem vierzigtägigen Fasten sollen wir der von den Aposteln getroffenen Einrichtung nachkommen und dabei nicht allein den Genuß der Speisen einschränken, sondern vor allem auch dem Laster entsagen! (…) Nichts aber ist uns nützlicher, als wenn wir mit einem vernunftgemäßen und heiligen Fasten auch noch die Werke des Almosens verbinden.‘ (Sechste Predigt über die Fastenzeit, 2: PL 54,286).”
An die deutschsprachigen Pilger fügte der Papst in seiner Muttersprache hinzu: „Gehen wir mit Fasten, Almosengeben und Gebet den Weg der Erneuerung in Christus, so daß auch wir mit dem heiligen Apostel Paulus sagen können: ,Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir‘ (Gal2,20). Euch allen wünsche ich eine gesegnete Fastenzeit!“
Es kommt nicht auf die äußerliche Geste an
Nichts sollte also nur um der Geste willen geschehen, weder das Fasten, das mit Akzent auf dem Teilen – oder eben dem Almosengeben – eingehalten werden solle, noch das Almosengeben selbst, das nicht nur in einer achtlosen und schnell erledigten materiellen Zuwendung bestehen sollte, wenn auch die Geste an sich anerkennenswert wäre…
„Daran wird deutlich, wie die Kirche mit der Institution der Fastenzeit ihre Kinder nicht zu einer einfachen Übung von äußerlichen Praktiken führen will, sondern zu einem ernsthaften Einsatz von Liebe und Großzügigkeit zum Wohl der Geschwister, im Licht der antiken Lehren der Propheten.“
Das betont Johannes XXIII. In seiner bereits erwähnten Radioansprache zur Fastenzeit 1963.
Die spirituelle Dimension des Almosens
Und Johannes Paul II. unterstreicht seinerseits die spirituelle Dimension der Almosengabe:
„In der Heiligen Schrift und den evangelischen Kategorien zufolge bedeutet Almosen vor allem innere Gabe. Es bedeutet eine Haltung der Offenheit gegenüber dem anderen. Gerade diese Haltung ist ein unerlässlicher Faktor bei der „Metanoia“, also der Konversion, so wie auch das Gebet und das Fasten unerlässlich sind“
Dies sei nicht weniger als der Auftrag Jesu an seine Jünger, erinnert der Papst aus Polen mit einem Zitat aus dem Matthäus-Evangelium:
„Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben oder durstig und dir zu trinken gegeben? Und wann haben wir dich fremd gesehen und aufgenommen oder nackt und dir Kleidung gegeben? Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
(vatican news)
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