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Papst Franziskus bei der Audienz für die Caritas-Vertreter Papst Franziskus bei der Audienz für die Caritas-Vertreter

Papst Franziskus: „Caritas ist keine Beruhigungspille“

„Caritas ist nicht ein einfacher Obolus, den wir entrichten, damit wir unser Gewissen zum Schweigen bringen.“ Das sagte Papst Franziskus an diesem Montag zu den Teilnehmern der Generalversammlung von Caritas Internationalis, dem Netzwerk von Caritas-Verbänden aus aller Welt.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

„Wir dürfen nie vergessen, dass die Caritas ihren Ursprung und ihr Wesen in Gott selbst hat (vgl. Joh 4,8)! Caritas ist die Umarmung Gottes, unseres Vaters, für jeden Menschen, vor allem für die Allerletzten und die Leidenden, die in seinem Herzen einen bevorzugten Platz einnehmen. Wenn Caritas nur eine Art Leistung wäre, dann würde die Kirche zu einer humanitären Organisation… Aber das ist sie nicht, sie ist etwas anderes und viel Größeres: Sie ist, in Christus, Zeichen und Werkzeug der Liebe Gottes zur Menschheit und zur ganzen Schöpfung, unserem gemeinsamen Haus.“

Und noch etwas: Caritas bringe die ganzheitliche Entwicklung des Menschen ins Spiel, sie flicke nicht nur hier und da an Symptomen herum. Hier gehe es um ein Menschenbild, nicht nur um einen Aspekt davon.

Zum Nachhören

Die Armen sind vor allem Personen

„Die Armen sind vor allem Personen! Und in ihren Gesichtern verbirgt sich das Antlitz Christi selbst. Sie sind sein Fleisch, Zeichen seines gekreuzigten Leibes. Wir haben die Pflicht, sie auch an den extremsten Peripherien mit dem Taktgefühl und der Zärtlichkeit von Mutter Kirche aufzusuchen. Uns muss es um die Förderung des ganzen Menschen und aller Menschen gehen, damit sie selbst Autoren und Protagonisten ihres Fortschritts werden können.“

Die „Logik der ganzheitlichen Entwicklung“ setzte der Papst der von ihm immer wieder wortreich beklagten „Wegwerfkultur“ entgegen. Klar machte er allerdings auch, dass es ihm nicht nur ums Materielle ging: Die schlimmste Diskriminierung der Armen bestehe darin, ihnen in geistlicher Hinsicht keine Aufmerksamkeit zu schenken.
„Ihr wisst genau: Der große Teil der Armen ist auf besondere Weise offen für den Glauben. Sie brauchen Gott. Wir dürfen es nicht vernachlässigen, ihnen seine Freundschaft, seinen Segen, sein Wort, die Feier der Sakramente und das Angebot eines Weges zum Wachstum und Reifen im Glauben anzubieten. Wie uns das Beispiel vieler Heiliger lehrt, muss sich daher die Option für die Armen vor allem in einer besonderen, prioritären religiösen Aufmerksamkeit ausdrücken.“

Option für die Armen

„Option für die Armen“ – das ist ein Prinzip, das vor allem in der lateinamerikanischen Kirche eine große Rolle spielt. Die Celam-Generalversammlung im mexikanischen Puebla, bei der sich Bischöfe des ganzen Kontinents trafen, machte sie 1979 zum Programm, und das inspirierte daraufhin die verschiedenen Ausprägungen der „Theologie der Befreiung“.

„Man kann Caritas nicht leben, ohne persönliche Beziehungen zu den Armen zu haben. Mit den Armen leben, und für die Armen leben. Die Armen sind nicht Zahlen, sondern Menschen. Erst wenn wir mit den Armen leben, lernen wir die Caritas im Geist der Armut, lernen wir, dass Caritas Teilen bedeutet. Nicht nur die Caritas, die nicht bis zum Geldbeutel vordringt, ist falsch, sondern auch die Caritas, die nicht das Herz miteinbezieht, die Seele und unser ganzes Sein…“

Caritas ist „keine Idee und kein frommes Gefühl“

Auch – oder gerade – im caritativen Bereich sei es sehr wichtig, nicht zu heucheln, insistierte Papst Franziskus. Caritas dürfe keine „Beruhigungspille für unser unruhiges Gewissen“ sein – und erst recht kein „Business“. Das Verhalten von Caritas-Verantwortlichen, die ganz auf der „Business“-Schiene fahren, nannte der Papst „skandalös“: „Sie reden viel von Caritas, aber leben im Luxus oder in der Verschwendung. Oder sie organisieren große Caritas-Kongresse, bei denen nur Geld verplempert wird. Es ist schlimm zu sehen, wie einige Caritas-Mitarbeiter sich in Beamte und Bürokraten verwandeln!“

Darum liege es ihm so am Herzen zu betonen, dass die Caritas „keine Idee und kein frommes Gefühl“ sei, „sondern eine tiefe Erfahrung der Begegnung mit Christus“. Gott habe uns nicht darum gebeten, irgendeine allgemeine Liebe zu den Armen an sich zu pflegen, sondern Ihm in ihnen zu begegnen.

(vatican news)

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27. Mai 2019, 12:43