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Papst Franziskus: „Gott führt uns nicht in Versuchung“

Und führe uns nicht in Versuchung? Papst Franziskus ist nicht so richtig zufrieden mit dieser Übersetzung einer Vaterunser-Bitte. Im Dezember 2017 stieß er eine Debatte darüber an, ob man nicht besser beten sollte: „Und lass uns nicht in Versuchung geraten“. An diesem Mittwoch kam er auf das Thema zurück.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Die Gelegenheit dazu bot ihm die Generalaudienz, zu der er Tausende von Menschen auf dem Petersplatz empfing. Seit Wochen spricht er dabei über das Gebet Jesu – und kam diesmal an die heikle Stelle, die vorletzte Bitte im Text, den Jesus seine Jünger lehrte (Mt 6,13).

Zum Nachhören

„Verlass uns nicht in der Versuchung… Eine andere Fassung: Lass nicht zu, dass wir in Versuchung geraten. Das Vaterunser beginnt sehr ruhig: Es lässt uns zunächst wünschen, dass der große Heilsplan Gottes sich unter uns verwirkliche. Dann wirft es einen Blick aufs Leben und lässt uns um das bitten, was wir täglich brauchen – das tägliche Brot. Und dann kommt das Gebet zu den Beziehungen, die wir untereinander pflegen und die oft vom Egoismus vergiftet sind; wir bitten um Vergebung und bekennen uns dazu, selbst anderen zu vergeben.“

„Alle modernen Übersetzungen humpeln da ein bisschen“

Aber erst mit dieser vorletzten Anrufung – „Führe uns nicht in Versuchung“ – treten wir, so formulierte der Papst, „wirklich ins Drama ein“. Wir stoßen auf den „Kampf zwischen unserer Freiheit und den Einflüsterungen des Bösen“.

„Wie bekannt ist der griechische Originalausdruck in den Evangelien schwer exakt zu übersetzen, und alle modernen Übersetzungen humpeln da ein bisschen. Auf ein Element aber können wir uns alle einigen: Wie auch immer man den Text versteht, wir können ausschließen, dass es Gott wäre, der die Versuchungen auf dem Weg des Menschen auslöst. Als ob Gott seinen Kindern einen Hinterhalt legen würde! Eine derartige Interpretation widerspricht vor allem dem Text selbst und ist auch weit entfernt von dem Bild Gottes, das Jesus uns offenbart hat.“

Gott stellt uns doch keine Fallen...

Gott sei Vater, und darum fange ja auch das Gebet Jesu mit dem Wort Vater an. Und ein Vater stelle seinen Kindern doch keine Fallen, so Franziskus. Die Christen hätten es „nicht mit einem eifersüchtigen Gott zu tun“, der eine Art „Konkurrent des Menschen“ wäre oder sich „daran vergnügen würde, den Menschen auf die Probe zu stellen“. Gott kämpfe jederzeit „für uns und nicht gegen uns“.

Wie also lässt sich diese Vaterunser-Bitte richtig verstehen? Der Papst machte darauf aufmerksam, dass auch Jesus Prüfungen und Versuchungen erlebt habe. „In dieser Erfahrung ist der Sohn Gottes vollkommen zu unserem Bruder geworden – auf eine fast skandalöse Art und Weise. Und gerade diese Evangelienstellen zeigen uns, dass die schwierigsten Bitten des Vaterunser – die, die am Schluss stehen – doch schon längst erhört worden sind! Gott hat uns nicht alleingelassen, sondern zeigt sich in Jesus als der Gott-mit-uns bis zur letzten Konsequenz. Er ist mit uns, wenn wir geboren werden, wenn wir leben, in der Freude, in der Prüfung, in der Traurigkeit, in den Niederlagen, wenn wir sündigen – er ist immer mit uns, weil er Vater ist und uns nicht alleinlassen kann!“

Jesus hat die Versuchungen an unserer Stelle niedergekämpft

Wenn uns die Versuchung ankomme, Böses zu tun, habe doch Jesus recht besehen „diese Versuchung an unserer Stelle niedergekämpft“ – und zwar nach seiner Taufe durch Johannes, als er in der Wüste fastete. Und auch in der schwersten Prüfung lasse Gott uns nicht allein; Jesus habe in seiner Todesangst am Ölberg, vor seiner Verhaftung, für uns alle Todesangst durchlitten.

„Jesus hat dieses Tal durchschritten“

„Im Moment der Agonie bittet Gott den Menschen, ihn nicht zu verlassen, und der Mensch schläft. Wenn aber der Mensch einen Augenblick der Prüfung durchmacht, dann wacht Gott! In den hässlichsten Momenten unseres Lebens, den leidvollsten, ängstlichsten Momenten wacht Gott mit uns, er kämpft mit uns, er ist uns immer nahe. Und warum? Weil er Vater ist. So haben wir ja mit dem Gebet angefangen: Vater unser! Er ist ein Vater, der seine Kinder nicht im Stich lässt. Diese Nacht der Todesangst Jesu ist das letzte Siegel der Menschwerdung: Gott steigt herab in unsere Abgründe und Schwierigkeiten… Und das ist unser Trost in der Stunde der Prüfung: zu wissen, dass Jesus dieses Tal durchschritten hat. Dass es nicht mehr einsam ist, sondern gesegnet durch die Präsenz des Sohnes Gottes. Er wird uns nie verlassen!“

Seinen Vorschlag, den Text des Vaterunsers gegebenenfalls zu ändern, hat Papst Franziskus bei seiner Generalaudienz an diesem Mittwoch nicht wiederholt. Sein Ansatz war ein anderer; er findet, dass das schwierige Ende des Vaterunsers, in dem es um das Geheimnis des Bösen geht, durch Jesu Leiden für uns gewissermaßen schon überholt ist…

(vatican news)
 

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Eindrücke von der Generalaudienz
01. Mai 2019, 10:26