Papst Franziskus besucht italienisches Erdbebengebiet
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Der Papst, der am Morgen per Hubschrauber aus dem Vatikan aufgebrochen war, ging in den Notunterkünften von Tür zu Tür und unterhielt sich mit Menschen, die durch die Erdstöße obdachlos geworden waren. „Am liebsten hätte ich alle Häuser besucht, jedes Haus“, sagte er in einer improvisierten Ansprache vor den hölzernen Bauten. „Ich bin jedem von euch nahe. Und ich bete für euch, damit sich diese Lage so schnell wie möglich löst.“
Anschließend besuchte Franziskus die Kathedrale des Ortes, betete einen Moment vor einer beim Beben beschädigten Marienstatue und legte Blumen nieder; dabei trug er einen weißen Schutzhelm auf dem Kopf. Auf dem Hauptplatz des mittelalterlichen Ortes zelebrierte er dann eine Messe. Bei strahlendem Sonnenschein nahmen Tausende von Menschen an der Feier teil; die Fassaden der meisten Häuser am Platz sind durch Stützkonstruktionen gesichert und erinnerten damit während der Papstmesse an die Beben.
Zuletzt hatte in den Marken im April letzten Jahres die Erde gebebt. Von den Erdstößen im August 2016 war neben Camerino vor allem das Städtchen Amatrice betroffen, das Franziskus knapp zwei Monate danach besuchte.
„Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst?“ Um diesen Satz aus Psalm 8 (V. 5) kreiste die Predigt des Papstes. „Was ist der Mensch, wenn das, was er baut, binnen eines Moments in sich zusammenstürzen kann? Was ist es, wenn seine Hoffnung zu Staub werden kann?“ Die Antwort auf diese Fragen gebe der zweite Teil des Satzes, nämlich „dass du seiner gedenkst“. „Er denkt an uns. In aller Unsicherheit, die wir drinnen und draußen spüren, gibt der Herr uns eine Gewissheit: Er denkt an uns. Wir liegen ihm am Herzen.“
Keinen bösen Erinnerungen nachhängen
Jeder Mensch besitze für Gott „unendlichen Wert“: „Wir sind klein unter dem Himmel und wehrlos, wenn die Erde bebt, aber für Gott sind wir wertvoller als alles andere.“ Franziskus riet seinen Zuhörern, keinen „bösen Erinnerungen“ nachzuhängen und sich von Trauer nicht lähmen zu lassen. Stattdessen sollten sie sich dem Trost durch den Heiligen Geist anvertrauen. „Er befreit unsere Erinnerung, er baut die Hoffnung wieder auf.“
Dabei handle es sich um keine „vorübergehende Hoffnung“: „Sie verfällt nicht, weil sie auf der Treue Gottes gründet. Sie ist auch nicht dasselbe wie Optimismus. Sie entsteht tiefer, sie gibt dem Herzen die Gewissheit ein, dass wir wertvoll und geliebt sind. Sie gibt uns das Vertrauen, nicht allein zu sein.“ Der Heilige Geist sei ein „Spezialist des Wiederauferweckens, des Aufrichtens, des Wiederaufbaus“.
Die Leidenden nicht vergessen
„Liebe Brüder und Schwestern, ich bin heute gekommen, um euch nahe zu sein. Ich bin hier, um mit euch zusammen Gott zu bitten, unser zu gedenken. Ich bitte den Gott der Hoffnung, dass das, was auf Erden wackelt, nicht die Gewissheit ins Wanken bringe, die wir im Herzen tragen.“
Fast drei Jahre nach dem schlimmsten Beben sah der Papst „das Risiko, dass die Aufmerksamkeit nachlässt und Versprechen vergessen werden“. Dadurch steige „der Frust“ und die Abwanderung aus den betroffenen Gebieten. Franziskus rief dazu auf, „die Leidenden nicht zu vergessen“. „Jeder kann ein bisschen Gutes tun, ohne auf die anderen zu warten; jeder kann jemanden trösten, ohne erst lange zu warten, bis seine eigenen Probleme gelöst sind!“
Zum Abschluss seiner halbtägigen Visite in Camerino traf sich Franziskus auch kurz mit Erstkommunionkindern. „Bei einem Erdbeben denkt man an Dinge, die runterfallen“, sagte er dabei. „Sollen wir sie liegenlassen, oder sollen wir sie aufheben? Und wenn ein Mensch hinfällt, lassen wir den dann liegen, oder helfen wir ihm, wieder aufzustehen?“
Es sei wichtig, dass wir nach einem Sturz die Kraft zum Wiederaufstehen fänden. „Denkt daran: Jesus hat immer die Hand ausgestreckt, um uns aufzurichten.“
(vatican news)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.