Papst an Richter: Vorrang der Menschenwürde achten
Mario Galgano - Vatikanstadt
Franziskus äußerte sich zum Ende einer internationalen Konferenz zur Garantie von Sozialrechten. Die von der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften organisierte Veranstaltung stand unter dem Motto: „Social rights and Franciscan doctrine“. Im Anschluss an seine Rede an die versammelten Richter unterzeichnete Franziskus gemeinsam mit diesen eine Erklärung über den Schutz der sozialen Rechte. Wie er in seiner Ansprache hervorhob, sollten sich Justizbeamte dafür einsetzen, weltweit die Sozialrechte zu wahren. Diese Rechte seien insbesondere für benachteiligte Menschen wichtig, so der Papst.
„Es gibt keine Demokratie, wenn es Hunger gibt, keine Entwicklung mit Armut und keine Gerechtigkeit, wo Ungleichheit herrscht. Zwar gibt es auf dem Papier eindrucksvolle Fortschritte, doch erleben wir, dass es global immer schwieriger wird, die bestehenden Rechte tatsächlich wahrzunehmen.“
Soziale Gerechtigkeit und Gemeinwohl waren die beiden Elemente, die er in seiner Rede am stärksten betonte, aber sie wurden auch als „Gegenmittel“ vorgeschlagen, um die vielen Entwicklungen von Ausgrenzung und Ungleichheit zu stoppen, „die immer noch zu viele Menschen in allen Breitengraden des Planeten betreffen“, so der Papst weiter.
Gefährlicher Trend
Er beobachte in immer mehr Ländern den gefährlichen Trend, die Sozialrechte mithilfe verschiedener Argumente einzuschränken. Etliche Stimmen hielten derlei rechtliche Garantien gar für vollends überholt. Wer so rede, sei unfähig, sich in die Lage anderer hineinzuversetzen, kritisierte er. Ungerechtigkeit und Chancenlosigkeit seien letztlich auch eine Form von Gewalt – wenn diese auch lautlos sei. Ebenso kritisierte er Korruption, die zuerst Arme und die Umwelt betreffe.
„Wir sind dazu aufgerufen zu handeln, da wir in einer historischen Zeit des Wandels leben, in der die Seele unserer Völker auf dem Spiel steht“, wiederholte Franziskus und forderte die Justizbeamten auf, eine gemeinsame und mutige Führung wahrzunehmen, „die weiß, wie man alle einbezieht, auf allen Ebenen, und das im Dienste der Gerechtigkeit“. Er stelle einerseits eine „unglaubliche Blüte an Gesetzen und Vorschriften“ fest, die gerade „in dieser Zeit der Krise aus Gefahren und Chancen“ entstünden, doch andererseits sehe er auch eine Verschlechterung der „effektiven Nutzung“ der auf globaler Ebene verankerten Rechte sowie die Tendenz, „Ungleichheit als etwas Normales zu akzeptieren oder noch Schlimmeres zu rechtfertigen“.
„Die Ungerechtigkeit und der Mangel an greifbaren und konkreten Möglichkeiten hinter so viel Analyse, die nicht in der Lage ist, sich in die Füße des anderen zu versetzen - und ich meine Füße, nicht Schuhe, weil diese Menschen in vielen Fällen gar keine haben -, ist auch eine Möglichkeit, Gewalt zu erzeugen: Im Stillen, aber letztlich doch Gewalt. Übertrieben nominalistische, unabhängige Normen führen immer zu Gewalt.“
Gemeinsame Verteidigung von Sozialrechten
Der Papst würdigte in seiner Rede am Sitz der Akademie in den Vatikanischen Gärten Pläne zur Errichtung eines „Pan American Board of Judges in Defence of Social Rights“ zur gemeinsamen Verteidigung von Sozialrechten.
An dem Treffen nahmen Justizbeamte und Richter aus Argentinien, Kanada, USA, Mexiko, Costa Rica, Honduras, Kolumbien, der Dominikanischen Republik, Ecuador, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Chile teil. Es schloss an eine Konferenz im vergangenen Jahr an der juristischen Fakultät in Buenos Aires an. Damals tauschten sich rund 300 Teilnehmer über Sozialrechte im Licht der Papstschreiben „Evangelii gaudium“ (2013) und „Laudato si“ (2015) aus.
Ähnliche Veranstaltungen organisierte die Päpstliche Akademie der Sozialwissenschaften bereits in den Vorjahren. 2014 waren Vertreter verschiedener Religionen geladen, 2015 Bürgermeister großer Städte, 2016 trafen sich Vertreter internationaler Menschenrechtsorganisationen sowie Richter, Staatsanwälte und Justizbeamten, um über Strategien gegen Menschenhandel zu beraten.
(vatican news/kna)
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