Papst zu griechisch-katholischer Kirche der Ukraine: Auf Verkündigung konzentrieren
Christine Seuss - Vatikanstadt
Neben dem Großerzbischof von Kiew, Swjatoslaw Schewtschuk, sind auch die Leiter der mit den einschlägigen Fragen befassten Kurienbehörden, die Mitglieder des Ständigen Synods und alle Metropoliten der Kirche bei den Sitzungen am Freitag und Samstag anwesend.
Die Ukraine lebe seit langem in einer „schwierigen und delikaten“ Situation, so der Papst in seiner Ansprache vor seinen Gästen. Diese sei einem Konflikt geschuldet, der seit über fünf Jahren andauere und von vielen als „hybrid“ bezeichnet werde: „Zusammengesetzt wie er ist, aus kriegerischen Handlungen, deren Verantwortliche sich unkenntlich machen; ein Konflikt, in dem die Schwächsten und Kleinsten den höchsten Preis zahlen; ein Konflikt, der durch propagandistische Falschmeldungen und Manipulationen verschiedenster Art verstärkt wird, auch durch den Versuch, den religiösen Aspekt mit hineinzuziehen.“
Erst am Vortag hatte Franziskus den russischen Präsidenten Putin getroffen, der im März 2014 die Krim annektieren ließ und damit den bereits seit längerem schwelenden Konflikt erst richtig losgetreten hatte. Auch bei den Gesprächen mit dem Staatsoberhaupt sei die Ukraine Thema gewesen, hieß es im anschließenden, wie üblich recht dürren, Pressestatement aus dem Vatikan.
Angesichts dieser durch die Konflikte verursachten komplexen Situation sei es die Hauptaufgabe der Kirche, „ein Zeugnis christlicher Hoffnung“ abzugeben, unterstrich Franziskus vor seinen griechisch-katholischen Gästen aus der Ukraine weiter. Diese entspreche nicht der weltlichen Auffassung von Hoffnung, die auf vergänglichen Gründen beruhe, sondern sei vielmehr die Hoffnung, „die nie enttäuscht“:
„Die christliche Hoffnung, die durch das Licht Christi lebendig gehalten wird, lässt die Auferstehung und das Leben auch in den dunkelsten Nächten der Welt leuchten. Deshalb, liebe Brüder, bin ich der Auffassung, dass es in den schwierigen Zeiten, noch mehr als in denen des Friedens, die Priorität für die Gläubigen ist, mit Christus vereint zu bleiben, unserer Hoffnung.“
Es handele sich darum, die Einheit wiederherzustellen, die in der Taufe, im Glauben, in der Geschichte der beiden Gemeinschaften und in ihren Zeugen angelegt sei, fuhr Franziskus fort. Der Papst wies in diesem Zusammenhang auf die zahlreichen Beispiele von „einfachen Heiligen“ und Märtyrern in der Ukraine hin, die der „Logik der Welt eine Absage erteilt“ und darauf verzichtet haben, auf Gewalt mit Gewalt zu antworten: „Sie haben mit dem Leben das reinste Glaubenszeugnis abgegeben, sie sind fruchtbare Samen der christlichen Hoffnung. Ich habe mit großer Emotion das Buch Perseguitati per la verita (Verfolgt wegen der Wahrheit) gelesen. Hinter diesen Priestern, Bischöfen, Schwestern steht das Volk Gottes, das mit Glauben und Gebet das gesamte Volk vorwärts trägt“.
Die Kirche im Land müsse sich in dieser schwierigen Situation auf die Verkündigung und lebhafte Weitergabe des Evangeliums konzentrieren, schrieb der Papst seinen Gästen ins Stammbuch, die erklärtermaßen mit dem Wunsch nach Rom kommen, als eigenes Patriarchat anerkannt zu werden.
Zu dieser Art von Verkündigung gehörten, so der Papst weiter, Gebet und spirituelles Leben, genauso wie die Nähe zu den Gläubigen: „Die Kirche soll der Ort sein, wo man die Hoffnung schöpfen kann, wo man stets eine offene Tür findet, wo man Trost und Ermutigung erhält. Niemals Verschlossenheit, niemandem gegenüber, sondern ein offenes Herz! Niemals den Blick auf die Uhr gerichtet, niemals denjenigen nach Hause schicken, der es nötig hat, angehört zu werden.“
In diesem Zusammenhang dankte der Papst auch für die großzügige Unterstützung, die die von ihm 2016 ins Leben gerufene humanitäre Solidaritätsaktion für die Ukraine erfahren habe. Er hoffe, so der Papst zu seinen Gästen, dass ähnliche Initiativen auch dank konkreter Vorschläge während der aktuellen Sitzung folgen könnten. „Es ist so wichtig, allen nahe und konkret zu sein, auch um zu verfhindern, dass eine schlimme Leidenssituation allgemein in Vergessenheit gerät. Man darf den Bruder, der leidet, nicht vergessen, wo auch immer er herkommt“. Neben Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin nehmen von Vatikanseite unter anderem auch der Präfekt der vatikanischen Ostkirchenkongregation, Kardinal Leonardo Sandri, der Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch, sowie der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria, an der Begegnung teil.
Neben Gebet und Nähe gebe es noch einen dritten Aspekt, den er einbringen wolle, nämlich die Synodalität, fuhr Franziskus fort. „Es reicht nicht, eine Synode zu haben, sondern man muss eine Synode sein“, wandte er sich mahnend an seine Gäste. Dies bedeutet Dialog unter den Priestern, wie auch den Dialog mit den Gläubigen. Zwar sei ihnen als Ostkirche bereits qua Statut der synodale Charakter eingeschrieben, dennoch dürfe man sich nicht auf regelmäßige Synodensitzungen beschränken, sondern müsse „täglich Synode betreiben“, nicht nur mit denjenigen, die die gleichen Einstellungen verträten, denn „das wäre einfach“, sondern „mit all denen, die an Christus glauben“.
Drei Prinzipien der Synodalität
Synodalität, so führte der Papst weiter aus, werde durch drei Prinzipien belebt: Das Zuhören, die Mitverantwortlichkeit und die Einbindung von Laien. Das hören auf die Mitbrüder im Bischofs- und Priesteramt, so unterstrich der Papst, werde umso wichtiger, je weiter man in der Hierarchie nach oben steige, es bedeute auch Sensibilität und Öffnung gegenüber den jüngeren und vielleicht als unerfahrener angesehen Synodenteilnehmern.
Doch auch die Übernahme von Verantwortung zählte der Papst zu diesen wichtigen Prinzipien: „Wir können nicht gleichgültig bleiben gegenüber den Fehlern oder Unaufmerksamkeiten der anderen, ohne auf brüderliche, aber überzeugte Weise einzugreifen: Unsere Brüder brauchen unsere Ideen, unsere Ermutigung, wie auch unsere Korrekturen, denn wir sind dazu aufgerufen, gemeinsam zu gehen.“ Dazu gehöre auch, Missstände mutig, klar und ohne Scheu im Sinn der Parrhesia, also der freimütigen Rede, zu benennen, die „die Kirche reinigt und sie vorwärts gehen lässt“, so die Ermahnung des Papstes. In einem dritten Schritt bedeute Synodalität auch die Einbeziehung der Laien, unterstrich Franziskus. Diese seien vollwertige Mitglieder der Kirche, die dazu aufgerufen seien, ihre Stellungnahmen und Vorschläge einzubringen.
Die Universalkirche nicht durch Partikularinteressen gefährden
Gleichzeitig trage die Synodalität dazu bei, den Horizont zu erweitern, fuhr der Papst fort. Dazu gehöre im Sinn der Universalkirche nicht nur, fruchtbare Kontakte zu der katholischen Kirche und den Dikasterien der römischen Kurie - und selbstverständlich mit dem Papst selbst - zu knüpfen, sondern auch mit den anderen Partikularkirchen und Nicht-Katholiken. Die allumfassende, universale Kirche könne durch das starre Festhalten an Eigentümlichkeiten in Gefahr geraten und verschlissen werden, seien diese nun kirchlicher, nationaler oder politischer Art, so die Warnung des Papstes an seine Gäste.
Bei ihrem von ihm stark gewünschten zweitägigen Treffen sollten – gewissermaßen im Sinn einer Synode - alle Themen erörtert werden, „die der griechisch-katholischen ukrainischen Kirche in dieser Zeit am Herzen liegen, die durch den immer noch andauernden militärischen Konflikt und erschwert wird und durch eine Serie von politischen und kirchlichen Prozessen charakterisiert ist, die weit über unsere katholische Kirche hinausgehen“, schloss der Papst seine Ansprache, bevor er seine Gäste mit der Bitte um Beherzigung seiner Empfehlungen und um Gebet entließ.
(vatican news)
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