Papst zum Palmsonntag: Das Leben dient zu nichts, wenn man nicht dient
Es war ein beeindruckendes Bild: An diesem Palmsonntag zog Papst Franziskus in den nahezu menschenleeren, und dadurch umso mächtiger erscheinenden Petersdom ein. Die Messe zelebrierte er unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wie es das kürzlich veröffentlichte Dekret der Gottesdienstkongregation für die Messfeiern in Zeiten der Corona-Pandemie vorsieht. Auch bei dieser Messfeier standen das Gnadenbild der Muttergottes „Salus Polpuli Romani“ und das Pestkreuz, das der Papst bereits bei seinem Urbi-et-Orbi-Segen am vergangenen Freitag benutzt hatte, im Petersdom.
In seiner Predigt ging Franziskus von den Worten des heiligen Paulus aus, nach denen Jesus sich „entäußerte“ und „wie ein Sklave“ wurde (Phil 2,7). Es sei ein Missverständnis, zu meinen, dass wir, die Gläubigen, es seien, die Gott dienten, führte Franziskus diesen Gedankengang weiter aus: „Nein, er ist es, der uns unentgeltlich gedient hat, weil er uns zuerst geliebt hat. Es ist schwierig zu lieben, wenn man selbst keine Liebe erfährt. Und noch schwieriger ist es zu dienen, wenn wir uns nicht von Gott bedienen lassen.“
Jesus habe uns „nicht zum Spaß geliebt“, bezeugte die heilige Angela von Foligno die Worte des Gottessohnes, fuhr Franziskus fort. Denn Gott habe uns gerettet, in dem er zugelassen habe, dass sich unser Böses gegen seinen eigenen Sohn richtete: „Keine Gegenwehr, nur mit Demut, mit Geduld und mit dem Gehorsam des Dieners, allein mit der Kraft der Liebe. Und der Vater hat den Dienst Jesu mitgetragen: Er beseitigte das Böse nicht, das über seinen Sohn hereinbrach, sondern stütze ihn im Leiden, damit unser Böses allein mit dem Guten überwunden wird, damit es durch und durch von der Liebe durchdrungen wird. Durch und durch.“
Dabei habe Jesus die „für einen Liebenden“ besonders schmerzliche Erfahrung von „Verrat und Verlassenheit“ machen müssen, betonte Franziskus, der diese Erfahrungen auch in unser tägliches Leben übertrug: „Denken wir an die kleinen oder großen Situationen des Verrats, die wir erleben mussten. Es ist schrecklich, wenn man entdeckt, dass das Vertrauen, das man in jemanden gesetzt hat, missbraucht wird.“ Eine derartige Enttäuschung gehe einem so sehr zu Herzen, dass das Leben keinen Sinn mehr zu haben scheine, „weil wir geboren werden, um geliebt zu werden und um zu lieben“, während es besonders schmerzlich sei, von denen verraten zu werden, „die versprochen haben, uns loyal und nahe zu sein“: „Wir können uns nicht einmal vorstellen, wie schmerzhaft das für Gott war, für ihn, der die Liebe ist.“
Ein ehrlicher Blick in unser eigenes Leben zeige uns unsere eigene Untreue, Unaufrichtigkeit, Heuchelei und Doppelzüngigkeit, mahnte der Papst. Gott kenne unsere Herzen besser als wir selbst, und dennoch habe er nicht davon abgelassen, uns zu lieben: „Er heilte uns dadurch, dass er unsere Untreue auf sich nahm, dass er unseren Verrat hinwegnahm, damit wir uns nicht von Versagensängsten entmutigen lassen, sondern zum Gekreuzigten aufblicken können, uns von ihm umarmen lassen und sagen können: „Schau, meine Treulosigkeit dort, du, Jesus, hast sie mir genommen. Du kommst mir mit offenen Armen entgegen, du dienst mir mit deiner Liebe, du unterstützt mich weiterhin ... So gehe ich weiter!““
Eine weitere besonders schmerzliche Erfahrung der im Evangelium geschilderten Passion Jesu ist jedoch die Verlassenheit. Mit starken Worten wandte sich Jesus am Kreuz an seinen Vater: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46). Nachdem die Menschen, die am engsten mit ihm verbunden waren, ihn im Stich gelassen hatten, nenne er seinen göttlichen Vater nun, in abgrundtiefer Einsamkeit, zum ersten Mal mit der allgemeinen Bezeichnung „Gott“ und bringe auch seine äußerste Trostlosigkeit ins Gebet ein, fuhr Franziskus fort. Dies habe er für uns getan, um uns zu zeigen, dass wir auch in der schwierigsten Lage niemals alleine sein, schlug Franziskus den Bogen in die aktuelle Zeit:
„So weit also ging Jesus in seinem Dienst, dass er in den Abgrund unserer schrecklichsten Leiden hinabstieg, bis hin zu Verrat und Verlassenheit. Heute, in dieser dramatischen Situation der Pandemie, angesichts so vieler Gewissheiten, die zerbröckeln, angesichts so vieler enttäuschter Erwartungen, in diesem Gefühl bedrückender Verlassenheit, sagt Jesus zu einem jeden: „Nur Mut! Öffne dein Herz meiner Liebe. Du wirst den Trost Gottes spüren, der dir beisteht.““
Nun sei es an uns, nicht zu verraten, „wofür wir geschaffen wurden“, und das nicht aufzugeben, „was zählt“, betonte der Papst: „Wir sind auf der Welt, um Gott und unsere Mitmenschen zu lieben. Das bleibt, alles andere vergeht.“ Das Drama, das wir gerade durchlebten, dränge uns, die „ernsten Dinge ernst zu nehmen“ und uns „nicht in Belanglosigkeiten zu verlieren“; wiederzuentdecken, dass „das Leben zu nichts dient, wenn man nicht dient,“ mahnte Franziskus: „Denn das Leben wird an der Liebe gemessen. So stehen wir in diesen heiligen Tagen zu Hause vor dem Gekreuzigten, an dem sichtbar wird, wie sehr Gott uns geliebt hat. Bitten wir den Gottessohn, dessen Dienst bis zur Hingabe seines Lebens geht, um die Gnade, dass wir leben, um zu dienen. Versuchen wir, mit denen Kontakt zu halten, die leiden, die allein sind und bedürftig. Denken wir nicht nur an das, was uns fehlt, sondern auch an das Gute, das wir tun können.“
Gott unterstütze auch uns in unserem Dienst, möge er auch manchmal geradezu wie ein „Kreuzweg“ auf uns wirken. Doch der „Weg des Dienens“ sei der „Weg des Sieges“, betonte Franziskus. Eine besondere Botschaft hatte der Papst an diesem Sonntag, an dem weltweit der diözesane Weltjugendtag gefeiert wird, zum Ende seiner Predigt noch für die jungen Menschen im Gepäck:
„Liebe Freunde, schaut auf die wahren Helden, die in diesen Tagen zum Vorschein kommen. Es sind nicht diejenigen, die Ruhm, Geld und Erfolg haben, sondern diejenigen, die in Selbsthingabe anderen dienen. Fühlt euch berufen, euer Leben einzusetzen. Habt keine Angst, es für Gott und die anderen zu geben, ihr werdet dabei gewinnen! Denn das Leben ist ein Geschenk, das einem zuteilwird, wenn man sich selbst hingibt; und die größte Freude besteht darin, Ja zu sagen zur Liebe, ohne Wenn und Aber. So, wie Jesus es für uns getan hat.“
(vatican news - cs)
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