Papst beim Urbi et orbi: „Ansteckung“ der christlichen Hoffnung
Anne Preckel – Vatikanstadt
Kein Meer von Pilgern und Blumen auf dem Petersplatz gab es am diesjährigen Ostersonntag mit Papst Franziskus. Aufgrund der Corona-Pandemie war die Ostermesse in den Petersdom verlegt worden und fand ohne Besucher statt. Seine Osterbotschaft verkündete Franziskus vor dem Petrusgrab, wo er danach auch den traditionellen Segen Urbi et orbi erteilte.
„Gleichgültigkeit, Egoismus, Spaltung und Vergessen sind wahrlich nicht die Worte, die wir in dieser Zeit hören wollen“, sagte der Papst in seiner Botschaft. „Wir wollen sie aus allen Zeiten verbannen! Sie scheinen besonders dann die Oberhand zu bekommen, wenn Angst und Tod in uns dominieren, das heißt wenn wir den Herrn in unseren Herzen und in unserem Leben nicht siegen lassen.“
Folgen der Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie stelle die Menschheit auf eine harte Probe, so der Papst. Die ganze Welt leide darunter und müsse gemeinsam dagegen vorgehen. Franziskus erinnerte an die Folgen der Virus-Krise für die Ärmsten und Menschen ohne Schutz, wie Obdachlose und Flüchtlinge:
„Diese Zeit erlaubt keine Gleichgültigkeit“, formulierte der Papst: „Lassen wir nicht zu, dass es ihnen an den lebensnotwendigen Dingen fehlt, die jetzt aufgrund der vielen Schließungen nur schwer zu finden sind, ebenso wie auch Medikamente und eine angemessene Gesundheitsversorgung.“
Damit alle Staaten der Welt ihre Bürger in der Krise angemessen schützen können, müssten gegebenenfalls auch internationale Sanktionen aufgehoben und den ärmsten Ländern „teilweise oder sogar ganz“ Schulden erlassen werden, so Papst Franziskus.
Solidarität statt Spaltungen
„Diese Zeit erlaubt keinen Egoismus“, richtete er dann einen Appell speziell auch an Europa. Rivalitäten der Vergangenheit seien nach dem Zweiten Weltkrieg durch konkrete Solidarität überwunden worden, erinnerte Franziskus, dahinter dürfe man jetzt nicht zurückgehen:
„Die Europäische Union steht heute vor einer epochalen Herausforderung, von der nicht nur ihre Zukunft, sondern die der ganzen Welt abhängt. Lasst uns nicht die Gelegenheit versäumen, einen weiteren Beweis der Solidarität zu erbringen, auch wenn wir dazu neue Wege einschlagen müssen. Als Alternative bleibt sonst nur ein Egoismus der Einzelinteressen und die Versuchung, in die Vergangenheit zurückzukehren, und das Risiko in Kauf zu nehmen, dass das friedliche Zusammenleben und die Entwicklung künftiger Generationen auf eine harte Probe gestellt werden.“
Weltweiter Waffenstillstand
Angesichts von Kriegen und Spannungen in der Welt rief der Papst zu einem unverzüglichen weltweiten Waffenstillstand auf. Franziskus hatte sich bereits Ende März einem entsprechenden Appell von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres angeschlossen. „Diese Zeit erlaubt keine Spaltungen“, erneuerte Franziskus seinen Friedensappell an diesem Ostersonntag angesichts der Corona-Krise.
„Der lange und blutige Krieg in Syrien, der Konflikt im Jemen und die Spannungen im Irak sowie im Libanon müssen endlich ein Ende haben. Israelis und Palästinenser müssen endlich wieder den Dialog aufnehmen, um eine stabile und dauerhafte Lösung zu finden, die beiden ein Leben in Frieden ermöglicht“, so der Papst. Auch für die Ost-Ukraine und verschiedene Länder Afrikas, die unter Terroranschlägen leiden, bat er um Frieden. Angesichts der politischen und wirtschaftlichen Krise in Venezuela forderte Franziskus „konkrete und sofortige Lösungen“, um internationale Hilfen für die notleidende Bevölkerung zu ermöglichen.
Schutz für Flüchtlinge und Vertriebene
Auch lenkte der Papst den Blick auf humanitäre Krisen und Notstände sowie die zahlreichen Vertriebenen in der Welt, die in der Corona-Krise weniger Aufmerksamkeit finden: „Diese Zeit erlaubt kein Vergessen“, schärfte er ein und erinnerte an Notleidende in Asien und Afrika, darunter in Cabo Delgado im Norden Mosambiks, sowie an die zahlreichen Flüchtlinge, „unter denen sich zahlreiche Kinder befinden und die unter unerträglichen Bedingungen leben, insbesondere in Libyen und an der griechisch-türkischen Grenze“. Auch die Insel Lesbos erwähnte der Papst an dieser Stelle.
Im Zuge der Pandemie habe sich das Leben von Millionen Menschen schlagartig verändert, ging der Papst auf die Folgen der Krise im Alltag ein. Allen Betroffenen bekundete Franziskus seine Nähe: Kranken, Verstorbenen und deren Familien, Alten und Alleinstehenden, aber auch Menschen in prekären Lebenslagen wie Häftlingen und Arbeitslosen. Die Politik müsse sich aktiv für das Gemeinwohl aller Bürger einsetzen und ihnen, zu gegebenem Zeitpunkt, die Rückkehr in den gewohnten Alltag garantieren.
Dank und Nähe für alle Betroffenen
Ärzte, Krankenpfleger und Pfleger, die sich heute „nicht selten bis zum Opfer der eigenen Gesundheit“ für ihre Mitmenschen einsetzen, leisteten in der Corona-Krise einen kostbaren Dienst, betonte der Papst. Für sie erbat Franziskus „Kraft und Hoffnung“. Ebenso dankte er Ordnungskräften und dem Militär, „die in vielen Ländern dazu beigetragen haben, die Schwierigkeiten und Leiden der Bevölkerung zu lindern.“
In vielen Ländern sei es derzeit nicht möglich, die Sakramente wie etwa die Kommunion und Beichte zu empfangen, ging Franziskus auf die massiven Einschränkungen im kirchlichen Leben ein. Christen ermutigte er vor diesem Hintergrund dazu, im Gebet Trost zu suchen und sich dabei der kirchlichen Gemeinschaft verbunden zu fühlen.
Dem Corona-Virus setzte der Papst in seiner Osterbotschaft die „Ansteckung der christlichen Hoffnung“ entgegen: die gute Nachricht von Christi Auferstehung, die sich „von Herz zu Herz“ verbreitete, könne auch in dieser Krise Hoffnung spenden, betonte der Papst. Und er bat darum, dass alle Menschen diese Gnade erfahren: „Er, der den Tod bereits besiegt hat und uns den Weg zum ewigen Heil eröffnet hat, vertreibe die Schatten unserer armen Menschheit und führe uns hin zu dem herrlichen Tag, der keinen Abend kennt.“
Traditioneller Segen Urbi et Orbi
Den traditionellen Segen Urbi et orbi, „der Stadt und dem Erdkreis“, erteilte der Papst am Ostersonntag nicht, wie sonst üblich, von der Mittelloggia des Petersbasilika aus, sondern im Petersdom selbst. Nach seiner Osterbotschaft verlas der mit einer weißgoldenen Stola bekleidete Papst die lateinische Segensformel vor der sogenannten Confessio, dem Petrusgrab. Verbunden damit ist ein vollkommener Ablass.
Wegen der Pandemie hatte Franziskus den Segen Urbi et orbi außerplanmäßig bereits am 27. März gespendet. Die Bilder vom Papst, der allein bei strömenden Regen vor dem Petersdom stand, gingen um die ganze Welt.
(vatican news – pr)
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