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Papst Franziskus bei der Generalaudienz Papst Franziskus bei der Generalaudienz 

Generalaudienz: Die Katechese im Wortlaut

Vatican News dokumentiert an dieser Stelle die Katechese des Papstes im Wortlaut in einer Arbeitsübersetzung. Wie üblich können Sie diese und alle anderen Ansprachen und Predigten des Papstes in der offiziellen Übersetzung auf www.vatican.va nachlesen.

KATECHESE

8. Das Gebet Davids

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

In unserer Katechesenreihe über das Gebet begegnen wir heute König David. Seit seiner Jugend von Gott auserwählt, ist ihm eine einzigartige Sendung bestimmt, die in der Geschichte des Gottesvolkes und in unserem Glauben eine zentrale Rolle einnehmen wird. In den Evangelien wird Jesus mehrfach „Sohn Davids“ genannt, weil er, wie dieser, in Bethlehem geboren wurde. Den Verheißungen zufolge geht der Messias aus der Nachkommenschaft Davids hervor: ein König ganz nach dem Herzen Gottes, der sich dem Willen des Vaters vollkommen unterordnet und dessen Handeln den göttlichen Heilsplan getreu erfüllt (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2579).

Die Geschichte Davids beginnt auf den Hügeln um Bethlehem, wo er die Herde seines Vaters, Jesse, weidet. Er ist noch ein Knabe, der jüngste von vielen Söhnen. Ja, so viele sind es, dass es – als sich der Prophet Samuel auf Gottes Geheiß auf die Suche nach dem neuen König macht – fast den Anschein hat, als hätte sein Vater den jüngsten Sohn vergessen (vgl. 1Sam 16,1-13). Er arbeitet unter freiem Himmel: Wir stellen ihn uns als einen Freund des Windes, der Naturgeräusche und der Sonnenstrahlen vor. Die einzige Gesellschaft, die seiner Seele Trost verschafft, ist seine Leier; und an den langen Tagen der Einsamkeit liebt er es, für seinen Gott zu spielen und zu singen. Er spielte auch mit der Schleuder.

David ist also in erster Linie ein Hirte: jemand, der sich um seine Tiere kümmert, für sie sorgt und sie vor Gefahren schützt. Wenn David nach Gottes Willen für die Menschen Sorge tragen wird, werden die Dinge, die er tun wird, nicht sehr viel anders sein. Deshalb kommt in der Bibel ja auch so oft das Bild des Hirten vor. Auch Jesus bezeichnet sich als „Guten Hirten“, sein Verhalten ist anders als das des bezahlten Knechtes; er gibt sein Leben hin für die Schafe, er führt sie und kennt jedes einzelne beim Namen (vgl. Joh 10,11-18).

Aus seiner ersten Arbeit hat David viel gelernt. Als der Prophet Natan ihm die schwere Schuld vorwirft, in die er sich verstrickt hat (vgl. 2Sam 12,1-15), begreift David sofort, dass er ein schlechter Hirte war, dass er einen anderen Mann des einzigen Schafes beraubt hatte, das er liebte; dass er nicht länger ein demütiger Knecht war, sondern einer, den es nach Macht hungerte; ein Wilderer, der tötet und plündert.

Eine zweite charakteristische Eigenschaft, die in Davids Berufung aufscheint, ist seine Dichterseele. Diese kleine Betrachtung lässt uns davon ausgehen, dass David kein vulgärer Mann war, wie dies oft bei Menschen der Fall sein kann, die gezwungen sind, lange allein, ohne die Gesellschaft anderer zu leben. Er ist vielmehr ein sehr sensibler Mensch, der die Musik und den Gesang liebt. Seine Leier wird ihn immer begleiten: manchmal, um Gott einen Hymnus der Freude darzubringen (vgl. 2Sam 6,16), ein anderes Mal, um ein Klagelied anzustimmen oder seine Sünde zu bekennen (vgl. Ps 51,3).

Die Welt, die sich seinen Augen darbietet, ist keine Stummfilm-Szene: Sein Blick nimmt hinter dem Ablauf der Dinge ein größeres Geheimnis wahr. Und gerade daraus entsteht das Gebet: aus der Überzeugung, dass das Leben nicht etwas ist, das spurlos an uns vorüberzieht, sondern ein erstaunliches Geheimnis, das in uns Poesie, Musik, Dankbarkeit und Lob, aber auch Klage und Flehen hervorruft. Wenn einem Menschen diese poetische Dimension fehlt, sagen wir einmal, wenn ihm die Poesie fehlt, dann hinkt seine Seele. Die Tradition beschreibt David daher auch als den großen Schöpfer der Psalmen. Viele Psalmen beginnen mit einem ausdrücklichen Verweis auf den König Israels und einige der mehr oder weniger löblichen Ereignisse seines Lebens.

David hat also einen Traum: Er will ein guter Hirte sein. Manchmal wird er dieser edlen Aufgabe gerecht werden können, manchmal weniger. Worauf es im Zusammenhang der Heilsgeschichte jedoch ankommt, ist, dass David in seiner Person einen anderen König verheißt, den er nur ankündigt und vorwegnimmt.

Schauen wir David an, denken wir an David. Heiliger und Sünder, Verfolgter und Verfolger, auch Opfer und Täter: das ein Widerspruch. David war all das zusammen. Und auch unser Leben ist oft von Widersprüchen geprägt; im Drama unseres Lebens machen sich alle Menschen oft der Inkonsequenz schuldig. Es gibt nur einen roten Faden in Davids Leben, der alles, was geschieht, zusammenhält: sein Gebet. Das ist die Stimme, die nie verstummt. Der heilige David betet. Der Sünder David betet. Der Verfolgte David betet. Der Verfolger David betet. Das Opfer David betet. Auch der Schlächter David betet. Das ist der rote Faden seines Lebens. Ein Mann des Gebets. Das ist die Stimme, die nie verstummt. Ob es nun den Ton des Jubels oder  der Klage annimmt: es ist immer dasselbe Gebet, nur die Melodie ändert sich. Und dabei lehrt uns David, immer mit Gott im Gespräch zu bleiben und ihm alles anzuvertrauen: Freude und Schuld, Liebe und Leid, Freundschaft und Krankheit. Alles kann zu einem Wort werden, das an das „Du“ gerichtet ist, das nie aufhört, uns Gehör zu schenken.

David hat die Erfahrung der Einsamkeit gemacht, und war in Wahrheit doch nie allein! Und darin liegt letztlich die Kraft des Gebetes all jener, die ihm in ihrem Leben Raum geben. Das Gebet adelt dich, und David ist geadelt, weil er betet. Aber er ist ein Mörder, der betet, Reue verspürt, und der Adel kommt durch das Gebet zurück. Das Gebet adelt uns: Das Gebet hält unsere Verbindung mit Gott aufrecht, der die Menschen stets begleitet, inmitten der tausend Widrigkeiten, denen sie sich in ihrem Leben  stellen müssen, gute oder schlechte: aber immer das Gebet. Danke, Herr. Ich habe Angst, Herr. Hilf mir, Herr. Vergib mir, Herr. Das Vertrauen Davids ist so groß, dass er, als er verfolgt wurde und fliehen musste, nicht zuließ, dass ihn irgendjemand verteidigte: „Wenn mein Gott mich so demütigt, weiß er warum“, denn der Adel des Gebets lässt uns in den Händen Gottes. Diese von Liebe durchzogenen Hände, und die einzig sicheren Hände, die wir haben. 

(vatican news - skr)

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24. Juni 2020, 09:49