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Franziskus heute beim Angelus Franziskus heute beim Angelus 

Papst beim Angelus-Gebet: Geschwätz schlimmer als Corona

Geschwätz kann laut Franziskus schlimmer als Corona sein: beim Angelus-Gebet warb der Papst für einen Umgang mit Verfehlungen in der christlichen Gemeinschaft, bei dem nicht üble Nachrede oder der Pranger, sondern Hingabe, Vergebung und Barmherzigkeit prägend sind. Dabei spitzte er zu, um sein Anliegen deutlich zu machen.

Anne Preckel – Vatikanstadt

Franziskus ist in diesem Kontext unter anderem ein Aspekt wichtig, den er immer wieder betont: „Keine üble Nachrede, kein Geschwätz!“ Allzu oft verfielen Christen im Umgang mit anderen doch dem Reflex, Verfehlungen anderer weiterzuerzählen statt diese zunächst mit der betreffenden Person zu klären, so der Papst. Das sei zerstörerisch für die Kirche, so Franziskus, der einen drastischen Vergleich wählte.

„Das Geschwätz ist eine schlimmere Seuche als Covid...“

„Wenn wir einen Fehler, Mangel, eine Verfehlung bei jemandem sehen, ist das erste, was uns einfällt, es weiterzuerzählen. Der Tratsch verschließt das Herz der kirchlichen Gemeinschaft. Der große Schwätzer ist der Teufel, der immer die hässlichen Dinge der anderen erzählt, er ist der Lügner, der die Kirche spalten will, der Gemeinschaft zerstören und die Geschwister voneinander entfernen will. Bitte, strengen wir uns an, nicht zu schwätzen. Das Geschwätz ist eine schlimmere Seuche als Covid! Keine üble Nachrede, kein Geschwätz!“

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Pädagogik der Wiedergewinnung

Franziskus ging in seiner Katechese von der „Gemeinderede“ Jesu im Matthäusevangelium aus (vgl. Mt 18, 15-20). Darin geht es um den Umgang mit Brüdern und Schwestern, die gefehlt haben. Jesus habe hier eine „Pädagogik der Wiedergewinnung“ vorgeschlagen, formulierte Franziskus – denn er versuche immer, „zu retten und wiederzugewinnen“.

Im ersten Schritt habe Jesus eine Zurechtweisung unter vier Augen empfohlen. Dabei dürfe es nicht darum gehen, „an den Pranger“ zu stellen, schärfte der Papst ein. Er empfahl ein behutsames Vorgehen, über das der Betroffene letztlich dankbar sein könne:

„Es geht darum, mit Diskretion zum Bruder zu gehen. Nicht, um ihn zu verurteilen, sondern um ihm zu helfen, sich bewusst zu werden, was er getan hat. Manchmal haben wir die Erfahrung gemacht, dass jemand kommt und sagt: ,Du hast etwas falsch gemacht‘ - am Anfang regen wir uns auf, aber dann sind wir dankbar.“

Sich zusammensetzen und es lösen

Leicht sei es nicht, diese Lehre Jesu in die Praxis umzusetzen, fuhr der Papst fort: manchmal habe der Zurechtweisende Angst vor harschen Reaktionen, auch fehle manchmal das Vertrauen in denjenigen, der etwas falsch gemacht habe. Manchmal scheitere aber die erste Maßnahme einfach auch und ein Gespräch unter vier Augen zeige keine Wirkung. In diesem Fall empfiehlt Franziskus Hartnäckigkeit und Hingabe: So habe Jesus dazu geraten, sich für die Konfrontation mit dem Sünder die Unterstützung „eines anderen Bruders oder einer anderen Schwester zu suchen“, die der Unterredung beiwohnen sollten. Mit Anklage sollte diese Konstellation für Jesus aber nicht zu tun haben, präzisierte der Papst:

„Obwohl es gegen den Angeklagten gerichtet zu sein scheint, diente es in Wirklichkeit dazu, ihn vor falschen Anklägern zu schützen. Aber Jesus geht noch weiter: Die beiden Zeugen sind nicht aufgerufen, anzuklagen und zu urteilen, sondern um zu helfen: ,Setzen wir uns zusammen, der Bruder macht etwas falsch, lass uns zu ihm gehen und mit ihm reden!‘“

Daneben gebe es freilich aber auch Situationen, in der das Urteil der ganzen Gemeinde und ganzen Kirche gefragt sei, kam der Papst dann zum dritten Schritt der „geschwisterlichen Zurechtweisung“. Hierbei gehe es um „Dinge, die die anderen Brüder und Schwestern nicht gleichgültig lassen können“ und bei denen es „einer größeren Liebe“ bedürfe, um den Bruder zurückzugewinnen.

Heilsame Wirkung 

„Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner“, zitierte Franziskus dann Jesus zur letzten Stufe – der letzten Maßnahme, wenn alle anderen Versuche nicht fruchten sollten. Hierbei gehe es nicht um Verachtung, sondern darum, den Sünder Gott anzuvertrauen:

„Dieser Ausdruck, scheinbar so verächtlich, lädt uns in Wirklichkeit dazu ein, unseren Bruder in die Hände Gottes zurückzulegen: Nur der Vater wird eine Liebe zeigen können, die größer ist als die aller Brüder zusammen.“

Die Liebe Jesu, die „Zöllner und Heiden willkommen hieß“, habe „die Wohlmeinenden der damaligen Zeit schockiert“, merkte der Papst an. Dabei sei es Jesus darum gegangen, den jeweiligen Bruder bzw. die jeweilige Schwester mit dem eigenen Gewissen zu konfrontieren. Ohne Verurteilung, sondern mit der Option zur Umkehr. Franziskus warb für die heilsame Wirkung der geschwisterlichen Zurechtweisung: wenn diese zu einer „gesunden Gewohnheit“ werde, könnten in der Gemeinschaft „immer neue geschwisterliche Beziehungen entstehen, die auf gegenseitiger Vergebung und vor allem auf der unbesiegbaren Kraft der Barmherzigkeit Gottes aufgebaut sind“, so der Papst.

Was aber tun, wenn keine Umkehr vollzogen wird? Die Antwort des Papstes: „Dann – Stille und Gebet, aber kein Geschwätz!“

(vatican news – mr/pr)
 

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06. September 2020, 13:07