Generalaudienz: Die Katechese im Wortlaut
Wie üblich können Sie diese und alle anderen Ansprachen und Predigten des Papstes in der offiziellen Übersetzung auf www.vatican.va nachlesen.
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Wir nehmen heute unsere Katechesenreihe über das Gebet wieder auf und begegnen einer der fesselndsten Gestalten der Heiligen Schrift: dem Propheten Elija. Seine Wirkung geht über die Grenzen seiner Zeit hinaus; wir treffen ihn auch im Evangelium an. Er erscheint an der Seite Jesu, zusammen mit Mose, im Augenblick der Verklärung (vgl. Mt 17,3). Jesus selbst bezieht sich auf ihn, um das Zeugnis Johannes des Täufers zu bestätigen (vgl. Mt 17,10-13).
In der Bibel taucht Elija plötzlich und auf geheimnisvolle Weise auf. Er stammt aus einem kleinen, abgelegenen Dorf (vgl. 1Kön 17,1) – und am Ende tritt er von der Bühne ab, indem er unter dem Blick seines Jüngers Elischa auf einem feurigen Wagen zum Himmel emporfährt (vgl. 2Kön 2,11-12). Er ist also ein Mensch ohne präzise Herkunft – und vor allem ohne Ziel –, der in den Himmel entrückt wird: Und aus diesem Grund wurde seine Rückkehr auch vor dem Kommen des Messias erwartet.
Die Schrift stellt uns Elija als einen Mann von reinem Glauben vor: Sein Name bedeutet „der Herr ist mein Gott“, und damit ist das ganze Geheimnis seiner Sendung umschrieben. Für den Rest seines Lebens wird er ein Mann von Integrität bleiben, der keiner niederträchtigen Kompromisse fähig ist. Sein Symbol ist das Feuer, das Bild der reinigenden Kraft Gottes. Er wird der erste sein, der auf die Probe gestellt wird, und er wird treu bleiben. Er ist das Vorbild aller gläubigen Menschen, die Versuchungen und Leid erfahren, das Ideal, für das sie geboren wurden, aber nicht verraten.
Das Gebet ist die Speise, die sein Dasein nährt. Daher erblickt auch die monastische Tradition in ihm einen der Väter des gottgeweihten Lebens: Er tritt als Mann Gottes auf und erhebt sich, um den Primat Gottes zu verteidigen. Doch auch er muss sich seiner Schwachheit stellen. Es ist schwer zu sagen, welche Erfahrung ihm am nützlichsten war: sein Sieg über die falschen Propheten auf dem Berg Karmel (vgl. 1Kön 18,20-40) oder die Verwirrung, in der er feststellt, dass er „nicht besser ist als seine Väter“ (vgl. 1Kön 19,4). Für jene, die beten, ist das Gefühl der eigenen Schwäche wertvoller als alle Momente der Euphorie, in denen das Leben eine einzige Abfolge von Siegen und Erfolgen zu sein scheint. Das ist eine Realität, der wir in vielen anderen biblischen Berufungsgeschichten begegnen, auch im Neuen Testament – denken wir nur an die Heiligen Petrus und Paulus. '
Elija ist der Mann des kontemplativen und zugleich aktiven Lebens, der sich mit dem Geschehen seiner Zeit beschäftigt und in der Lage ist, gegen den König und die Königin aufzubegehren, nachdem sie Nabot töten ließen, um seinen Weinberg in Besitz nehmen zu können (vgl. 1Kön 21,1-24). Und so zeigt er uns, dass es im Leben des Betenden keinen Zwiespalt geben darf: Man tritt vor den Herrn und geht den Brüdern und Schwestern entgegen, zu denen er uns sendet. Die Prüfung des Gebets ist die tätige Nächstenliebe. Und so werden auch die Gläubigen erst dann in der Welt aktiv, wenn sie zuerst geschwiegen und gebetet haben: sonst ist ihr Handeln impulsiv und ohne Unterscheidungsvermögen, ein endloses Hasten ohne Ziel.
Die Bibel legt nahe, dass auch der Glaube des Elija Fortschritte gemacht hat: auch er wuchs im Gebet, hat es nach und nach verfeinert. Auf seinem Weg hat das Antlitz Gottes für ihn immer klarere Züge angenommen und in der außergewöhnlichen Erfahrung seinen Höhepunkt erreicht, als Gott sich ihm auf dem Berg Horeb offenbarte (vgl. 1Kön 19,9-13). Er offenbarte sich dem Elija nicht im Toben des Sturmes, nicht im Erdbeben und auch nicht im alles verzehrenden Feuer: er offenbart sich ihm im „sanften Säuseln des Windes“ (V. 12). Mit diesen unscheinbaren Zeichen kommuniziert Gott mit Elija, der in diesem Moment ein Prophet auf der Flucht ist; einer, der keinen Frieden findet. Gott kommt einem müden Mann entgegen, einem, der meint, an allen Fronten versagt zu haben. Und mit dieser sanften Brise schenkt er seinem Herzen wieder Ruhe und Frieden.
Das ist die Geschichte des Elija, aber sie scheint für uns alle geschrieben zu sein. Es mag Nächte geben, in denen wir uns nutzlos und einsam fühlen. Und dann wird das Gebet an die Tür unseres Herzens klopfen. Wir alle können den Saum von Elijas Mantels ergreifen. Und selbst wenn wir etwas falsch gemacht haben, wenn wir uns bedroht und verängstigt fühlen: wenn wir betend vor den Herrn treten, werden auch wir wie durch ein Wunder wieder Ruhe und Frieden finden.
(vatican news - übersetzung: silvia kritzenberger)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.