Interreligiöses Treffen: „Wir brauchen Frieden! Mehr Frieden!"
Rom - Stefanie Stahlhofen
Die interreligiösen Friedenstreffen der katholischen gemeinschaft Sant'Egidio haben inzwischen eine lange Tradition - seit 1986 gibt es sie bereits. Dieses Jahr trafen sich Vertreter der großen Religionen in Rom, auf dem Kapitolsplatz. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie war die Teilnehmerzahl begrenzt, einige konnten nicht kommen, wie etwa Anglikaner-Primas Justin Welby. Sämtliche Teilnehmer kamen mit Mund-Nasenschutz - auch Papst Franziskus. Corona-bedingt herrschte stets ein gewisser Sicherheitsabstand. Schon allein dass das Treffen trotz der Pandemie stattfand, war ein starkes Zeichen. Eindringlich waren auch die Reden der Teillnehmer. Papst Franziskus betonte in seiner Ansprache unter Berufung auf seine jüngstes Schreiben „Fratelli tutti“, das „Gebot des Friedens" sei tief in alle religiösen Traditionen eingeschrieben:
„Die Gläubigen haben verstanden, dass die Religionsverschiedenheit keine Rechtfertigung für Gleichgültigkeit oder Feindschaft ist. Im Gegenteil, vom Glauben her können wir zu „Handwerkern“ des Friedens werden und bleiben nicht länger träge Zuschauer des Übels von Krieg und Hass. Die Religionen dienen dem Frieden und der Geschwisterlichkeit."
Flammender Friedensappell
Das Oberhaupt der katholischen Kirche rief daher Religionsführer wie Gläubige auf, beharrlich für Frieden zu beten, sich niemals mit Krieg abzufinden und mit der „sanften Kraft des Glaubens" zu handeln, um den Konflikten auf der Welt ein Ende zu setzen. Franziskus hielt einen flammenden Appel an alle, im Bestreben nach Frieden nie müde, oder gar gleichgültig zu werden:
„Wir brauchen Frieden! Mehr Frieden! Wir dürfen nicht gleichgültig bleiben. ,Die Welt hat heute einen brennenden Durst nach Frieden. In vielen Ländern leidet man unter Kriegen, die oft ausgeblendet werden, und doch immer Ursache für Leid und Armut sind.' (Ansprache beim Weltgebetstag für den Frieden, Assisi, 20. September 2016). Die Welt, die Politik und die öffentliche Meinung laufen Gefahr, sich an das Übel des Krieges als naturgegebenen Begleiter in der Geschichte der Völker zu gewöhnen. "
Geschwisterlichkeit heißt die Losung
Statt sich mit theoretischen Diskussionen aufzuhalten, müsse gehandelt werden, forderte Papst Franziskus - etwa mit Verweis auf das Leid von Flüchltingen. Neben den vielfältigen negativen Folgen von Kriegen erinnerte er auch an Ungerechtigkeiten im Zusammenhang mit der Coronapandemie, wie etwa fehlenden Zugang zu Behandlungen. Die Poliker mahnte er, Kriege zu beenden sei eine „unaufschiebbare Pflicht aller politischen Verantwortungsträger vor Gott". Er betonte zudem erneut, dass Geschwisterlichkeit und Solidarität der Wegbereiter zu Frieden und Verständnis sind:
„Die Geschwisterlichkeit, die aus der Gewissheit erwächst, dass wir alle der einen Menschheit angehören, muss das Leben der Völker, die Gemeinschaften, Regierenden und internationalen Vereinigungen durchdringen. Auf diese Weise wird sie das Bewusstsein fördern, dass wir uns nur gemeinsam retten, wenn wir nämlich einander begegnen, miteinander verhandeln, aufhören uns gegenseitig zu bekämpfen, uns versöhnen, die Sprache der Politik und der Propaganda mäßigen und konkrete Wege zum Frieden entwickeln", sagte er unter Anspielung auf sein Schreiben „Fratelli tutti“.
Auch Sant'Egidio hatte sich für das interreligiöse Friedenstreffen von der jüngsten Papst-Enzyklika inspirieren lassen: Das Treffen in Rom stand unter dem Motto: „Niemand rettet sich allein – Frieden und Geschwisterlichkeit". Frieden sei nur durch Kooperation, Dialog und Geschwisterlichkeit möglich, lautete eine durchgehende Mahnung auch aller anderen Sprecher aus christlichen Konfessionen, Islam, Judentum, Hinduismus und Buddhismus. Zudem, so der Papst weiter, zeige das Treffen in Rom deutlich, „dass die Religionen keinen Krieg wollen, sondern vielmehr alle, die Gewalt religiös zu verklären suchen, Lügen strafen".
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Auch der Oberrabiner Frankreichs, Haim Korsia, warb für Dialog und Gemeinschaft: „Unsere Geschwisterlichkeit muss sich in der Begegnung üben und auch in der Debatte, ja manchmal auch in einer bewegten Diskussion - aber immer in der Hoffnung, dem anderen zu begegnen, um auch sich selbst zu finden."
Unter den weiteren Rednern der Religionsvertreter waren auf dem Kapitolsplatz in Rom Patriarch Bartholomaios I., Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, der japanische Buddhist Shoten Minegishi, sowie Karmaljit Singh Dillon als Vertreter der Sikh-Religion.
Nach den Ansprachen der Religionsvertreter wurde in einer Schweigeminute der Toten der Pandemie und der Kriege in diesem Jahr gedacht. In einem abschließend unterzeichneten gemeinsamen Friedensappell heißt es: „Es ist erneut Zeit für die kühne Vision, dass der Friede möglich ist, dass eine Welt ohne Krieg keine Illusion ist. Deshalb wollen wir noch einmal sagen: ,Nie wieder Krieg!“'. Die Religionsführer appellierten an die Regierenden, statt Waffen das Leben zu fördern, aber auch ihre Sprache zu mäßigen und nicht mit Worten zu spalten.
(vatican news - sst)
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