Generalaudienz mit Papst Franziskus: Der Wortlaut der Katechese
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Wir führen die Katechese zum Gebet fort. Jemand hat mir gesagt: „Sie sprechen zu viel über das Gebet! Das ist nicht nötig.“ Doch, das ist nötig. Denn wenn wir nicht beten, haben wir nicht die Kraft, um im Leben voran zu gehen. Das Gebet ist wie der Sauerstoff des Lebens. Das Gebet heißt, die Anwesenheit des Heiligen Geistes auf uns herabzuziehen, die uns immer vorwärts bringt. Aus diesem Grund spreche ich so viel über das Gebet.
Jesus hat uns ein Beispiel für ein kontinuierliches Beten gegeben, das mit Beharrlichkeit praktiziert wird: das ist das Beispiel Jesu. Der stetige Dialog mit dem Vater, in der Stille und in der Sammlung, ist der Dreh- und Angelpunkt seiner gesamten Sendung. Die Evangelien berichten uns auch von seiner Ermahnung an die Jünger, beharrlich zu beten, ohne müde zu werden. Der Katechismus greift die drei Gleichnisse im Lukasevangelium wieder auf, die dieses Merkmal des Gebets Jesu herausstellen (vgl. KKK, 2613).
Das Gebet muss zunächst einmal hartnäckig sein: wie der Mann in dem Gleichnis, der, weil er einen plötzlich eingetroffenen Gast verköstigen muss, mitten in der Nacht an die Tür eines Freundes klopft und ihn bittet, ihm mit Brot auszuhelfen. Der Freund weist ihn ab, weil er bereits im Bett liegt, doch der andere lässt nicht locker, bis der Freund doch noch gezwungen ist, aufzustehen und ihm Brot zu geben (vgl. Lk 11,5-8). (...) Gott aber ist geduldiger als wir, und wer mit Glauben und Beharrlichkeit an die Tür seines Herzens klopft, wird nicht enttäuscht werden. Unser Vater weiß, was wir brauchen; Hartnäckigkeit dient nicht dazu, ihn zu informieren oder zu überzeugen – sie ist nötig, um das Verlangen und die Erwartung in uns zu nähren.
Das zweite Gleichnis erzählt von einer Witwe, die sich an einen Richter wendet, damit er ihr Recht verschafft. Der Richter ist ein Mann ohne Skrupel, da ihm die Witwe aber keine Ruhe lässt, beschließt er am Ende doch, ihrem Wunsch nachzukommen (vgl. Lk 18,1-8). (...) Dieses Gleichnis lässt uns verstehen, dass der Glaube keine momentane Eingebung ist, sondern die mutige Bereitschaft, Gott anzurufen, ja sogar mit ihm zu „diskutieren“, ohne angesichts des Bösen und der Ungerechtigkeit zu resignieren.
Das dritte Gleichnis stellt uns einen Pharisäer und einen Zöllner vor, die zum Beten in den Tempel gehen. Der eine rühmt sich vor Gott seiner Verdienste; der andere fühlt sich sogar unwürdig, das Gotteshaus überhaupt zu betreten. Gott aber erhört nicht die Gebete der Hochmütigen, sondern die der Demütigen (vgl. Lk 18,9-14). Es gibt kein wahres Gebet ohne Demut. (...)
Die Lehre des Evangeliums ist klar: Man muss immer beten, auch wenn alles verloren scheint; wenn es so aussieht, als wäre Gott taub und stumm, als würden wir nur unsere Zeit vergeuden. Auch wenn am Himmel dunkle Wolken aufziehen, hört der Christ nicht auf, zu beten. Das Gebet des Christen geht Hand in Hand mit dem Glauben. Und der Glaube kann an so vielen Tagen unseres Lebens wie eine Illusion erscheinen; eine Mühe, die zu nichts führt. (...) Das Gebet zu praktizieren, bedeutet aber auch, dass man diese Mühe akzeptiert. (...) Viele Gläubige und Heilige haben die Nacht des Glaubens und das Schweigen Gottes (...) erlebt und sind dennoch beharrlich geblieben.
Wer in den Nächten des Glaubens betet, ist nie allein. Jesus ist uns dann nicht nur Lehrer des Gebets, er nimmt uns sogar in sein eigenes Beten auf, damit wir in ihm und durch ihn beten können. Das ist das Werk des Heiligen Geistes. Und das ist auch der Grund, warum uns das Evangelium einlädt, im Namen Jesu zum Vater zu beten. Johannes gibt die Worte Jesu wie folgt wieder: „Alles, um was ihr in meinem Namen bitten werdet, werde ich tun, damit der Vater im Sohn verherrlicht wird“ (14,13). Im Katechismus wird auch bekräftigt, dass „die Gewissheit, dass unsere Bitten erhört werden, auf dem Gebet Jesu gründet“ (Nr. 2614). Es verleiht uns die Flügel, die das Gebet des Menschen schon immer zu besitzen hoffte.
Wie sollten wir hier nicht an die Worte von Psalm 91 denken, die so voller Zuversicht sind und einem Herzen entspringen, das sich von Gott alles erhofft: „Er beschirmt dich mit seinen Flügeln, unter seinen Schwingen findest du Zuflucht, Schild und Schutz ist seine Treue. Du brauchst dich vor dem Schrecken der Nacht nicht zu fürchten, noch vor dem Pfeil, der am Tag dahinfliegt, nicht vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die wütet am Mittag“ (Vers 4-6). In Christus erfüllt sich dieses wunderbare Gebet und in ihm tritt seine volle Wahrheit zutage. Ohne Jesus würden unsere Gebete riskieren, auf rein menschliche Bemühungen reduziert zu werden, die ohnehin meist zum Scheitern verurteilt sind. Er aber hat jeden Ruf auf sich genommen, jedes Stöhnen, jeden Jubel, jede Bitte ... jedes Gebet der Menschen. (...)
Christus ist alles für uns, auch in unserem Gebetsleben. Der heilige Augustinus hat dies in einem großartigen Gedanken, den wir auch im Katechismus finden, wie folgt formuliert: Jesus „betet für uns als unser Priester, er betet in uns als unser Haupt, wir beten zu ihm als unserem Gott. Vernehmen wir also unsere Stimme in ihm und seine Stimme in uns“ (Nr. 2616). Und genau das ist der Grund, warum sich der Christ, der betet, vor nichts fürchtet. (...)
(vatican news - skr)
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