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Angelus: Die Katechese im Wortlaut

Vatican News dokumentiert an dieser Stelle die Katechese zum Mittagsgebet von Papst Franziskus im vollen Wortlaut in einer Arbeitsübersetzung.

Die endgültige und offizielle Fassung können Sie in Kürze wie üblich auf der offiziellen Homepage des Vatikans vatican.va einsehen.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Heute, am ersten Adventssonntag, beginnt ein neues Kirchenjahr. In dieser Zeit überlagert die Kirche den normalen kalendarischen Jahreslauf mit der Feier der wichtigsten Ereignisse im Leben Jesu und in der Heilsgeschichte. Und indem sie das tut, erhellt sie als Mutter den Weg unseres Daseins, unterstützt uns in unseren täglichen Mühen und richtet uns auf die endgültige Begegnung mit Christus aus. Die heutige Liturgie lädt uns ein, den ersten „Höhepunkt“ des Kirchenjahres, den Advent, der uns auf Weihnachten vorbereitet, als eine Zeit der Erwartung und eine Zeit der Hoffnung zu leben. Erwartung und Hoffnung.

Der heilige Paulus (vgl. 1Kor 1,3-9) weist das Objekt der Erwartung hin. Was ist das? Es ist die  „Offenbarung des Herrn“ (V. 7) aus. Der Apostel lädt die Christen von Korinth und auch uns ein, die Aufmerksamkeit auf die Begegnung mit der Person Jesu zu richten. Für einen Christen ist die ständige Begegnung, das Beim-Herrn-Sein das Allerwichtigste. Und wenn wir so daran gewöhnt sind, beim Herrn des Lebens zu sein, dann bereiten wir uns auf die Begegnung vor: auf das Beim-Herrn-Sein in der Ewigkeit. Diese endgültige Begegnung am Ende der Welt - und gleichzeitig jeden Tag, denn mit seiner Gnade können wir in unserem Leben und im Leben der anderen Gutes tun. Unser Gott ist der Gott, der kommt: Vergesst das nicht. Gott ist ein Gott, der kommt, der ständig kommt. Er enttäuscht unsere Erwartung nicht! Nie enttäuscht der Herr. Vielleicht lässt er uns warten, vielleicht lässt er uns mal im Dunklen warten, damit unsere Hoffnung heranreifen kann, aber er enttäuscht nie. Der Herr kommt immer, immer ist er uns nahe. Manchmal lässt er sich nicht sehen, aber er kommt immer.

Er ist zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte gekommen und Mensch geworden, um unsere Sünden auf sich zu nehmen - das Weihnachtsfest erinnert an dieses erste Kommen Jesu in diesem historischen Augenblick - und er wird am Ende der Zeiten als Weltenrichter kommen. Und auch ein drittes Mal wird er kommen, auf eine dritte Art und Weise: Er kommt jeden Tag, um sein Volk zu besuchen, um jeden Mann und jede Frau zu besuchen, die ihn im Wort, in den Sakramenten, in ihren Brüdern und Schwestern annehmen.

In der Bibel sagt uns Jesus, dass er vor der Tür steht und anklopft. Jeden Tag. Er klopft an die Tür unseres Herzens. Verstehst du auf den Herrn zu hören, der anklopft? Der heute gekommen ist, um dich zu sehen, der an dein Herz klopft mit einer Unruhe, einer Idee, einer Inspiration? Er ist nach Betlehem gekommen, er wird am Ende der Welt kommen - aber er kommt auch jeden Tag zu uns. Seid wachsam - passt auf, was ihr im Herzen spürt, wenn der Herr anklopft!

Wir wissen sehr wohl, dass das Leben aus Höhen und Tiefen, aus Licht und Schatten besteht. Jeder von uns kennt Momente der Enttäuschung, des Scheiterns und der Verwirrung. Und nun löst die Pandemie, die wir gerade erleben, bei vielen Menschen Sorge, Angst und Mutlosigkeit aus; wir laufen Gefahr, in Pessimismus, Abschottung und Apathie zu verfallen. Wie sollen wir darauf reagieren? Der Psalm von heute macht uns folgenden Vorschlag: „Unsre Seele hofft auf den Herrn; er ist unsere Hilfe und unser Schild. Ja, an ihm freut sich unser Herz“ (Ps 33,20-21). Also eine Seele in Erwartung. Die zuversichtliche Erwartung des Herrn lässt uns in den dunklen Momenten unseres Daseins Trost und Mut finden. Und woher kommt dieser Mut, dieses vertrauensvolle Auf-Jesus-Setzen? Woher kommt er? Aus der Hoffnung. Und die Hoffnung enttäuscht nicht, diese Tugend, die uns voranführt, während wir auf die Begegnung mit dem Herrn warten.

Der Advent ist ein unaufhörlicher Aufruf zur Hoffnung: Er erinnert uns daran, dass Gott in der Geschichte gegenwärtig ist, um sie ihrem letzten Ziel und ihrer Vollendung zuzuführen, die der Herr Jesus Christus ist. Gott ist in der Geschichte der Menschheit gegenwärtig, er ist der „Gott mit uns“. Gott ist nicht weit weg, er ist immer mit uns, er klopft ja immer wieder an die Türen unseres Herzens. Er ist der Gott, der neben uns geht, um uns Stütze zu sein. Der Herr lässt uns nie im Stich; er begleitet uns auf dem Weg unseres Daseins, um uns zu helfen, den Sinn der Reise, den Sinn des Alltags zu verstehen, damit wir in der Prüfung und im Schmerz Mut fassen können. Inmitten der Stürme des Lebens streckt uns Gott stets seine Hand entgegen und befreit uns von dem, was uns bedroht. Das ist schön! ... Niemand, nur wir haben diese Gnade, dass Gott uns nahe ist... Wir erwarten Gott, wir hoffen, dass er sich offenbart...


Heilige Jungfrau Maria, Frau der Erwartung, begleite unsere Schritte in diesem neuen Kirchenjahr, das wir beginnen, und hilf uns, den Auftrag der Jünger Jesu zu erfüllen, auf den uns der Apostel Petrus hingewiesen hat. Worin er besteht? Darin, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von uns Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die uns erfüllt (vgl. 1Petr 3,15).

(vaticannews - übersetzung: silvia kritzenberger)

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29. November 2020, 12:45