Papst über Menschenhandel: „Teuflische Spirale“
Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
Sie kommt als Mädchen aus Nigeria auf dramatischem Weg nach Italien. In der Hoffnung, dort Arbeit zu finden – stattdessen wird sie zur Prostitution gezwungen und landet auf der Straße. Mit Hilfe ihres Glaubens und einem kirchlichen Frauenhaus im süditalienischen Caserta findet sie schließlich den Weg aus der Versklavung - das ist die Geschichte von Joy. Erzählt hat sie die italienische Autorin Mariapia Bonanate. Das Vorwort zum Buch hat Papst Franziskus geschrieben. Der Papst stellt darin unbequeme Fragen:
„Ich komme nicht umhin, den Lesern eine Frage zu stellen: Von dem Moment an, an dem die Zahl der jungen Frauen, die Opfer des Menschenhandels sind, die auf den Straßen(strichen) unserer Stadt enden, unzählbar ist – wie sehr hängt diese verwerfliche Realität davon ab, dass viele Männer hier nach diesen ‚Diensten‘ fragen und bereit sind, einen anderen Menschen zu kaufen, und so dessen unveräußerliche Würde zu zerstören?“
Leidvolle Odyssee
Doch es geht nicht nur um Prostitution, die Frage nach der Verantwortung der Menschen stellt sich für Franziskus auch an anderen Punkten der Geschichte Joys – und vieler weiterer Migranten:
„Die Durchquerung der Wüste, die Monate in libyschen Gefangenenlagern, die Fahrt über das Meer, bei der sie einen Schiffbruch überlebte, das alles sind Kapitel einer autobiographischen und gleichzeitig choralen Erzählung. (…) Die Geschichte Joys hat viel mit der anderer Menschen gemein, die wie sie in einer teuflischen Spirale gefangen waren und von der Tragödie des unsichtbaren Menschenhandels getroffen wurden. Eine Geschichte, die so bekannt ist wie sie unheilvoll überall verbreitet ist, in unseren globalisierten Gesellschaften“, betont Franziskus.
Jeder ist gefragt
Der Papst zeigt sich überzeugt: Wer die Geschichte Joys gelesen hat, wird künftig nicht mehr tatenlos bleiben:
„Die Lektüre dieser Erinnerungen bringt uns Seite für Seite dazu zu erkennen, wie das Zeugnis Joys uns festnagelt – angesichts unserer Vorurteile und unserer Verantwortungen, die uns zu teilhabenden Mitwissern dieser Ereignisse machen. Es wird uns gut tun, an der Seite Joys ihre Geschichte mitzuerleben und mit ihr in ihren ,Orten‘ des unschuldigen und hilflosen Schmerzes zu verweilen. Nachdem wir dort verharrt haben, wird es uns unmöglich sein, gleichgültig zu bleiben, wenn wir von kenternden Booten hören, die ignoriert und auch von unseren Küsten verstoßen werden. Joy war auf einem von ihnen.“
Starkes Glaubenszeugnis
Von daher habe er auch nicht lange überlegen müssen, als die Einladung kam, ein Vorwort zu diesem Buchprojekt zu schreiben. Er habe sie gern angenommen - „in der Absicht, den Lesern das Zeugnis Joys als ,Erbe der Menschheit‘ mitzugeben“, erklärt Franziskus in dem kurzen italienischen Text, der dem Buch vorangestellt ist. Franziskus ist auch das starke Glaubenszeugnis wichtig, das die Lektüre ebenfalls bietet:
„Mit diesem Buch macht Joy ihre persönliche Geschichte allen Männern und Frauen zum Geschenk, die sich mit echter Leidenschaft dafür einsetzen, Schützer des Lebens zu sein. Sie schildert die dramatische Erfahrung ihrer Reise mit den einfachen Worten der Augenzeugin und indem sie erzählt, gibt sie auch Gott eine Stimme: In der Tat ist er in jedem Detail ihrer Geschichte an ihrer Seite, wie ein verborgener und stiller Protagonist, jedoch nicht tatenlos angesichts der berichteten Ereignisse“, erklärt Papst Franziskus in seinem Vorwort zum Buch „Io sono Joy“ (Ich bin Joy), in dem die italienische Autorin Mariapia Bonante die Erlebnisse einer nigerianischen Migrantin schildert.
Das Buch erscheint auf Italienisch im San Paolo Verlag am 27. Januar. Über eine deutsche Ausgabe ist noch nichts bekannt.
(vatican news – sst)
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