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Wortlaut: Ansprache von Papst Franziskus bei seiner Generalaudienz

Hier finden Sie die Ansprache, die Papst Franziskus an diesem Mittwoch bei seiner virtuellen Generalaudienz im Apostolischen Palast im Vatikan gehalten hat, in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan.

Die offizielle Fassung finden Sie in Kürze auf der Homepage des Vatikan.

„Liebe Brüder und Schwestern, guten Morgen!

In der Geschichte der Kirche hat es immer wieder die Versuchung gegeben, ein intim geprägtes Christentum zu praktizieren, das die spirituelle Bedeutung der öffentlichen liturgischen Riten nicht anerkennt. Oft behauptete diese Tendenz die vermeintlich größere Reinheit einer Religiosität, die nicht von äußeren Zeremonien abhing, welche als nutzlos oder gar schädlich angesehen wurden. Im Mittelpunkt der Kritik stand nicht eine bestimmte rituelle Form oder eine bestimmte Art des Feierns, sondern die Liturgie selbst, die liturgische Art zu beten.

Nun kann man tatsächlich in der Kirche bestimmte Formen der Spiritualität finden, die es versäumt haben, auch einen angemessenen liturgischen Ausdruck miteinzubeziehen. Viele Gläubige nehmen zwar eifrig an den Riten teil, vor allem an der Sonntagsmesse, aber sie nähren ihren Glauben und ihr geistliches Leben doch eher aus anderen Quellen, aus privater Frömmigkeit.

In den letzten Jahrzehnten ist ein langer Weg zurückgelegt worden. Die Konstitution Sacrosanctum Concilium des Zweiten Vatikanischen Konzils ist Dreh- und Angelpunkt dieses langen Weges. Sie bekräftigt auf umfassende und organische Weise die Bedeutung der heiligen Liturgie für das Leben der Christen. Denn in der Liturgie finden sie jene objektive Vermittlung, die sich aus der Tatsache ergibt, dass Jesus Christus nicht eine Idee oder ein Gefühl ist, sondern eine lebendige Person – und sein Geheimnis ein historisches Ereignis. Das Gebet der Christen geht durch konkrete Vermittlungen: die Heilige Schrift, die Sakramente, die liturgischen Riten, die Gemeinschaft. Im christlichen Leben sehen wir nicht von der leiblichen und materiellen Sphäre ab, weil gerade diese in Jesus Christus zum Weg des Heils geworden ist. Wir könnten sagen, dass wir auch mit dem Körper beten: der Körper tritt ins Gebet ein.

Deshalb gibt es keine christliche Spiritualität, die nicht in der Feier der heiligen Geheimnisse verwurzelt ist. Der Katechismus schreibt: ‚Die Sendung Christi und des Heiligen Geistes, der in der sakramentalen Liturgie der Kirche das Heilsmysterium verkündigt, vergegenwärtigt und mitteilt, setzt sich im betenden Herzen fort‘ (Nr. 2655).

Die Liturgie ist von ihrem Wesen her nicht nur ein spontanes Gebet, sondern etwas Ursprünglicheres: ein Akt, der die ganze christliche Erfahrung und damit auch das Gebet begründet. Sie ist Ereignis, ist Geschehen, ist Gegenwart, ist Begegnung. Begegnung mit Christus. Christus wird im Heiligen Geist durch die sakramentalen Zeichen gegenwärtig: Daraus leitet sich für uns Christen das Bedürfnis ab, an der Feier der göttlichen Geheimnisse teilzunehmen.

Ich würde zu sagen wagen, dass ein Christentum ohne Liturgie ein Christentum ohne Christus ist. Selbst im schmucklosesten Ritus, wie ihn manche Christen an Orten der Gefangenschaft oder in der Abgeschiedenheit eines Hauses in Zeiten der Verfolgung gefeiert haben und immer noch feiern, ist Christus wirklich gegenwärtig und schenkt sich seinen Gläubigen.

Die Liturgie verlangt gerade wegen ihrer objektiven Dimension, mit Inbrunst gefeiert zu werden, damit die im Ritus ausgegossene Gnade nicht zerstreut wird, sondern das Leben eines jeden Menschen erreicht. Der Katechismus erklärt es sehr gut: ‚ Das Gebet nimmt die Liturgie während und nach ihrer Feier in sich auf und eignet sie sich an ‘ (ebd.). Viele christliche Gebete entstammen nicht der Liturgie, aber alle setzen, wenn sie christlich sind, die Liturgie voraus, d.h. die sakramentale Vermittlung Jesu Christi. Jedes Mal, wenn wir eine Taufe feiern oder das Brot und den Wein in der Eucharistie konsekrieren, oder den Körper eines Kranken mit dem Heiligen Öl salben, ist Christus da! Er ist genauso gegenwärtig und wirkt wie damals, als er die Glieder eines Kranken heilte oder beim Letzten Abendmahl sein Testament für die Erlösung der Welt einsetzte.

Das Gebet des Christen macht sich die sakramentale Gegenwart Jesu zu eigen. Was uns äußerlich ist, wird Teil von uns: Die Liturgie drückt dies sogar in der ganz natürlichen Geste des Essens aus. Die Messe kann nicht einfach nur ‚gehört‘ werden - es ist nicht richtig, zu sagen ‘Ich gehe die Messe hören‘. Die Messe kann nicht ‚gehört‘ werden, als ob wir nur Zuschauer von etwas wären, das abläuft, ohne uns zu beteiligen. Die Messe wird nicht nur von dem Priester gefeiert, der ihr vorsteht, sondern von allen Christen, die sie miterleben. Das Zentrum ist Christus! Wir alle nehmen, in der Vielfalt der Gaben und Ämter, an seinem Handeln teil, denn Er, Christus,. ist der Protagonist der Liturgie.

Als die ersten Christen begannen, ihren Kult zu leben, taten sie dies, indem sie die Gesten und Worte Jesu im Licht und der Kraft des Heiligen Geistes aktualisierten, so dass ihr Leben, das von dieser Gnade erreicht wurde, zu geistlichen Opfergaben wurde, die Gott dargebracht wurden. Dieser Ansatz war eine echte ‚Revolution‘. Der heilige Paulus schreibt im Brief an die Römer: ‚ Angesichts des Erbarmens Gottes ermahne ich euch, meine Brüder, euch selbst als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen, das Gott gefällt; das ist für euch der wahre und angemessene Gottesdienst‘ (12,1).

Das Leben ist dazu berufen, zur Anbetung Gottes zu werden – aber das kann nicht ohne Gebet geschehen, besonders nicht ohne liturgisches Gebet! Möge uns der folgende Gedanke helfen, wenn wir zur Messe gehen: Ich gehe, um in Gemeinschaft zu beten, ich gehe, um mit Christus zu beten, der gegenwärtig ist. Wenn wir z.B. zur Feier einer Taufe gehen, ist es Christus, der dort gegenwärtig ist und tauft. ‘‘Aber Padre, das ist doch eine Idee, eine Redensart‘: Nein, das ist keine Redensart. Christus ist gegenwärtig, und in der Liturgie betest du mit Christus, der neben dir ist."

(vatican news – sk)
 

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03. Februar 2021, 10:38