Ostersegen: Papst fordert Impfstoff für arme Länder
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Sie sei „keine Einbildung“ und „keine Zauberformel“, sagte Franziskus über die Botschaft von der Auferweckung Jesu; sie zeige auch „keinen Fluchtweg aus der schwierigen Situation, die wir gerade durchleben“. Doch inmitten von Pandemie und Krise könne die Osterbotschaft „eine Hoffnung schenken, die nicht enttäuscht“.
Schließlich trage der aus dem Grab erstandene Christus noch die Wundmale seines Leidens und Sterbens, und diese Wundmale seien „das ewige Siegel seiner Liebe zu uns“. „Jeder, der eine schwere Prüfung an Leib und Geist erlebt, kann in diesen Wunden Zuflucht finden und durch sie die Gnade der Hoffnung erlangen, die nicht enttäuscht.“
Von der Apsis des Petersdomes aus, in der er auch die feierliche Ostermesse zelebriert hatte, nannte Franziskus die Auferstehung Jesu eine „Hoffnung für alle, die weiterhin unter der Pandemie leiden, für die Kranken und für diejenigen, die einen geliebten Menschen verloren haben“.
„Alle Menschen, vor allem die schwächsten, brauchen Betreuung und haben ein Recht darauf, Zugang zu der notwendigen Pflege zu erhalten. Dies wird in dieser Zeit noch deutlicher, in der wir alle aufgerufen sind, die Pandemie zu bekämpfen, und in diesem Kampf stellen die Impfstoffe ein wesentliches Instrument dar.“
Franziskus beklagte die „Verzögerungen bei der Impfstoffversorgung“, dann forderte er wie schon in seiner Weihnachtsbotschaft die internationale Gemeinschaft auf, für „eine solidarische Verteilung“ der Impfstoffe zu sorgen, die „speziell den ärmsten Ländern“ zugutekommen solle.
Allen helfen, die durch Corona in wirtschaftliche Not geraten
„Der auferstandene Gekreuzigte bedeutet Stärkung für alle, die ihre Arbeit verloren haben oder sich in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden und nicht über entsprechende soziale Sicherheiten verfügen. Der Herr lenke das Handeln der Behörden, damit allen, besonders den bedürftigsten Familien, die notwendigen Hilfen für einen angemessenen Lebensunterhalt angeboten werden. Die Pandemie führte leider zu einem dramatischen Anstieg der Zahl der Armen und zur weiteren Verzweiflung von Tausenden Menschen.“
Der Papst erinnerte auch daran, dass vor allem junge Menschen unter den derzeitigen Corona-Einschränkungen leiden – etwa wegen geschlossener Schulen und Unis. Auch die Texte zum Kreuzweg auf dem Petersplatz am Karfreitag hatten auf seine Initiative hin diesmal Kinder und Jugendliche verfasst. „Für uns alle ist es erforderlich, echte menschliche Beziehungen zu leben und nicht nur virtuelle, vor allem in dem Alter, in dem sich Charakter und Persönlichkeit ausbilden.“
„Migranten großzügig aufnehmen“
Aber nicht nur um Corona ging es in dieser Osterbotschaft. Franziskus warf auch, wie bei dieser Gelegenheit üblich, einen Blick auf Krisenherde in aller Welt. Er sei den Demonstranten in Myanmar dankbar, „die sich für die Demokratie starkmachen und sich friedlich Gehör verschaffen“, sagte er. Und die Menschen in Haiti, wo es schon seit Monaten zu Unruhen kommt, ermunterte er, „sich nicht von den Schwierigkeiten überwältigen zu lassen“.
Besonders ausführliche Osterwünsche formulierte der Papst mit Blick auf Flüchtlinge und Migranten – das ist ein Thema, das ihm besonders am Herzen liegt. „Es soll ihnen nicht an konkreten Zeichen menschlicher Solidarität und Geschwisterlichkeit fehlen, die ein Unterpfand des Sieges des Lebens über den Tod sind, den wir an diesem Tag feiern. Ich danke den Ländern, welche die leidgeprüften Menschen auf ihrer Suche nach Zuflucht großzügig aufnehmen…“
Sorge über Lage im Nahen Osten
Auffallend besorgt kommentierte Franziskus die Lage im Nahen Osten. Der krisengeschüttelte Libanon solle „ein Land der Begegnung, des Miteinanders und des Pluralismus“ bleiben; die Kriege in Syrien und dem Jemen sollten endlich zu Ende gehen und Libyen zur Ruhe finden. „Alle beteiligten Parteien mögen sich effektiv dafür einsetzen, die Konflikte zu beenden und es den vom Krieg ausgezehrten Völkern zu ermöglichen, in Frieden zu leben und mit dem Wiederaufbau ihrer jeweiligen Länder zu beginnen.“ Auch für Israelis und Palästinenser erneuerte der Papst ausdrücklich den Ruf nach Friedensverhandlungen und einer Zwei-Staaten-Lösung.
„An diesem Festtag kehre ich in Gedanken zum Irak zurück, den ich im vergangenen Monat besuchen durfte. Ich bete darum, dass er den eingeschlagenen Weg des Friedens fortsetzen kann, damit Gottes Traum von einer Menschheitsfamilie, die gegenüber allen ihren Kindern gastfreundlich und aufnahmebereit ist, Wirklichkeit wird.“
„Den neuen Rüstungswettlauf eindämmen“
Auch mehrere afrikanische Kriegsschauplätze erwähnte der Papst, darunter die äthiopische Region Tigray. „Es gibt immer noch zu viele Kriege und zu viel Gewalt auf der Welt! Der Herr, der unser Friede ist, helfe uns, die Mentalität des Krieges zu überwinden.“
Damit kam Franziskus zu guter Letzt auch auf Europa zu sprechen. „Der Herr schenke es, dass alle Gefangenen der Konflikte, vor allem in der Ostukraine und in Berg-Karabach, gesund und heil zu ihren Familien zurückkehren können, und er rege die Regierenden in aller Welt dazu an, den neuen Rüstungswettlauf einzudämmen.“
Zum Schluss seiner Osterbotschaft kam Franziskus noch einmal auf das Thema Corona zurück. Er bete dafür, dass bald die Beschränkungen für Gottesdienste wieder aufgehoben werden könnten. Dann erteilte er allen, die über Radio, Fernsehen oder Internet zugeschaltet waren, seinen Ostersegen.
„Im Licht des Auferstandenen werden unsere Leiden verklärt. Wo Tod war, ist jetzt Leben; wo Trauer war, ist jetzt Trost… Allen wünsche ich frohe, gesegnete Ostern!“
Dank an Kardinal Comastri
Die Ostermesse vor dem Segen Urbi et Orbi hatte auch in diesem Pandemie-Jahr im Petersdom und nicht, wie sonst üblich, auf dem in ein üppiges Blumenmeer getauchten Petersplatz stattgefunden. Nur wenige Gläubige waren aus Infektionsschutzgründen bei der Messe anwesend, die normalerweise zigtausende von Gläubigen und Pilgern aus aller Welt vor Ort mitfeiern.
In einer spontanten Ansprache dankte der Papst vor dem Abschlusssegen der Messe insbesondere Kardinal Comastri für seinen langjährigen Dienst als Erzpriester von Sankt Peter. Der Kardinal ist kürzlich in den Ruhestand gegangen, neuer Hausherr der Kirche ist seit einigen Wochen der Franziskaner-Kardinal Mauro Gambetti. Ebenso dankte der Papst allen Mitarbeitern, die die Feiern der Kar- und Ostertage mit vorbereitet hatten. EIne Predigt im engeren Sinn hielt der Papst wie üblich bei der Ostermesse nicht.
(vatican news – sk)
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