Papst über Synodalen Weg Italiens: Debatte und Suche, aber mit Heiligem Geist
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
Die Ausführungen des Papstes richteten sich an sein italienisches Publikum, lassen aber auch erkennen, wie er zu ähnlichen kirchlichen Reformbestrebungen in anderen Ortskirchen wie etwa der deutschen steht. Bei seiner Rede, die er im Vortrag mit vielen spontanen Einschüben anreicherte, meditierte Franziskus über die drei Wörter, die zusammen den Namen der Laienvereinigung bilden: „katholisch“, „Aktion“ und „Italien“.
Die „Aktion“, so der Papst, gehe in der Kirche letztlich immer von Gott aus. Der Herr habe „das Exklusivrecht“ auf das Handeln, er sei „inkognito“ in der Geschichte der Menschen unterwegs. „Das entzieht uns nicht der Verantwortung, sondern führt uns zurück zu unserer Identität als missionarische Nachfolger“, betonte Franziskus. Wichtig sei es dabei, auf das Wirken des Heiligen Geistes zu achten, ohne in die Falle des Funktionalismus zu tappen.
„Die Programme, die Organigramme sind nützlich, aber als Ausgangspunkt, als Inspiration. Was das Reich Gottes voranbringt, ist Fügsamkeit gegenüber dem Geist“, stellte der Papst klar. „Es ist traurig zu sehen, wie viele Organisationen in die Falle der Organigramme getappt sind: alles perfekt, perfekte Institutionen, alles Geld, das man braucht, ist da, alles perfekt ... Aber sag mal: Der Glaube, wo ist der? Der Heilige Geist, wo ist der? ,Naja, wir suchen ihn gemeinsam anhand des Organigramms, das wir erstellen.´“
Franziskus warnte die Laienvereinigung ausdrücklich davor, „in die Sklaverei von Organigrammen zu verfallen“, und warb stattdessen für ein wenig Unordnung, ja Revolution. „Das Evangelium ist Unordnung, weil der Geist, wenn er kommt, so viel Lärm macht, dass das Handeln der Apostel wie das Handeln von Betrunkenen erscheint.“ Nicht umsonst habe es von den Jüngern zu Pfingsten geheißen, sie seien wohl betrunken. Zum Thema radikaler Neuerung in der Kirche sagte der Papst: „Die Demut gegenüber dem Geist ist revolutionär, weil Jesus Christus revolutionär ist, weil die Inkarnation revolutionär ist, weil die Auferstehung revolutionär ist. Auch eure Sendung muss diese revolutionäre Eigenschaft haben.“
Was es heißt, „katholisch“ zu sein, vertiefte Franziskus im zweiten Abschnitt seiner Rede. Katholisch als Identität „bedeutet, dass die Sendung der Kirche keine Grenzen kennt“. Katholische Gläubige müssten „mit allen und für alle“ sein. Der Papst erwähnte den in der Tat sehr breiten Wirkungsradius der Katholischen Aktion, die mit Jugendlichen, Erwachsenen, Alten, Studierenden und Werktätigen arbeite – „eine Erfahrung von Volk“, hielt Franziskus fest. „Katholizität ist genau diese Erfahrung des heiligen, gläubigen Gottesvolkes: verliert nie den volkstümlichen Charakter!“
Der Synodale Weg in Italien
Die meisten spontanen Einfügungen in seiner Rede nahm der Papst beim dritten Abschnitt vor: „Italien“. Und er beackerte ausgiebig den Synodalen Weg Italiens, der im ursprünglichen Manuskript so direkt nicht vorkam. Franziskus, der als Bischof von Rom kraft seines Amtes auch Primas von Italien ist, hatte die katholische Kirche des Landes dazu eingeladen, sich auf einen Synodalen Weg zu begeben, um zu mehr missionarischem Schwung zurückzufinden. Fünf Jahre nach dem Kirchenkongress von Florenz 2016 sei es dazu Zeit. Von diesem Synodalen Weg, den die italienische Kirche im Mai beginne, „wissen wir nicht, wie er endet, wir wissen nicht, was dabei herauskommt“, sagte der Papst. Jedenfalls aber beginne dieser Reformweg „bei jeder christlichen Gemeinde, von unten nach oben“.
Auch an dieser Stelle die Warnung vor dem festgelegten Programm: „In der Tat ist der Synodenplan nicht so sehr ein Plan, der programmiert und umgesetzt werden muss, sondern vor allem ein Stil, der verkörpert werden muss.“ Man müsse genau sein, wenn man „von Synodalität, von synodalem Weg, von synodaler Erfahrung“ spreche: eine Synode sei kein Parlament. „Synodalität ist nicht nur die Diskussion von Problemen, von verschiedenen Dingen, die in der Gesellschaft sind. Es ist mehr als das. Synodalität bedeutet nicht, eine Mehrheit zu suchen, eine Einigung auf pastorale Lösungen, die wir tun müssen: das allein ist keine Synodalität; das ist ein schönes katholisches Parlament – was in Ordnung ist - aber es ist keine Synodalität.“ Dabei nämlich fehle der Heilige Geist. „Was die Diskussion, das Parlament, die Suche nach Dingen zur Synodalität werden lässt, ist die Anwesenheit des Geistes: Gebet, Stille, Unterscheidung all dessen, was wir miteinander teilen. Es kann keine Synodalität ohne den Geist geben, und es gibt keinen Geist ohne Gebet.“
Deshalb sei die Katholische Aktion ein „Fitnessstudio der Synodalität“, denn hier seien die Laien zu Hause. Der wertvollste Beitrag zu Dialog, Debatte und Suche komme tatsächlich von ihrem Laien-Sein, sagte Franziskus den Angehörigen der Laienbewegung. „Es ist merkwürdig: Wenn wir nicht das echte Laien-Sein in der Kirche leben, verfallen wir in Selbstreferenzialität. Eine Synode zu machen, heißt nicht Selbstbespiegelung, heißt auch nicht auf die Diözese oder die Bischofskonferenz zu schauen, nein: das ist es nicht. Sondern es heißt, hinter dem Herrn her und auf die Menschen zuzugehen, unter der Führung des Heiligen Geistes.“
Franziskus bezeichnete den Laienstand als „Gegenmittel gegen die Abstraktheit". Ein synodaler Weg müsse ja zu Entscheidungen führen. „Und diese Entscheidungen müssen, um praktikabel zu sein, von der Realität ausgehen und nicht von den drei oder vier Ideen, die gerade in Mode sind oder die in der Diskussion auftauchen. Nicht, um die Realität so zu lassen, wie sie ist, nein, natürlich nicht, sondern um zu versuchen, auf sie einzuwirken, sie in der Linie des Heiligen Geistes wachsen zu lassen, die Realität nach den Plänen des Reiches Gottes umzugestalten.“
Viel Anregungen, die Franziskus am Freitag der Katholischen Aktion Italiens mitgab, stehen auch in dem Brief, den er vor zwei Jahren aus eigenem Antrieb an das „Pilgernde Volk Gottes in Deutschland" richtete. Das Schreiben spiegelt die Hirtensorge des Papstes für eine Ortskirche, die mit dem „Synodalen Weg" eine Selbstbesinnung und zugleich einen Ausweg aus einer tiefen Krise sucht.
(vatican news – gs)
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