Regina Coeli: Die Katechese im Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Im Evangelium dieses fünften Sonntags der Osterzeit (Joh 15,1-8) stellt sich der Herr als der wahre Weinstock vor; und uns vergleicht er mit den Reben, die nicht leben können, ohne mit ihm verbunden zu bleiben: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“ (V. 5). Ohne Reben gibt es keinen Weinstock, und umgekehrt. Die Reben sind nicht eigenständig, sie hängen ganz vom Weinstock ab, der die Quelle ihres Daseins ist.
Jesus beharrt auf dem Verb „bleiben“. Er wiederholt es im heutigen Evangeliumsabschnitt sieben Mal. Bevor er diese Welt verlässt und zum Vater zurückkehrt, will Jesus seine Jünger dessen versichern, dass sie auch weiterhin mit ihm verbunden sein können. „Bleibt in mir und ich in euch“, sagt er (V. 4). Und dieses Bleiben ist kein passives Bleiben, kein „Einschlafen“ beim Herrn, kein einfaches Sich-Treiben-Lassen. Nein, das ist es nicht. Das Bleiben in Ihm, das Bleiben, das Jesus uns vorschlägt, ist ein aktives, ein gegenseitiges Bleiben. Warum? Weil die Reben ohne den Weinstock nichts tun können: sie brauchen den Saft, damit sie wachsen, Frucht tragen können. Aber auch der Weinstock braucht die Reben, denn die Früchte wachsen nicht am Stamm des Baumes. Es ist eine gegenseitige Abhängigkeit, ein gegenseitiges Bleiben, um Früchte zu tragen. Wir bleiben in Jesus, und Er bleibt in uns.
Zunächst einmal brauchen wir den Herrn. Er will uns sagen, dass wir – vor dem Halten seiner Gebote, vor den Seligpreisungen, vor den Werken der Barmherzigkeit – mit Ihm verbunden sein, in Ihm bleiben müssen. Wir können keine guten Christen sein, wenn wir nicht in Jesus bleiben. Durch Ihn dagegen vermögen wir alles (vgl. Phil 4,13). Durch Ihn vermögen wir alles.
Doch wie der Weinstock die Reben braucht, so braucht Jesus uns. Vielleicht erscheint uns diese Behauptung kühn, und so wollen wir uns fragen: In welchem Sinne braucht Jesus uns? Er braucht unser Zeugnis. Die Frucht, die wir als Reben hervorbringen müssen, ist das Zeugnis unseres christlichen Lebens. Seit Jesus zum Vater aufgefahren ist, ist es Aufgabe der Jünger, ist es unsere Aufgabe, der Welt in Wort und Tat das Evangelium zu verkünden. Und sie, wir Jünger Jesu, tun es, indem wir Zeugnis ablegen von seiner Liebe: Die Frucht, die hervorgebracht werden muss, ist die Liebe. Wenn wir in Christus bleiben, empfangen wir die Gaben des Heiligen Geistes, und so können wir unserem Nächsten Gutes tun, der Gesellschaft, der Kirche Gutes tun. An den Früchten erkennt man den Baum. Ein wahrhaft christliches Leben legt Zeugnis ab von Christus.
Doch wie soll das gehen? Jesus sagt uns: „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten“ (V. 7). Auch das ist gewagt: die Gewissheit, dass uns das, was wir erbitten, gegeben wird. Die Fruchtbarkeit unseres Lebens hängt vom Gebet ab. Wir können darum bitten, wie Jesus zu denken, wie er zu handeln, die Welt und die Dinge mit den Augen Jesu zu sehen. Und so können wir unsere Brüder und Schwestern – angefangen bei den Ärmsten und den Leidenden – lieben, wie es Jesus getan hat; so können wir sie mit dem Herzen Jesu lieben und der Welt Früchte der Güte, Früchte der Nächstenliebe und Früchte des Friedens bringen.
Vertrauen wir uns der Fürsprache der Jungfrau Maria an. Sie ist Jesus stets treu geblieben und hat viel Frucht hervorgebracht. Möge sie uns helfen, in Christus zu bleiben, in seiner Liebe, in seinem Wort, damit wir der Welt Zeugnis geben können für den auferstandenen Herrn.
(vatican news - cs)
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