Angelus: Die Katechese von Papst Franziskus im Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Heute feiern wir in Italien und in anderen Ländern das Hochfest des Leibes und Blutes Christi, Fronleichnam. Das Evangelium präsentiert uns den Bericht über das letzte Abendmahl (Mk 14,12-16.22-26). Die Worte und Gesten des Herrn berühren unser Herz an:
Er nahm er das Brot in seine Hände, sprach den Lobpreis; brach das Brot, reichte es den Jüngern und sagte: „Nehmt, das ist mein Leib“ (V. 22).
So gibt uns Jesus, ganz einfach, das größte Sakrament. Seine ist eine demütige Geste der Gabe, eine Geste des Teilens. Auf dem Höhepunkt seines Lebens teilt er nicht Brot im Überfluss aus, um die Menschenmengen zu speisen, sondern bricht sich selbst beim österlichen Mahl mit den Jüngern. Auf diese Weise zeigt uns Jesus, dass das Ziel des Lebens darin besteht, sich hinzugeben, dass das Größte darin besteht, zu dienen. Und wir finden heute Gottes Größe in einem Stückchen Brot, in einer Zerbrechlichkeit, die von Liebe und Teilen überfließt. Zerbrechlichkeit ist hierbei das Wort, das ich unterstreichen möchte. Jesus macht sich zerbrechlich wie das Brot, das zerbricht und zerbröckelt. Aber gerade darin liegt seine Stärke, in der Zerbrechlichkeit. In der Eucharistie ist Zerbrechlichkeit Stärke: Stärke der Liebe, die sich klein macht, um angenommen werden zu können und nicht gefürchtet zu werden; Stärke der Liebe, die sich zerbricht und sich zerteilt, um zu nähren und Leben zu geben; Stärke der Liebe, die sich aufsplittert, um uns alle in Einheit zusammenzuführen.
Und es gibt noch eine weitere Stärke, die in der Zerbrechlichkeit der Eucharistie hervorsticht: die Stärke, den zu lieben, der irrt. Es ist in der Nacht, da er verraten wird, in der uns Jesus das Brot des Lebens gibt. Er gibt uns das größte Geschenk, während er in seinem Herzen den tiefsten Abgrund spürt: Der Jünger, der mit ihm isst, der seinen Bissen in dieselbe Schale eintunkt, verrät ihn. Und Verrat ist der größte Schmerz für diejenigen, die lieben. Und was tut Jesus? Er reagiert auf das Böse mit einem größeren Guten. Er antwortet auf das „Nein“ des Judas mit dem „Ja“ der Barmherzigkeit. Er bestraft den Sünder nicht, sondern gibt sein Leben für ihn, zahlt für ihn. Wenn wir die Eucharistie empfangen, tut Jesus dasselbe mit uns: Er kennt uns, er weiß, dass wir Sünder sind und dass wir viele Fehler machen, aber er lässt nicht davon ab, sein Leben mit dem unseren zu vereinen. Er weiß, dass wir es brauchen, denn die Eucharistie ist nicht die Belohnung der Heiligen, nein. Sie ist das Brot der Sünder. Deshalb ermahnt er uns: „Habt keine Angst! Nehmt und esst“.
Jedes Mal, wenn wir das Brot des Lebens empfangen, kommt Jesus, um unserer Zerbrechlichkeit eine neue Bedeutung zu geben. Er erinnert uns daran, dass wir in seinen Augen wertvoller sind, als wir denken. Er sagt uns, dass es Ihm gefällt, wenn wir unsere Zerbrechlichkeiten [Schwächen] mit Ihm teilen. Er sagt uns erneut, dass seine Barmherzigkeit keine Angst vor unseren Jämmerlichkeiten hat. Die Barmherzigkeit Jesu hat keine Angst vor unseren Jämmerlichkeiten. Und vor allem heilt er uns mit Liebe von jenen Zerbrechlichkeiten [Schwächen], die wir aus eigener Kraft nicht heilen können. Welche Zerbrechlichkeiten? Denken wir nach: jene, Groll gegenüber denen zu empfinden, die uns verletzt haben - davon können wir selbst uns nicht heilen; jene, uns von anderen zu distanzieren und uns in uns selbst zu isolieren - davon können wir selbst uns nicht heilen; jene, uns selbst zu beweinen und uns zu beschweren, ohne Frieden zu finden - und auch davon können wir selbst uns nicht heilen. Er ist es, der uns mit seiner Anwesenheit heilt, mit seinem Brot, mit der Eucharistie. Die Eucharistie ist eine wirksame Arznei gegen dieses Verschließen [diese Schließungen]. Das Brot des Lebens heilt in der Tat die Starrheit und verwandelt sie in Fügsamkeit. Die Eucharistie heilt, weil sie mit Jesus vereint: Sie bringt uns dazu, uns seine Lebensweise anzueignen, seine Fähigkeit, sich zu zerbrechen und sich den Brüdern und Schwestern zu schenken, auf das Böse mit Gutem zu antworten. Sie gibt uns den Mut, aus uns selbst herauszugehen und uns mit Liebe der Zerbrechlichkeit der anderen zuzuneigen. So wie Gott es mit uns macht. Das ist die Logik der Eucharistie: Wir empfangen Jesus, der uns liebt und unsere Zerbrechlichkeiten heilt, um andere zu lieben und ihnen in ihren Zerbrechlichkeiten zu helfen.
Und das das ganze Leben lang. Heute haben wir im Stundengebet einen Hymnus (1) gebetet: vier Zeilen, die die Zusammenfassung des ganzen Lebens Jesu sind. Und sie sagen uns, dass Jesus geboren wurde und sich zum Weggefährten für unsere Lebensreise gemacht hat, dann im Abendmahl hat er sich uns zur Speise gegeben. Schließlich am Kreuz, in seinem Tod, hat er sich für uns zum Lösegeld gemacht, hat für uns bezahlt. Und jetzt regiert er im Himmel und ist unsere Belohnung, damit wir uns auf die Suche machen nach dem, was uns erwartet.
Möge die Heilige Jungfrau, in der Gott Fleisch geworden ist, uns helfen, mit dankbarem Herzen das Geschenk der Eucharistie anzunehmen und auch unser Leben zu einem Geschenk zu machen. Möge die Eucharistie uns zu einer Gabe für alle anderen machen.
(1) Vermutl. Verbum supernum prodiens von Thomas v. Aquin, Anm.
(vatican news)
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