Papst an Lutheraner: Ökumene zielt auf in Unterschieden versöhnte Einheit
Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
Papst Franziskus empfing die Delegation des Lutherischen Weltbunds am Tag des Gedenkens an das Augsburger Bekenntnis vom 25. Juni 1530, in dem die Reichsstände in Augsburg ihren lutherischen Glauben bekannten. Franziskus erinnerte in seiner Rede daran, dass die „Confessio Augustana" damals einen Versuch war, die drohende Spaltung der westlichen Christenheit abzuwenden. Ursprünglich war sie nämlich als Dokument innerkatholischer Versöhnung gedacht; den Charakter eines lutherischen Bekenntnistextes nahm sie erst später an.
„Gemeinsam bekennen, was uns im Glauben eint" - dabei könne das Augsburger Bekenntnis - ebenso wie das Glaubensbekenntnis von Nizzäa - auch heute Protestanten und Katholiken auf dem Weg zur Einheit helfen, zeigte sich das Oberhaupt der katholischen Kirche überzeugt. Franziskus betonte diesbezüglich auch die Einheit in der Taufe:
„Die heilige Taufe ist die ursprüngliche Gabe Gottes, die all unserem religiösen Bemühen und all unserem Engagement zur Erlangung der vollen Einheit zugrunde liegt. Ja, denn die Ökumene ist nicht Ausübung kirchlicher Diplomatie, sondern ein Weg der Gnade. Sie beruht nicht auf menschlicher Vermittlung und Übereinkünften, sondern auf der Gnade Gottes, die das Gedächtnis und das Herz reinigt, alle Starrheit überwindet und auf eine erneuerte Gemeinschaft hin ausrichtet. Sie zielt nicht auf ein Herunterhandeln oder auf konziliante Synkretismen, sondern auf eine in den Unterschieden versöhnte Einheit."
Der Papst ermutigte daher alle, die sich im katholisch-lutherischen Dialog engagieren, zuversichtlich fortzufahren „im unablässigen Gebet, im gemeinsamen karitativen Handeln und in der Leidenschaft für die Suche nach größerer Einheit" unter den verschiedenen christlichen Konfessionen.
Weg vom Konflikt zur Gemeinschaft
Auf dem Weg zur Einheit steht unter anderem noch die Frage der Eucharistie- bzw. Mahlgemeinschaft aus. Dazu sagte Franziskus diesen Freitag:
„Einerseits empfinden wir Leid, weil es noch nicht möglich ist, sich um denselben Altar zu versammeln; den selben Kelch zu teilen, andererseits aber verspüren wir auch die Leidenschaft im Dienst an der Sache der Einheit, für die der Herr gebetet und sein Leben hingegeben hat. Gehen wir also mit solcher Passion unseren Weg vom Konflikt zur Gemeinschaft weiter. Im nächsten Schritt wird es um das Verständnis der engen Verbindung zwischen Kirche, Amt und Eucharistie gehen. Dabei wird es wichtig sein, mit geistlicher und theologischer Demut auf die Umstände zu schauen, die zu den Spaltungen geführt haben, im Vertrauen darauf, dass es – wenngleich die traurigen Ereignisse der Vergangenheit nicht ungeschehen gemacht werden können – dennoch möglich ist, sie im Rahmen einer versöhnten Geschichte neu zu sehen."
Die Delegation des Lutherischen Weltbundes überbrachte Papst Franziskus zur Audienz als Gastgeschenk eine Patene und einen Kelch aus Taizé, dem Sitz der gleichnamigen ökumenischen Gemeinschaft, die sich viele Verdienste in der Jugendarbeit erworben hat. 2005 bei der Totenmesse für Papst Johannes Paul II. hatte der damalige Kardinaldekan Joseph Ratzinger - wenig später Papst Benedikt XVI. - dem protestantischen Taizé-Gründer, Frère Roger, die Kommunion gereicht.
Eine Krise, die ein Segen des Herrn ist
Papst Franziskus, Nachfolger von Papst Benedikt, dankte für diese bedeutungsreichen Gaben und schlug den Bogen zur Frage des gemeinsamen Mahles. Der Weg vom Konflikt zur Gemeinschaft sei zwar nicht leicht, räumte Franziskus ein, allerdings seien Protestanten wie Katholiken ja auch nicht allein unterwegs: „Der Weg vom Konflikt zur Gemeinschaft über den Weg der Krise ist nicht leicht. Aber wir sind nicht alleine: Christus begleitet uns", betonte Franziskus.
„Ich sagte auf dem Weg vom Konflikt zur Gemeinschaft, und dieser Weg wird nur in der Krise gemacht: die Krise, die uns hilft, das zur Reife zu bringen, was wir suchen. Von dem Konflikt, den wir Jahrhunderte lang durchlebt haben, Jahrhunderte, zu der Gemeinschaft, die wir wollen, und um das zu tun, begeben wir uns in eine Krise. Eine Krise, die ein Segen des Herrn ist."
Zum Ende der Audienz sprachen dann alle Anwesenden gemeinsam ein Vaterunser für die Wiederherstellung der vollen Einheit der Christen.
Dem Lutherischen Weltbund gehören weltweit 148 Kirchen lutherischer Tradition an. Präsident des Verbandes ist derzeit Pfarrer Panti Filibus Musa, Erzbischof der Lutherischen Kirche Christi in Nigeria. Generalsekretär ist seit 2010 der chilenische Pfarrer Martin Junge, der mütterlicherseits österreichische Wurzeln hat. Ihm wird am 31. Oktober 2021 die Estin Anne Burghardt nachfolgen.
(vatican news - sst)
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