Papst an junge Ex-Häftlinge: Steht auf und geht weiter
Mario Galgano und Benedetta Capelli - Vatikanstadt
Beim Treffen am Freitag in der Casa Santa Marta zwischen Franziskus und einer Gruppe von Menschen, die die Erfahrung des Gefängnisses gemacht haben, sagte der Papst, er hoffe, dass ihre Wiedergeburt „ansteckend“ und auch „befreiend“ sein würde und vor allem, dass sie anderen Menschen helfen würde, den gleichen Weg zu gehen. Der Kaplan Pater Benito Giorgetta, der die Gruppe begleitete sagte gegenüber Radio Vatikan: „Der Papst hörte zu und nahm ihr schwieriges Leben ernst.“
Bei der Gruppe von Häftlingen und ehemaligen Häftlingen handelte sich um Menschen, die ihre Strafe in den Einrichtungen der Gemeinschaft Don Benzi in Vasto in der Provinz Chieti und in Termoli bei Campobasso verbüßen oder verbüßt haben.
Franziskus wollte ihre Stimmen hören und dankte ihnen für ihre oft harten und ermüdenden Zeugnisse. In einem Video, das sich an die nicht anwesenden Gefangenen richtet, erinnerte er daran, dass es wichtig sei, allein zu gehen oder sogar jemanden um seine Hand zu bitten, „an die Tür zu klopfen, auch wenn man sich verlaufen hat und nicht weiß, wohin man gehen soll“. „Es ist der Herr, der dir die Gelegenheit gibt“, sagte der Papst, „und dich dazu bringt, einen Schritt zu tun“.
Der Weg in die Zukunft
„Das Wichtigste im Leben ist, zu gehen“, betont der Papst, „auf dem Weg zu sein“. Es gebe Menschen, die die Richtung oder gar den Weg nicht sehen würden, es gebe auch „geparkte Menschen“, denen man helfen müsse, ihren „geparkten Herzen“, in das die Unruhe, die einen in falsche Bewegung bringe, nicht eindringe. „Wir bewegen uns, aber wie in einem Labyrinth finden wir nicht den Ausgang, den Weg, und wir gehen dorthin, drehen uns im Kreis, ohne herauszukommen“, so der Papst.
„Wir alle machen im Leben Fehler“, fuhr Franziskus fort, „aber das Wichtigste ist, dass wir nicht im Unrecht bleiben“. Er zitierte ein Lied der „Alpini“ – der italienischen Bergsoldaten. Darin werde aufgefordert, nicht auf dem Boden zu bleiben, wenn wir gefallen seien. „Wieder aufzustehen, auch dank derer, die einem helfen, wieder aufzustehen, ohne jemals auf diejenigen herabzuschauen, die gefallen sind, weil sie unwürdig sind“, erläuterte der Papst. „Oft im Leben finden wir eine Hand, die uns hilft, aufzustehen: auch wir müssen es mit anderen tun: mit der Erfahrung, die wir haben, tun wir es mit anderen“, sagte das Kirchenoberhaupt.
Ansteckende Erfahrung
Bevor er sich verabschiedete, forderte er die Gäste auf, das, was sie erlebt hätten, zu nutzen, um wirklich Gutes zu schaffen:
„Ich hoffe, dass Ihre Erfahrung fruchtbar sein wird, dass sie wie der Same sein wird, der gesät wird und dann wächst und wächst... Dass sie wie eine gute Krankheit sein wird: Sie ist ansteckend. Eine ansteckende Erfahrung. Und möge es befreiend sein, möge es Türen öffnen für so viele Menschen, die die Erfahrung machen müssen, die Sie gemacht haben.“
Ein Treffen, das im Herzen des Papstes geboren wurde
Begleitet wurde die Gruppe von Pater Benito Giorgetta, Pfarrer der Kirche S. Timotheus in Termoli, der gegenüber Radio Vatikan über die Ergriffenheit der Anwesenden in Santa Marta berichtet, wo das Tagebuch von Sandra Sabattini am Vorabend ihrer Seligsprechung unterzeichnet wurde. Pater Benito Giorgietta sagte uns über das Zustandekommen des Treffens mit dem Papst:
„Sie ist aus dem Herzen des Papstes geboren, denn wir wissen, dass er den Schwächen und Gebrechlichkeiten der Menschen, insbesondere der Gefangenen, sehr aufmerksam und nahe ist. Vergessen wir nicht, dass der Papst am Gründonnerstag in Rom das Jugendgefängnis Casal del Marmo besuchte, um den Jugendlichen die Füße zu waschen. Da ich das Anliegen des Papstes kenne und ihn schon mehrmals getroffen habe, habe ich es gewagt, ihn zu fragen, ob er uns empfangen kann, und an diesem Freitag wurde dieser Traum endlich wahr.“
Der Papst habe mehr zugehört als gesagt, er habe die Gruppe willkommen geheißen und jeden von ihnen „mit seinem Blick fixiert“, so der Gefängnisseelsorger weiter:
„Nach meinem kurzen Vortrag sprachen die Anwesenden über ihr Leben, sie erzählten von sich selbst. Der Papst war sehr aufmerksam und bewunderte, was er hörte. Er hörte, was mit Opfern und Leiden gesagt wurde, er identifizierte sich einfühlsam mit dem Herzen und dem Leben dieser Menschen. Erst am Ende gab er den anderen Gefangenen eine Nachricht per Video. Er hörte mehr zu als er sprach, und wenn er sprach, malte er sozusagen mit seinen Worten wie mit einzigartigen, echten und tiefen Pinselstrichen, mit dichten Nuancen. Er schenkte Aufmerksamkeit, Rücksichtnahme, Zuspruch und Ermutigung.“
Es habe zwei Personen gegeben, die als ehemalige Häftlinge jetzt für zwei Familienheime verantwortlich seien, führte der Geistliche aus. Das sage viel darüber aus, wie man aus der Asche auferstehen können, erläuterte er weiter. „Der Papst ermutigte sie mit seinem Blick, mit einem Lächeln, und sagte ihnen, dass sie sich nicht schämen müssen, weil aus dem, was sie erzählen, Hoffnung entstehe und deshalb auch die Scham gesegnet sei.“
Als sie das Haus des Papstes verlassen hätten, sei die Gruppe noch ein bisschen unter sich gewesen. „Wir haben einige sehr intensive Momente erlebt, wie zum Beispiel das Warten auf den Papst, der hereinkam. Jedes Mal, wenn sich die Tür öffnete, starrten wir alle hin. Bei seiner Ankunft hat uns der Papst beruhigt, und dann kamen die Emotionen, die Tränen bei einigen. Neben dem Papst zu stehen, um ein Foto zu machen oder einen Rosenkranz direkt aus seinen Händen zu erhalten, war ein wirklich intensives Gefühl, denn die Kinder fühlten sich, wie sie sagten, dem wichtigsten Mann der Welt nahe.“
(vatican news)
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