Die Papst-Ansprache bei der Meditation zum Start der Weltsynode
Liebe Brüder und Schwestern,
danke, dass ihr hier seid zur Eröffnung der Synode. Von so vielen Wegen und Kirchen seid ihr gekommen; jeder von euch trägt in seinem Herzen Fragen und Hoffnungen, und ich bin sicher, dass der Geist uns führen und uns die Gnade geben wird, gemeinsam voranzuschreiten, einander zuzuhören und eine Unterscheidung in unserer Zeit zu beginnen, und mit den Problemen und Wünschen der Menschheit solidarisch zu werden. Ich betone, dass die Synode kein Parlament ist, dass die Synode keine Meinungsumfrage ist; die Synode ist ein kirchliches Ereignis und der Protagonist der Synode ist der Heilige Geist. Ohne den Heiligen Geist gibt es keine Synode.
Begehen wir diese Synode im Geiste jenes Gebetes, das Jesus für die Seinen an den Vater richtete: »Alle sollen eins sein« (Joh 17,21). Dazu sind wir gerufen: zur Einheit, zur Gemeinschaft, zur Geschwisterlichkeit, die entsteht, wenn wir uns von der einen Liebe Gottes umarmt fühlen. Das gilt unterschiedslos für alle, besonders für uns Hirten, wie der heilige Cyprian schrieb: »Diese Einheit müssen wir unerschütterlich festhalten und verteidigen, vor allem wir Bischöfe, die wir in der Kirche den Vorsitz haben, damit wir auch das Bischofsamt selbst als ein einziges und ungeteiltes erweisen« (De Ecclesiae Catholicae Unitate, 5). Lasst uns also als das eine Volk Gottes gemeinsam unterwegs sein, um die Erfahrung einer Kirche zu machen, die die Gabe der Einheit empfängt und lebt und sich der Stimme des Geistes öffnet.
Die Schlüsselworte der Synode sind drei: Gemeinschaft, Partizipation und Mission. Gemeinschaft und Mission sind theologische Ausdrücke, die das Geheimnis der Kirche bezeichnen und die es wert sind, dass sie sich immer wieder ins Gedächtnis ruft. Das Zweite Vatikanische Konzil hat deutlich gemacht, dass die Gemeinschaft das Wesen der Kirche selbst zum Ausdruck bringt, und gleichzeitig bekräftigt, dass die Kirche die Sendung erhalten hat, »das Reich Christi und Gottes anzukündigen und in allen Völkern zu begründen. So stellt sie Keim und Anfang dieses Reiches auf Erden dar« (Lumen gentium, 5). Mit diesen beiden Worten betrachtet und imitiert die Kirche das Leben der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, die ad intra Geheimnis der Gemeinschaft und ad extra Ursprung der Mission ist. Nach einer Zeit lehrmäßigen, theologischen und pastoralen Nachdenkens, die die Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils kennzeichneten, wollte Paul VI. »die vom Konzil verkündeten Hauptlinien« in eben diesen beiden Worten – Gemeinschaft und Mission – zusammenfassen. Im Gedenken an die Eröffnung des Konzils sagte er, die Grundlinien seien »die Gemeinschaft, das heißt der Zusammenhalt und die innere Fülle in Gnade, Wahrheit und Zusammenarbeit [...] und die Sendung, das heißt der apostolische Einsatz in der Welt von heute« (Angelus, 11. Oktober 1970), was etwas anderes ist als Proselytismus.
Zum Abschluss der Synode von 1985, zwanzig Jahre nach Abschluss des Konzils, wollte Johannes Paul II. noch einmal darauf hinweisen, dass das Wesen der Kirche die koinonia ist: Aus ihr ergibt sich die Sendung, Zeichen der innigen Vereinigung der Menschheitsfamilie mit Gott zu sein. Und er fügte hinzu: »Deshalb ist es angebracht, dass in der Kirche ordentliche und – falls erforderlich – auch außerordentliche Synoden abgehalten werden«, die, um Früchte zu bringen, gut vorbereitet sein müssen: »d.h. es wäre sinnvoll, wenn in den Ortskirchen die Vorbereitungsarbeiten unter Beteiligung aller erfolgten (Ansprache bei der Schlussversammlung der Zweiten Außerordentlichen Bischofssynode, 7. Dezember 1985). Hier erscheint also das dritte Wort: Partizipation. Die Begriffe Gemeinschaft und Mission laufen Gefahr, ein wenig abstrakt zu bleiben, wenn man nicht eine kirchliche Praxis pflegt, die die Konkretheit der Synodalität in jedem Schritt des Weges und des Vorgehens zum Ausdruck bringt und die wirkliche Beteiligung eines jeden Einzelnen fördert. Ich möchte sagen, dass die Feier einer Synode immer schön und wichtig ist, aber sie ist erst dann wirklich fruchtbar, wenn sie zu einem lebendigen Ausdruck des Kircheseins wird, zu einem Handeln, das von echter Beteiligung geprägt ist.
Und das ist so, nicht aus Gründen des Stils, sondern des Glaubens. Die Teilnahme ergibt sich notwendig aus dem Glauben an die Taufe. Wie der Apostel Paulus sagt: »Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen« (1 Kor 12,13). Im Leib der Kirche nimmt alles hier seinen Ausgang – in der Taufe. Aus der Taufe, unserer Lebensquelle, leitet sich die gleiche Würde der Kinder Gottes ab, wenn auch in der Verschiedenheit der Ämter und Charismen. Deshalb sind alle aufgerufen, am Leben der Kirche und ihrer Sendung teilzunehmen. Wenn nicht das ganze Volk Gottes wirklich daran teilnimmt, besteht die Gefahr, dass die Rede von der Gemeinschaft nur eine fromme Absicht ist. Wir haben in diesem Bereich Fortschritte gemacht, aber es ist noch etwas mühsam, und wir können nicht umhin, das Unbehagen und das Leid vieler pastoraler Mitarbeiter, der partizipativen Organe in den Diözesen und Pfarreien, der Frauen, die oft noch am Rande stehen, zu registrieren. Die Teilnahme aller ist eine wesentliche kirchliche Verpflichtung! Aller Getauften. Das ist der Personalausweis: die Taufe.
Die Synode bietet uns zwar eine große Chance für eine pastorale Umkehr in einem missionarischen und auch ökumenischen Sinne, ist aber nicht frei von gewissen Risiken. Ich möchte drei von ihnen nennen. Die erste ist die des Formalismus. Man kann eine Synode auf ein außergewöhnliches, aber doch äußerliches Ereignis reduzieren, so als würde man eine schöne Kirchenfassade betrachten, ohne jemals einen Fuß in die Kirche hineinzusetzen. Die Synode hingegen ist ein Weg echter geistlicher Unterscheidung, den wir nicht beschreiten, um ein gutes Bild von uns selbst abzugeben, sondern um besser am Werk Gottes in der Geschichte mitzuwirken. Wenn wir also von einer synodalen Kirche sprechen, dürfen wir uns nicht mit der Form zufriedengeben, sondern brauchen auch Substanz, Instrumente und Strukturen, die den Dialog und die Interaktion innerhalb des Gottesvolkes fördern, insbesondere zwischen Priestern und Laien. Warum betone ich das? Weil es im Priesterstand manchmal ein gewisses elitäres Gehabe gibt, das ihn von den Laien trennt; und der Priester ist am Ende der „Herr im Haus“ und nicht der Hirte einer Kirche, die als Ganze voranschreitet. Dies erfordert eine Veränderung bestimmter „von oben herab“ gerichteter, verzerrter und einseitiger Vorstellungen von der Kirche, dem priesterlichen Dienst, der Rolle der Laien, der kirchlichen Verantwortung, der Leitungsfunktion usw.
Ein zweites Risiko ist das des Intellektualismus – der Abstraktion, d.h. die Wirklichkeit geht in eine Richtung und unsere Gedanken gehen ganz woanders hin: das macht die Synode zu einer Art Studiengruppe mit gelehrten, aber abstrakten Vorträgen über die Probleme der Kirche und die Übel der Welt; eine Form von Redeüberfluss, wo man auf oberflächliche und weltliche Weise vorgeht, um schließlich den üblichen sterilen ideologischen und parteilichen Einteilungen zu verfallen und sich dabei von der Wirklichkeit des heiligen Volkes Gottes zu lösen, vom konkreten Leben der über die Welt verteilten Gemeinschaften.
Schließlich kann es die Versuchung der Immobilität geben: Da »es immer so gemacht wurde« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 33) – dieses Wort ist ein Gift im Leben der Kirche, „so hat man das immer schon gemacht“ –, ändert man besser nichts. Wer sich in diesem Horizont bewegt, gerät, auch ohne es zu bemerken, in den Irrtum, die Zeit nicht ernst zu nehmen, in der wir leben. Das Risiko besteht, dass am Ende alte Lösungen für neue Probleme angewendet werden: ein Zusammenflicken mit neuem Stoff, woraus am Ende ein noch schlimmerer Riss entsteht (vgl. Mt 9,16). Daher ist es wichtig, dass der Synodale Weg wirklich ein solcher ist, dass er ein Prozess im Entstehen ist; er möge von unten ausgehen und in verschiedenen Phasen die Ortskirchen in eine leidenschaftliche und konkrete Arbeit einbeziehen, die einen Stil der Gemeinschaft und der Partizipation prägt, der auf die Mission ausgerichtet ist.
Leben wir also diese Gelegenheit der Begegnung, des Zuhörens und der Reflexion als eine Zeit der Gnade, Brüder und Schwestern, eine Zeit der Gnade, die uns in der Freude des Evangeliums ermöglichen möge, wenigstens drei Chancen zu nutzen. Die erste besteht darin, uns nicht nur gelegentlich, sondern strukturell auf den Weg hin zu einer synodalen Kirche zu machen: ein offener Ort, wo sich alle zu Hause fühlen und teilhaben können. Die Synode bietet uns sodann die Chance, eine hörende Kirche zu werden: eine Pause von unseren Abläufen einzulegen, unsere pastoralen Ängste abzustellen, um beim Zuhören zu verweilen: in der Anbetung und im Gebet auf den Geist zu hören. Wie sehr fehlt uns heute die Anbetung! Viele haben sie sich nicht nur abgewöhnt, sondern wissen gar nicht mehr, was „anbeten“ bedeutet. Auch die Brüder und Schwestern in den Hoffnungen und in den Glaubenskrisen der verschiedenen Regionen der Welt anhören, was die dringlichen Fragen der Erneuerung des pastoralen Lebens betrifft und die Zeichen, die von der Wirklichkeit vor Ort ausgehen. Schließlich haben wir die Chance, eine Kirche der Nähe zu werden. Kehren wir immer zum Stil Gottes zurück: Der Stil Gottes ist Nähe, Mitleid und Zärtlichkeit. Gott hat immer auf diese Weise gewirkt. Wenn wir nicht mit einer Haltung von Mitgefühl und Zärtlichkeit dahinkommen, eine solche Kirche der Nähe zu werden, sind wir nicht die Kirche des Herrn. Und dies darf nicht nur mit Worten geschehen, sondern durch Präsenz, so dass sich stärkere Bande der Freundschaft mit der Gesellschaft und der Welt bilden: eine Kirche, die sich nicht vom Leben trennt, sondern sich der Zerbrechlichkeit und Armut unserer Zeit annimmt, um die Wunden zu behandeln und die niedergeschlagenen Herzen mit dem Balsam Gottes wiederherzustellen. Vergessen wir nicht den Stil Gottes, der uns dabei helfen muss: Nähe, Mitleid und Zärtlichkeit.
Liebe Brüder und Schwestern, diese Synode möge eine Zeit sein, die vom Geist erfüllt ist! Denn wir bedürfen des Geistes, des immer neuen Atems Gottes, der von jeder Verschließung befreit, das Tote wiederbelebt, die Ketten löst, die Freude verbreitet. Der Heilige Geist ist derjenige, der uns dorthin führt, wohin Gott will und nicht wohin uns unsere Ideen und unsere persönlichen Vorlieben bringen würden. Pater Congar – Gott habe ihn selig – erinnerte daran: »Man muss nicht eine andere Kirche machen, man muss eine Kirche machen, die verschieden ist« (Vraie et fausse réforme dans l'Église, Paris 1950). Darin besteht die Herausforderung. Rufen wir inständiger und häufiger den Geist um eine Kirche an, »die verschieden ist«, die für die Neuheit offen ist, die Gott ihr eingeben will, und hören wir ihm demütig zu, gehen wir zusammen folgsam und mutig, wie er, der Schöpfer der Gemeinschaft und der Mission, es wünscht.
Komm, Heiliger Geist, der du neue Sprachen erweckst und Worte des Lebens auf die Lippen legst, bewahre uns davor, eine museale Kirche zu werden, die schön, aber stumm ist, die viel Vergangenheit, aber wenig Zukunft besitzt. Komm unter uns, auf dass wir uns in der synodalen Erfahrung nicht von Ernüchterung überwältigen lassen, die Prophetie nicht verwässern, nicht darin enden, alles auf unfruchtbare Diskussionen zu reduzieren. Komm, Heiliger Geist der Liebe, öffne unsere Herzen für das Hören. Komm, Geist der Heiligkeit, erneuere das heilige und gläubige Volk Gottes. Komm, Schöpfer Geist, erneure das Angesicht der Erde. Amen.
(vatican news -mg)
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