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Papst betet mit Migranten: Den Kleinen offenbart Gott sein Reich

Bei seinem letzten öffentlichen Termin auf Zypern hat Papst Franziskus am Freitagnachmittag mit Migranten in der Pfarrkirche des Heiligen Kreuzes in Nikosia gebetet. Es war eine ökumenische Geste, bei der sich Franziskus dankbar für diesen Austausch zeigte.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Den Kleinen offenbart Gott sein Reich, betonte der Papst in seiner Ansprache, die er nach dem Zeugnis mehrerer Flüchtlinge hielt, die in der Pfarreikirche zum Heiligen Kreuz in Nikosia vortrugen. Franziskus dankte den beiden Patriarchen im Heiligen Land Pierbattista Pizzaballa und Kardinal Béchara Raï sowie den Caritas-Verantwortlichen, die dieses ökumenische Gebetstreffen auf Zypern ermöglicht haben.

Im gemeinsamen Gebet heißt es: „Wir bitten dich, hilf uns, unsere Differenzen beiseite zu legen und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren: das Anliegen deines Sohnes Jesus Christus". Und weiter: „Möge der Besuch von Papst Franziskus uns darin bestärken, den Herrn zu lieben und ihm zu dienen und den Namen Christi freudig allen Menschen zu verkünden, denen wir begegnen, indem wir „einander im Glauben trösten. Amen."

Zum Nachhören - was der Papst an die Migranten auf Zypern sagte

Der Papst reagierte auf die einzelnen Zeugnisse der Flüchtlinge und sagte in seiner Ansprache: „Nachdem wir euch zugehört haben, verstehen wir besser die ganze prophetische Kraft des Wortes Gottes, das durch den Apostel Paulus spricht.“ Damit bezog sich der Papst auf die Paulus-Worte über das Sein des Gläubigen. Man sei als Christ niemals ein Fremder, sondern immer ein „Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“. Das sei die Prophezeiung der Kirche: eine Gemeinschaft, die - bei allen menschlichen Grenzen - den Traum Gottes verkörpere.

Der Papst und die Vertreterin der Caritas
Der Papst und die Vertreterin der Caritas

„Denn auch Gott träumt, so wie du, Mariamie, die du aus der Demokratischen Republik Kongo kommst und dich als ,voller Träume' bezeichnet hast“, richtete sich der Papst direkt an eine Frau, die wie andere Flüchtlinge zuvor gesprochen hatte. „Wie du träumt auch Gott von einer Welt des Friedens, in der seine Kinder als Brüder und Schwestern leben“, fügte der Papst an.

Migranten halten uns den Spiegel vor

„Wir sollten uns nicht vor den Unterschieden zwischen uns fürchten, sondern vor unseren Verschlossenheiten und Vorurteilen, die uns daran hindern, uns wirklich zu begegnen und gemeinsam zu gehen.“

Weitere Flüchtlinge, die ihre Geschichten mit den Teilnehmern und dem Papst teilten, stammten aus Sri Lanka, Irak und Kamerun. „Eure Anwesenheit, liebe Brüder und Schwestern Migranten, ist für diese ökumenische Feier von großer Bedeutung", unterstrich der Papst: „Eure Zeugnisse sind wie ein ,Spiegel' für uns, die christlichen Gemeinschaften."

Wenn sich der Flüchtling Rozh aus dem Irak etwa selbst als „Mensch auf der Reise“ bezeichne, griff der Papst ein weiteres Flüchtlingszeugnis auf, erinnere dies uns daran, „dass auch wir eine Gemeinschaft auf einer Reise sind, wir sind auf dem Weg vom Konflikt zur Gemeinschaft". 

Auf diesem Weg, der lang und voller Höhen und Tiefen sei, sollten wir uns nicht vor den Unterschieden zwischen uns fürchten, fuhr Franziskus fort. Vielmehr gehe es jetzt darum, uns von unseren Verschlossenheiten und Vorurteilen zu befreien, um uns wirklich zu begegnen und gemeinsam zu gehen.

Der Papst und die Migranten in Nikosia beim gemeinsamen Gebet
Der Papst und die Migranten in Nikosia beim gemeinsamen Gebet

Werkstätte der Geschwisterlichkeit

„Keine Fremde mehr, sondern nur Mitbürger“

Gott spreche durch die Träume der Menschen – auch und gerade der Migranten - zu uns, hob der Papst hervor. „Er ruft auch uns auf, uns nicht mit einer gespaltenen Welt und einer gespaltenen Kirche abzufinden, sondern durch die Geschichte zu gehen, angezogen von Gottes Traum: eine Menschheit ohne trennende Wände, befreit von Feindschaft, keine Fremde mehr, sondern nur Mitbürger“, sagte der Papst. Natürlich sei jede und jeder verschieden und müsse stolz auf die eigenen Eigenheiten sein, „die ein Geschenk Gottes sind, aber versöhnte Mitbürger“, fügte er an.

„Möge diese Insel, die von einer schmerzlichen Spaltung gezeichnet ist, mit Gottes Gnade zu einer Werkstätte der Geschwisterlichkeit werden“, so sein Wunsch. Dies könne aber nur unter zwei Bedingungen so sein, so Franziskus: Die erste sei die tatsächliche Anerkennung der Würde jeder menschlichen Person; die zweite Bedingung sei die vertrauensvolle Offenheit gegenüber Gott, dem Vater aller.

Wie die KZ-Lagern

Am Schluss seiner Rede fügte er noch abweichend vom Redemanuskipt einige Gedanken an und bat um Verzeihung, wenn er die Dinge beim Namen nenne, aber er könne nicht schweigen vor den Drahtzäunen, die auch jene Zäune seien, die viele Herzen umgeben. Er erinnerte abermals an die Toten im Mittelmeer, die es bei der Überfahrt nicht geschafft hätten. Man müsse zwar auch Verständnis für die möglichen Aufnahmenzahlen haben, räumte der Papst ein. Aber trotzdem sei es wichtig, so gut wie möglich den Hilfesuchenden beizustehen.

Auch erinnert er sich an das Drama der Ablehnungen und Inhaftierungen. Und wieder einmal sagt er, dass das, was heute geschehe, sich nicht von dem unterscheide, was in den Lagern des letzten Jahrhunderts geschah. „Es ist meine Aufgabe, dazu beizutragen, die Augen zu öffnen“, sagte er. Es sei der Krieg der Gegenwart, über den wir nicht schweigen dürften. Und dann sprach er von den „Stacheldrähten“, die den Flüchtling, der um Hilfe und Brüderlichkeit bittet, nicht hereinlassen, und der „mit einem Hass namens Stacheldraht konfrontiert wird“.

(vatican news)

Der Papst und die Migranten in Nikosia beim gemeinsamen Gebet
Der Papst und die Migranten in Nikosia beim gemeinsamen Gebet

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03. Dezember 2021, 15:32