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Zypern: Papst wirbt für „geschwisterlichen“ Umgang unter Christen

„Χαίρετε“ und „Efcharistó“: Bei seinem ersten Termin auf der Insel Zypern sagte Papst Franziskus sogar zwei Worte auf Griechisch, nämlich „Seid gegrüßt“ und „Danke“.

In beiden Worten steckt schon ganz viel Christentum: Das erste entspricht dem Gruß des Engels an Maria bei der Verkündigung der Geburt Jesu, das zweite ist mit dem Begriff Eucharistie verwandt. Als hätte es noch eines Hinweises darauf bedurft, dass der Papst auf der „Insel der Aphrodite“ eine Kirche mit Ursprüngen in apostolischer Zeit besuchte.

Der Papst, der am Donnerstagmorgen aus Rom aufgebrochen und nach drei Stunden Flug auf der drittgrößten Insel im Mittelmeer gelandet war, traf in der maronitischen Kathedrale der Hauptstadt Nikosia Vertreter der katholischen Kirche Zyperns. Dazu waren eigens zwei Verantwortliche aus dem Orient angereist, nämlich der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pizzaballa, und der maronitische Patriarch von Beirut, Raï.

Teilung Zyperns: „Eine Nacht, die 47 Jahre dauern sollte“

Es waren allerdings zwei Ordensfrauen, die den Gast aus Rom ein wenig in die Realität der Kirche auf Zypern einführten. Eine Franziskanerin berichtete ihm, dass es drei katholische Schulen auf Zypern gebe; zwei davon seien offen für Kinder und Jugendliche „aller Ethnien, Mentalitäten, Kulturen und Religionen“, stellten also „wahrhaft ökumenische Begegnungsstätten ohne jegliche Diskriminierung“ dar.

„In der jüngeren Vergangenheit gab es noch drei weitere Schulen, die wir leider nach dem Einmarsch der türkischen Truppen 1974 aufgeben mussten. Einige unserer älteren Schwestern erzählen noch heute voller Trauer, wie sie damals fliehen mussten, um ihr Leben zu retten. Sie dachten, sie würden nur eine Nacht weg sein und am nächsten Tag zurückkehren - aber es war eine Nacht, die 47 Jahre dauern sollte...“

Eine Gastarbeiter-Kirche

Das Jahr 1974 habe „eine dramatische Wende“ bedeutet in der jahrhundertelangen friedlichen Koexistenz zwischen der christlichen griechisch-zyprischen und der muslimisch-türkischen Bevölkerung Zyperns. Nicht nur politisch und wirtschaftlich, auch in pastoraler Hinsicht sei die Teilung der Insel ein Drama. Katholische Familien seien jetzt „überall verstreut“; außerdem mache „wie in vielen Ländern Europas“ auch die Säkularisierung der Kirche zu schaffen.

Zum Nachhören: Papst Franziskus trifft auf Zypern Priester, Ordensleute und engagierte Katholiken

Eine weitere Ordensfrau erzählte von der Arbeit für Gastarbeiter, die oft unter „nicht gezahlten Löhnen, übermäßig langer Arbeitszeit, verbalen und körperlichen Misshandlungen“ litten. Im mehrheitlich orthodoxen Zypern leben nur noch ungefähr tausend einheimische Katholiken; die meisten Katholiken auf der Insel sind Ausländer, häufig Gastarbeiter aus Osteuropa, Südost-Asien und Lateinamerika.

Papst: „Ich mache mir große Sorgen um den Libanon“

„Wenn ich euch anschaue, sehe ich den Reichtum eurer Vielfalt“, sagte Franziskus – und nutzte die Tatsache, dass er hier in einer maronitischen Kirche war und dass die meisten Maroniten im Libanon leben, gleich für einen Appell. „Mir macht die Krise, in der sich das Land befindet, große Sorgen, und ich spüre das Leid eines Volkes, das erschöpft und von Gewalt und Schmerz geprüft ist. In meine Gebete lege ich den Wunsch nach Frieden, der aus dem Herzen dieses Landes aufsteigt, mit hinein.“

Die „lateinische“ Kirche nannte Franziskus, „dank der Anwesenheit so vieler Brüder und Schwestern mit Migrationshintergrund“, ein „vielfarbiges Volk“.

„Vielfarbiges Volk“

„Diese Gestalt der Kirche spiegelt die Rolle Zyperns auf dem europäischen Kontinent wider: es ist ein Land mit goldenen Feldern, eine Insel, die von den Wellen des Meeres umspült wird, vor allem aber ist sie geschichtlich ein Geflecht von Völkern und ein Mosaik von Begegnungen. So ist auch die Kirche: katholisch, d.h. universal, ein offener Raum, in dem alle willkommen sind und wo alle Gottes Barmherzigkeit und die Einladung zum Lieben erreicht. In der katholischen Kirche gibt es keine Mauern und soll es keine Mauern geben: Sie ist ein gemeinsames Haus, sie ist ein Ort der Beziehung, sie ist ein Zusammenleben der Vielfalt.“

„Wir brauchen eine geduldige Kirche“

Angesichts der vielen Herausforderungen und Schwierigkeiten, denen sie auf Zypern gegenübersteht, riet Papst Franziskus den Katholiken zu Geduld. „Wir brauchen eine geduldige Kirche. Eine Kirche, die sich von Veränderungen nicht erschüttern und stören lässt, sondern das Neue gelassen aufnimmt und die Gegebenheiten im Licht des Evangeliums erwägt.“

Das sei auch „eine wichtige Botschaft für die Kirche in ganz Europa“, die von einer „Glaubenskrise“ gezeichnet sei: „Es nützt nichts, impulsiv und aggressiv, nostalgisch oder klagend zu reagieren, sondern es ist gut, vorwärts zu gehen und die Zeichen der Zeit und auch die Zeichen der Krise zu lesen. Wir müssen wieder anfangen, geduldig das Evangelium zu verkünden, vor allem gegenüber den jungen Generationen.“

„Denken wir immer daran: Man diskutiert nicht, um sich zu bekriegen“

Auch „Geschwisterlichkeit“ sei für die Kirche wichtig, so der Papst. „Über unterschiedliche Sichtweisen, Wahrnehmungen und Ideen kann man diskutieren. Und in manchen Fällen hilft es, sich die Dinge offen ins Gesicht zu sagen, es ist eine Chance für Wachstum und Veränderung. Aber denken wir immer daran: Man diskutiert nicht, um sich zu bekriegen, nicht, um sich durchzusetzen, sondern um die Lebendigkeit des Geistes, der Liebe und Gemeinschaft ist, zum Ausdruck zu bringen und zu erfahren. Man diskutiert, aber man bleibt einander Bruder oder Schwester.“

Mauern niederreißen: Ein Papst-Appell in Europas letzter geteilter Hauptstadt

Er hoffe, dass Zyperns Katholiken mit einer Haltung der Geschwisterlichkeit (auch gegenüber Migranten) ganz Europa daran erinnern könnten, „dass man zusammenarbeiten, Spaltungen überwinden, Mauern niederreißen und den Traum von der Einheit pflegen muss“. Ein Wunsch, den der Papst wohl nicht zufällig in der letzten geteilten Hauptstadt des europäischen Kontinents vorgebracht hat.

(vatican news – sk)

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02. Dezember 2021, 15:58