Papst zu Ehenichtigkeitsverfahren: Zuhören und unterscheiden
Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
„Zunächst bedeutet Synodalität gemeinsam zu gehen. Es geht darum, verdrehte Ansichten bei Eheverfahren zu überwinden, wie etwa, dass es bei ihnen um rein subjektive Interessen gehe. Stattdessen muss erkannt werden, dass alle am Verfahren Beteiligten gerufen sind, das gemeinsame Ziel zu erreichen: Nämlich die Wahrheit über die konkrete Verbindung zwischen Mann und Frau ans Licht zu bringen und herauszufinden, ob zwischen ihnen eine echte Ehe besteht, oder nicht."
Papst Franziskus betonte in diesem Zusammenhang, dass es bei Ehekrisen keinesfalls darum gehen dürfe, eine Nichtigkeitserklärung als „einziges Ziel" zu haben. Vielmehr müssten Versöhnung und das Heilen der Wunden im Zentrum stehen. Ganz wichtig sei auch, dass die Suche nach der Wahrheit jeden einzelnen Schritt des Gerichtsprozesses leiten müsse. Papst Franziskus verwies hier auch auf die besondere Rolle der Bischöfe bei den Verfahren:
„Diesem ,ministerium veritatis` (Dienst an der Wahrheit) kommt besondere Bedeutung zu, wenn die Bischöfe selbst, insbesondere in den kürzeren Prozessen, als Richter tätig werden oder ihre Verantwortung gegenüber den eigenen Gerichten wahrnehmen und auch so ihre väterliche Sorge für die Gläubigen zeigen."
Zuhören und Unterscheiden
Als ebenfalls wichtigen Aspekt der Synodalität, der auch bei Ehenichtigkeitsverfahren nicht vergessen werden dürfe, nannte Papst Franziskus bei seiner Rota-Rede das Zuhören:
„Synodalität bei den Verfahren bedeutet auch, sich ständig im Zuhören zu üben. Auch in diesem Bereich muss gelernt werden, wie Zuhören geht, es ist mehr als nur Hören. Es geht darum, die Sichtweisen und Gedankengänge des anderen nachzuvollziehen, sich quasi in den anderen hineinzuversetzen. So, wie auch in anderen Seelsorgebereichen, sollte auch die Rechtsprechung eine Kultur des Zuhörens fördern, die Voraussetzung für eine Kultur der Begegnung ist."
Dies alles erfordere übrigens Zeit und Geduld, sowie eine „väterliche Seelsorge". Der Papst warnte zudem vor einer rein autoreferentiellen Sicht auf das Recht. Dieses müsse vielmehr immer der Suche nach der Wahrheit, der Gerechtigkeit und der Nächstenliebe dienen. Bei der Wahrheitsfindung ist für Papst Franziskus auch noch ein weiterer Aspekt des synodalen Vorgehens unerlässlich: Das discernimento, die Unterscheidung:
Das Gebet nicht vergessen
„Ein weiterer Aspekt der Synodalität, der auch bei Ehenichtigkeitsverfahren zum tragen kommt, ist die Unterscheidung. Synode heißt ja nicht nur Meinungsumfrage, es ist keine Untersuchung, bei der alles was gesagt wird gleich gewichtet ist: nach dem Motto: ,ok, es gilt was Du, Du, Du... sagst.`Nein! Was einer sagt, das mus unterschieden werden. Es braucht hier ein discernimento, eine Unterscheidung, die basiert auf dem gemeinsamen Vorangehen und auf dem Zuhören. So dass es möglich ist, die konkrete eheliche Situation im Licht des Wortes Gottes und der Lehren der Kirche zu lesen."
Papst Franziskus gab den Eherichtern der Rota zudem mit, auch das Gebet nicht zu vergessen. Es sei wichtig, sich immer vom Gebet begleiten zu lassen. Das Gebet, das Gespräch mit Gott, müsse stets an erster Stelle stehen, mahnte er. Auch wenn vielleicht im Alltag viel anstehe, dürfe das Gebet nicht vergessen werden. Gerade für Richter sei das Gebet unerlässlich, sie sollten sogar noch mehr als andere beten, so Franziskus.
(vatican news - sst)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.