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Wortlaut: Die Ansprache von Papst Franziskus beim Angelus

Lesen Sie hier die Katechese von Papst Franziskus beim Angelusgebet an diesem Sonntag in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan.

Die offizielle Übersetzung mit allen spontanen Einschüben finden Sie wie immer in Kürze auf www.vatican.va.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

In der heutigen Liturgie berichtet das Evangelium von der ersten Predigt Jesu in seinem Heimatort Nazareth. Das Ergebnis ist bitter: Anstatt Anerkennung zu erhalten, stößt Jesus auf Unverständnis und Feindseligkeit (vgl. Lk 4,21-30). Die Dorfbewohner wollten keine Worte der Wahrheit, sondern Wunder, wunderbare Zeichen. Der Herr führt sie nicht aus, und so lehnen sie ihn ab, weil sie meinen, ihn bereits zu kennen: Er ist doch der Sohn Josephs (vgl. V. 22). So spricht Jesus einen Satz aus, der für immer sprichwörtlich geworden ist: Kein Prophet ist in seinem eigenen Land anerkannt (V. 24).

Diese Worte zeigen, dass das Scheitern für Jesus nicht völlig unerwartet kam. Er kannte seine Leute, er kannte ihr Herz, er kannte das Risiko, das er einging und rechnete mit Ablehnung. Wir können uns also fragen: Warum geht er, wenn er das Scheitern voraussieht, trotzdem in seine Heimatstadt? Warum? Warum sollte man Menschen etwas Gutes tun, die nicht bereit sind, einen zu akzeptieren?

Das ist eine Frage, die auch wir uns oft stellen. Aber es ist eine Frage, die uns hilft, Gott besser zu verstehen. Angesichts unserer Verschlossenheit zieht er sich nicht zurück: Er bremst seine Liebe nicht... Dies spiegelt sich auch in den Eltern wider, die sich der Undankbarkeit ihrer Kinder bewusst sind, aber nicht aufhören, sie zu lieben und ihnen Gutes zu tun. Gott ist genauso, aber auf einer viel höheren Ebene. Und auch heute lädt er uns ein, an das Gute zu glauben und nichts unversucht zu lassen, um Gutes zu tun.

„Sie waren nicht aufnahmebereit. Sind wir es?“

In dem, was in Nazareth geschah, finden wir jedoch noch etwas anderes: Die Feindseligkeit der Seinen gegenüber Jesus provoziert uns: Sie waren nicht aufnahmebereit. Sind wir es? Um dies zu überprüfen, sollten wir uns die Modelle der Aufnahme ansehen, die Jesus heute vorschlägt... Es sind zwei Ausländer: eine Witwe aus Sarepta in Sidon und Naaman, der Syrer. Beide begrüßten die Propheten: der erste Elia, der zweite Elischa. Aber es war kein einfacher Empfang, es gab viele Prüfungen. Die Witwe nahm Elia trotz der Hungersnot und trotz der Verfolgung des Propheten auf (vgl. 1 Könige 17,7-16). Er war ein politisch-religiös Verfolgter. Naaman hingegen, obwohl er ein Mensch höchsten Ranges war, nahm die Bitte des Propheten Elischa an, die ihn dazu brachte, sich zu demütigen und sieben Mal in einem Fluss zu baden (vgl. 2 Könige 5, 1-14)...

Die Witwe und Naaman, kurz gesagt, akzeptierten aus Bereitschaft und Demut. Man nimmt Gott immer dadurch auf, dass man bereit für ihn ist, und durch Demut. Hier kommt der Glaube durch: Bereitschaft und Demut. Die Witwe und Naaman lehnten die Wege Gottes und seiner Propheten nicht ab; sie waren fügsam, nicht starr und verschlossen.

„Jesus bittet uns, ihn in der alltäglichen Realität anzunehmen, in der wir leben“

Liebe Brüder und Schwestern, auch Jesus geht den Weg der Propheten: Er stellt sich so dar, wie wir es nicht von ihm erwarten würden. Er wird nicht von denen gefunden, die nach Wundern, neuen Sensationen, einem Glauben, der aus Macht und äußeren Zeichen besteht, suchen... Er wird stattdessen von denen gefunden, die seine Wege und seine Herausforderungen akzeptieren, ohne Beschwerden, ohne Misstrauen, ohne Kritik und lange Gesichter. Mit anderen Worten: Jesus bittet uns, ihn in der alltäglichen Realität anzunehmen, in der wir leben; in der Kirche von heute, so wie sie ist; in den Menschen, die uns jeden Tag nahekommen...; in der Realität der Bedürftigen, in den Problemen deiner Familie... Gott dort aufnehmen. Er ist dort und lädt uns ein, uns im Fluss der Verfügbarkeit und in vielen gesunden Bädern der Demut zu reinigen. Wir brauchen Demut, um Gott zu treffen - uns von ihm treffen zu lassen.

Sind wir aufnahmebereit, oder ähneln wir seinen Landsleuten, die glaubten, alles über ihn zu wissen? ... Vielleicht denken wir nach so vielen Jahren als Gläubige, dass wir den Herrn gut kennen, mit unseren eigenen Vorstellungen und Urteilen. Die Gefahr besteht darin, dass wir uns an Jesus gewöhnen, dass wir uns seinen Neuerungen verschließen ... Wir dürfen nicht zu festgelegt sein auf unsere Positionen. Stattdessen bittet der Herr um einen offenen Geist und ein einfaches Herz... Der Herr überrascht uns immer - das ist das Schöne an der Begegnung mit Jesus!

Möge die Gottesmutter, das Vorbild der Demut und der Verfügbarkeit, uns den Weg zeigen, um Jesus aufzunehmen.

(vatican news - werner demmel/sk)
 

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30. Januar 2022, 12:09