Franziskus: „Wir mögen Kriege, und das ist tragisch“
„Immer noch wehen bedrohliche Winde über die Steppen Osteuropas, die die Lunten und die Flammen der Waffen entzünden und die Herzen der Armen und der Schuldlosen erstarren lassen, die nichts zählen“, sagte Franziskus. Zuvor hatte schon Kardinal Leonardo Sandri, der Präfekt der Ostkirchenkongregation, mit Blick auf die Ukraine einen Friedensappell lanciert. Er zitierte den Friedenspapst Benedikt XV. mit der rhetorischen Frage, ob denn Europa, „fast überwältigt von einem weltweiten Wahnsinn, auf einen echten Selbstmord“ zusteuere, wie Benedikt inmitten des Ersten Weltkriegs an die kriegsführenden Nationen geschrieben hatte.
„Wir hatten gehofft, dass es im dritten Jahrtausend nicht mehr nötig sein würde, solche Worte zu wiederholen“, so Papst Franziskus in der Audienz. Benedikt XV. habe die Unmenschlichkeit des Krieges als „sinnloses Gemetzel“ angeprangert, doch seine Warnungen seien ungehört verhallt, ebenso wie der Appell von Johannes Paul II. zur Abwendung des Irak-Konflikts von 2003. Heute sei es nicht viel anders.
„Wir mögen Kriege, und das ist tragisch“, hielt Franziskus fest. „Die Menschheit, die sich rühmt, in der Wissenschaft, im Denken und in so vielen schönen Dingen führend zu sein, hinkt beim Schaffen von Frieden hinterher. Sie ist ein Meister im Kriegführen. Und dafür schämen wir uns alle. Wir müssen beten und um Vergebung für diese Haltung bitten.“
Franziskus erwähnte die blutigen Konflikte im Nahen Osten, in Syrien und im Irak, in der äthiopischen Region Tigray und das „Drama im Libanon“, in dem viele hungern und auswandern. Dabei sei der Libanon das Mutterland der katholischen Ostkirchen. Seit Jahrzehnten schon seien viele Christen des Orients ausgewandert, fuhr der Papst fort. So gebe es längst ostkirchliche Strukturen in Nord- und Südamerika, Europa und Ozeanien.
Liturgie und Einheit
Franziskus kam in der Audienz für die Ostkirchenkongregation auf die einigende Kraft des Gottesdienstes zu sprechen. Liturgie, das sei etwas, mit dem der „Lehm unseres Menschseins sich formen“ lasse. Im Mittelpunkt dabei stünden nicht irgendwelche Meinungen, sondern das Wort Gottes und die Feier des auferstandenen Herrn. Franziskus schwenkte hier auf seine Vorstellungen von Synode ein, die, wie er wiederholte, „kein Parlament“ ist. „Es geht nicht darum, verschiedene Meinungen mitzuteilen und dann eine Synthese oder eine Abstimmung zu machen, nein, der synodale Prozess ist ein gemeinsamer Weg unter der Führung des Heiligen Geistes, und Sie haben in Ihren Kirchen Synoden, alte synodale Traditionen, und Sie sind Zeugen dafür. Diese Erfahrung ist, das habe ich schon einmal gesagt, der Himmel auf Erden, und das wird in der Liturgie vermittelt.“
Dabei sei die Schönheit der östlichen Riten bei weitem keine „Oase des Ausweichens oder des Bewahrens“. Die liturgische Versammlung rufe sich schließlich nicht selbst an, sondern sie höre auf die Stimme Gottes.
Franziskus mahnte die Verantwortlichen der Ostkirchen dazu, auf die anderen Traditionen zu hören, auf Fortenwicklungen und Reformen, und dennoch ihre eigene Originalität zu bewahren. „Die Treue zu ihrer eigenen Originalität macht den symphonischen Reichtum der Ostkirchen aus“, sagte der Papst. Zugleich bat er darum, keine unabgesprochenen „liturgischen Partikularismen” zu entwickeln, die sich in Wirklichkeit oft aus anderen Spannungen in der betreffenden Kirche entwickelten. Das sei auch wichtig mit Blick auf die Ökumene mit den orthodoxen Ostkirchen. „Auch wenn wir uns nicht an denselben eucharistischen Tisch setzen können, so feiern und beten wir doch fast immer dieselben liturgischen Texte. Geben wir also acht auf Experimente, die den Weg zur sichtbaren Einheit aller Nachfolger Christi schädigen können.“
(vatican news – gs)
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