Papst: „In den anderen nicht das Böse, sondern das Gute suchen“
Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt
Wegen einer akuten Kniegelenkentzündung hatte Franziskus seine Teilnahme am Mittelmeerfriedenstreffen in Florenz kurzfristig absagen müssen. Das Angelusgebet fand daher wie üblich auf dem Peterplatz in Rom statt.
Nicht an anderen kritisieren, was man selber falsch macht
Bei seinen Überlegungen ging der Papst von der Stelle im Lukasevangelium aus, in der Jesus davor warnt „den Splitter im Auge unseres Bruders zu sehen, den Balken in unserem eigenen Auge aber nicht“ (6,41). Es ginge also darum, nicht bei anderen das zu kritisieren, was man selber falsch mache, präzisierte Franziskus.
„Jesus hat recht, wenn er sagt: Wir finden immer Gründe, die anderen zu beschuldigen und uns selber zu rechtfertigen. So oft beklagen wir uns über Dinge, die in der Gesellschaft, in der Kirche, in der Welt falsch laufen, ohne erst einmal uns selbst zu hinterfragen und bereit zu sein, uns zu ändern. Doch wenn wir das tun, dann sind wir blind, erklärt Jesus. Und wenn wir blind sind, dann können wir nicht den Anspruch erheben, andere belehren zu wollen. Denn wie sollte ein Blinder einen Blinden führen können?“
Nicht immer den anderen für alles die Schuld in die Schuhe schieben...
Erst wenn wir fähig seien, uns unsere eigenen Fehler einzugestehen, statt immer nur den anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben, öffne sich für uns das Tor zur Barmherzigkeit, erklärte Franziskus weiter.
„Und wenn wir unser Innerstes erforscht haben, lädt Jesus uns ein, die anderen so zu betrachten wie er es tut, der nicht zuerst das Böse, sondern das Gute sieht. Gott blickt uns nämlich so an: Er sieht in uns keine nicht wiedergutzumachenden Fehler – er sieht in uns Kinder, die Fehler machen. Gott unterscheidet immer zwischen dem Menschen und seinen Fehlern. Er glaubt immer an die Person und ist immer bereit, Fehler zu verzeihen. Und er fordert uns auf, dasselbe zu tun: nicht nach dem Bösen in den anderen zu suchen, sondern nach dem Guten.“
Aber nicht nur die Art und Weise, wie man die anderen sehe zeige, was man im Herzen habe. Auch die Worte, die wir benutzen, sagten einiges über uns aus.
„Die Worte, die wir benutzen, sagen, wer wir sind,“ gab Franziskus zu bedenken. „Manchmal schenken wir unseren Worten wenig Aufmerksamkeit, verwenden sie nur oberflächlich. Aber Worte haben Gewicht: Sie erlauben uns, Gedanken und Gefühle auszudrücken, unseren Ängsten und Plänen eine Stimme zu geben, Gott und unseren Nächsten zu preisen. Leider können wir mit unserer Zunge aber auch Vorurteile schüren, Barrikaden errichten, unsere Brüder und Schwestern angreifen, ja sogar zerstören: Klatsch tut weh und Verleumdung kann schärfer sein als ein Schwert!“
Digitale Welt, Fake news und kollektive Ängste
An dieser Stelle warnte Franziskus vor den Gefahren der digitalen Welt, in der Worte schnell die Runde machten, oft aber Fake news verbreiten und sich kollektive Ängste zunutze machen würden, um verzerrte Ideen zu verbreiten.
„Ein Diplomat hat einmal gesagt: "Das Wort missbrauchen heißt die Menschen verachten", so der Papst abschließend. „Fragen wir uns also, welche Art Worte wir verwenden: Worte, die Fürsorge, Respekt, Verständnis, Nähe und Mitgefühl ausdrücken, oder Worte, die hauptsächlich darauf abzielen, uns vor anderen gut dastehen zu lassen? Und fragen wir uns auch: Rede ich mit Sanftmut oder verunreinige ich die Welt, indem ich Gift versprühe, kritisiere, klage, Aggressionen schüre?“
(vaticannews – skr)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.