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Franziskus mit Kardinal Marc Ouellet auf der Konferenz im Vatikan Franziskus mit Kardinal Marc Ouellet auf der Konferenz im Vatikan 

Papst Franziskus: „Zölibat ist ein Geschenk, aber…“

Das Priestertum ist in der Krise – eine Konferenz im Vatikan beschäftigt sich deshalb ab diesem Donnerstag, drei Tage lang, mit Fehlentwicklungen beim priesterlichen Amtsverständnis. Aus theologischer, historischer, aber auch kultureller und soziologischer Perspektive soll ein neues Bild vom Priester gezeichnet werden.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Einen der ersten Pinselstriche dazu setzte an diesem Donnerstag, zur Eröffnung, der Papst, der schon seit 52 Jahren Priester ist. Franziskus machte klar, dass er es derzeit nicht auf Änderungen bei der Zölibatsverpflichtung anlegt: „Der Zölibat ist ein Geschenk, das die lateinische Kirche hütet“, sagte er. „Aber ein Geschenk, das gesunde Beziehungen als Basis braucht, um wirklich als Weg der Heiligung gelebt zu werden. Ohne Freunde und ohne Gebet kann der Zölibat eine unerträgliche Last werden und ein Gegenzeugnis zur Schönheit des Priestertums!“

Das war aber eher eine Nebenbemerkung; dem Papst ging es um eine viel breitere Perspektive auf das Thema Priester. Dabei ging er zunächst einmal von seinen eigenen Erfahrungen aus: Er habe in seinem Leben viele inspirierende Priester kennengelernt, beispielhafte Männer Gottes. Doch auch Krisen habe er erlebt, „Momente der Prüfung, Schwierigkeiten und Einsamkeit“.

„Nicht alle Änderungen haben den Geschmack des Evangeliums“

„Die Zeit, die wir erleben, ist ein Epochenwechsel, bei dem wir Änderungen bewusst angehen müssen. Dabei können wir unterschiedlich reagieren. Das Problem ist, dass viele Handlungen und Haltungen zwar nützlich und gut sein mögen – doch nicht alle haben den Geschmack des Evangeliums. Und hier ist der Kern: Hier müssen wir Unterscheidung üben. Man kann zum Beispiel versuchen, sich in eine Welt oder eine Gesellschaft zurückzuflüchten, die es nicht mehr gibt (wenn es sie denn je gab!), als ob wir dadurch dem heutigen Konflikt ausweichen könnten. Das ist die Krise des Zurückgehens, der Flucht in die Vergangenheit.“

Gegen die Flucht nach vorn oder in die Vergangenheit

Ebenso gebe es auch die Flucht nach vorn, die sich oft durch einen übertriebenen Optimismus auszeichne, nach dem Motto „Es wird schon gutgehen“. Der Papst erteilte beiden Arten der Flucht eine klare Absage: Stattdessen gelte es, sich der „Konkretheit des Heute“ zu stellen. „Da gefällt mir die Haltung, die aus einer vertrauensvollen Annahme der Realität entsteht, aber verankert ist in der weisen und lebendigen Tradition der Kirche. So kann man ohne Angst ins Weite aufbrechen.“

So entstehen Berufungen - auch heutzutage

Mit Blick auf den Priestermangel äußerte Franziskus: Dort, wo es „Leben, Eifer“ und die Freude, Christus mit anderen zu teilen, gebe, entstünden auch echte Berufungen. „Selbst in Pfarreien, wo die Priester nicht sehr eifrig und freudig sind, kann das geschwisterliche Leben der Gemeinschaft den Wunsch wecken, sich ganz Gott zu widmen und dem Evangelisieren – vor allem, wenn diese lebendige Gemeinschaft nachhaltig um Berufungen betet… Wenn wir in Funktionalismus verfallen, ins pastorale Organisieren, dann wirkt das auf niemanden anziehend…“

Drei Worte kennzeichnen aus der Sicht des Papstes „das Leben eines Priesters und auch das eines Christen überhaupt“, nämlich Nähe, Mitgefühl und Zärtlichkeit. Das alles sei auch charakteristisch für den „Stil Gottes“.

„Wie gehst du denn zu Bett? - Die Priester verstanden nicht, worauf ich hinauswollte“

„Viele Krisen bei Priestern entstehen dadurch, dass es nur ein dürres Gebetsleben gibt, eine mangelhafte Intimität mit dem Herrn, ein Reduzieren des geistlichen Lebens auf eine bloße religiöse Praxis… Ich erinnere mich an wichtige Momente in meinem Leben, bei denen diese Nähe zum Herrn entscheidend war, um mich zu stützen, zu stützen in dunklen Momenten… Als ich noch Bischof in der anderen Diözese (Buenos Aires) war, fragte ich gern die Priester: Wie gehst du denn zu Bett? – Die verstanden nicht, worauf ich hinauswollte, und antworteten Dinge wie ‚Ich gucke noch ein bisschen fern‘ oder dergleichen. Ah, sehr schön! Aber gehst du nicht kurz beim Herrn vorbei, um ihm ‚Gute Nacht‘ zu sagen? Hier liegt das Problem.“

Zum Nachhören: Papst Franziskus zum Thema Priester, Zölibat, Berufungskrise - ein Bericht von Radio Vatikan

Wenn sich Priester gegenseitig anschwärzen

Nähe zu Gott, Nähe zum Bischof und Nähe der Priester untereinander empfahl Papst Franziskus. Es tue ihm weh, wenn er sehe, wieviel Neid und Eifersucht es unter Priestern gebe. Das sei „eine zerstörerische Haltung“. Leider gebe es sogar unter Priestern Fälle von Mobbing und übler Nachrede.

„Und das ist sehr traurig. Wenn wir von hier aus Informationen erbitten, ob jemand als Bischof geeignet ist, dann bekommen wir oft Informationen, die von Neid getränkt sind. Und das ist eine Krankheit in unseren Pfarrhäusern…“

„Das Volk wünscht sich keine Staatskleriker“

Die vierte Art der Nähe, auf die es bei Priestern ankommt, ist nach den Worten von Franziskus die Nähe zum Volk. Jesus wolle sich der Priester bedienen, um „dem heiligen, gläubigen Volk Gottes“ nahe zu sein. „Ich bin mir sicher, dass es heute wichtig ist, in enger Beziehung zum realen Leben der Menschen zu stehen, wenn wir die Identität des Priesters neu verstehen wollen.“ Dabei dürfe sich ein Priester keinen „Notausgang“ freihalten.

„Das Volk wünscht sich Hirten des Volkes, nicht Staatskleriker oder Professionelle des Heiligen. Hirten, die etwas von Mitgefühl, von Chancen verstehen. Mutige Männer, die bei den Verwundeten anhalten und die Hand ausstrecken. Männer der Kontemplation, die angesichts der Wunden der Welt die wirksame Kraft der Auferstehung zu verkünden wissen.“

Allergisch gegen Klerikalismus

Einmal mehr machte Franziskus klar, dass er gegen Klerikalismus geradezu allergisch ist. „Der Klerikalismus ist eine Perversion – und auch eines seiner Symptome, nämlich die Strenge, ist eine Perversion! Klerikalismus basiert auf der Entfernung – nicht auf der Nähe, sondern auf ihrem Gegenteil. Und dann gibt es auch die Klerikalisierung der Laien. Seltsam, diese Förderung einer kleinen Elite, die sich um einen Priester schart und letztendlich auch die grundlegende Sendung des Laien entstellt. Es gibt so viele klerikalisierte Laien! Die Auserwählten – klerikalisierte Laien. Eine schöne Versuchung…“

(vatican news)
 

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17. Februar 2022, 12:26