Papst bei einer TV-Talkshow: „Krieg ist ein Unsinn“
Mario Galgano - Vatikanstadt
Fabio Fazio hat in Italien etwa denselben Stellenwert wie ihn Markus Lanz oder Günther Jauch in Deutschland haben. Fazio moderiert am Sonntagabend auf RAI3, dem dritten Nationalsender Italiens, eine Sendung namens „Che tempo che fa“ – auf Deutsch: „Wie das Wetter so ist“ – und lädt dazu Politiker, Künstler und Persönlichkeit öffentlichen Interesses ein. Am Sonntag um ca. 21 Uhr schaltete sich Papst Franziskus aus seinem Domizil Santa Marta dazu. Es war das erste Mal, dass Franziskus live an einer Talkshow in Italien teilnahm. Er hatte schon in einigen Sendungen telefonisch kurz „Hallo“ gesagt oder Glückwünsche geäußert. Diesmal sprach er mehrere Minuten lang und stand dem Moderator Rede und Antwort.
Viele Themen angesprochen
Papst Franziskus sprach auf „Rai Tre“, wie die Italiener den Sender nennen, mit dem Moderator, der ihn zu vielen Themen befragte, über Kriege, Migranten, Bewahrung der Schöpfung, die Beziehung zwischen Eltern und Kindern, das Böse und das Leid, das Gebet, die Zukunft der Kirche, die Notwendigkeit von Freunden. Und Franziskus erklärte, dass Vergebung ein „Menschenrecht“ sei. Wörtlich sagte er: „Die Fähigkeit, vergeben zu können, ist ein Menschenrecht. Wir alle haben das Recht auf Vergebung, wenn wir um Vergebung bitten.“
Der Blick richtete sich vor allem auf das dem Papst so wichtige Thema der Migration. Leider sei dieses Thema nach den jüngsten Nachrichten über die zwölf Migranten, die an der Grenze zwischen Griechenland und der Türkei erfroren aufgefunden wurden, immer noch aktuell. Für den Papst stelle dies „ein weiteres Zeichen für die Kultur der Gleichgültigkeit“ dar, die er immer wieder anprangert. Und es sei auch „ein Problem der Kategorisierung“:
„Kriege stehen an erster Stelle, Menschen an zweiter Stelle. Ein Beispiel dafür ist der Jemen: Wie lange leidet der Jemen schon unter dem Krieg und wie lange sprechen wir schon über die Kinder des Jemen?“, fragte der Papst.
„Es gibt Kategorien, die wichtig sind, und andere, die ganz unten stehen: Kinder, Migranten, Arme, Menschen, die nichts zu essen haben. Diese zählen nicht, zumindest zählen sie nicht in erster Linie, weil es Menschen gibt, die diese Menschen lieben, die versuchen, ihnen zu helfen, aber in der allgemeinen Vorstellung zählt der Krieg, der Verkauf von Waffen. Stellen Sie sich vor, Sie könnten ein Jahr lang keine Waffen herstellen und könnten damit der ganzen Welt kostenlos Nahrung und Bildung zukommen lassen. Aber das steht im Hintergrund“, sagte Franziskus.
Er denke an Alan Kurdi, den kleinen syrischen Jungen, der tot am Strand gefunden wurde, und an die vielen anderen Kinder wie Alan, „die wir nicht kennen“ und die jeden Tag „vor Kälte sterben“. Selbst angesichts dessen bleibe der Krieg die erste Kategorie: „Wir sehen, wie die Volkswirtschaften mobilisiert werden und was heute am wichtigsten ist, der Krieg: ideologischer Krieg, Machtkrieg, Handelskrieg und so viele Waffenfabriken.“
Krieg führen ist eine Mechanik der Zerstörung
Apropos Krieg: Auf die Spannungen zwischen der Ukraine und Russland angesprochen, erinnerte der Papst an die Wurzeln dieser schrecklichen Realität, die er als „Unsinn der Schöpfung“ bezeichnete und die bis zur biblischen Genesis mit dem Krieg zwischen den Brüdern Kain und Abel sowie dem Krieg um den Turm von Babel zurückreichen würden. „Kriege zwischen Brüdern“ traten kurz nach der Erschaffung von Mann und Frau durch Gott auf: „Es gibt so etwas wie einen Anti-Sinn der Schöpfung, deshalb ist Krieg immer Zerstörung. Zum Beispiel das Land zu bewirtschaften, Kinder zu betreuen, eine Familie zu gründen, die Gesellschaft wachsen zu lassen: das bedeutet etwas aufbauen. Krieg führen heißt zerstören. Das ist eine Mechanik der Zerstörung.“
Die Lagerhäuser in Libyen und der Mittelmeerfriedhof
In diese gleiche Mechanik reihte Papst Franziskus die „kriminelle“ Behandlung ein, die Tausenden von Migranten vorbehalten sei, von denen einige Gefangene der „Lager“ in Libyen seien: „Wie sehr leiden diejenigen, die fliehen wollen, in den Händen der Menschenhändler“, rief der Papst in Erinnerung. Es gebe Filmausschnitte, die dies beweisen würden, und viele davon werden in der Abteilung für Migranten und Flüchtlinge des Dikasteriums für menschliche Entwicklung aufbewahrt. „Sie leiden und riskieren dann, das Mittelmeer zu überqueren. Dann werden sie manchmal abgewiesen, weil jemand aus lokaler Verantwortung sagt: Nein, hier kommen sie nicht hin; es gibt diese Schiffe, die herumfahren und einen Hafen suchen, die zurückkommen oder auf See sterben. Dies geschieht heute“, bekräftigte der Papst. Und wie schon bei anderen Gelegenheiten wiederholte er den Grundsatz, dass „jedes Land sagen muss, wie viele Migranten es aufnehmen kann“:
„Das ist ein innenpolitisches Problem, das gut durchdacht sein und gesagt werden muss: ,Ich kann bis zu dieser Zahl'. Und die anderen? Es gibt die Europäische Union, wir müssen uns einigen, damit wir ein Gleichgewicht erreichen können, in Gemeinschaft“. Im Moment scheine es nur „Ungerechtigkeit“ zu geben: „Sie kommen nach Spanien und Italien, den beiden Ländern, die ihnen am nächsten sind, und werden anderswo nicht aufgenommen. Der Migrant muss immer willkommen geheißen, begleitet, gefördert und integriert werden. Sie müssen willkommen geheißen werden, weil sie in Schwierigkeiten sind, und dann begleitet, gefördert und in die Gesellschaft integriert werden.“
Vor allem müssten sie integriert werden, um eine Ghettoisierung und einen aus Ideologien geborenen Extremismus zu vermeiden, wie es bei der Tragödie von Zaventem in Belgien mit den beiden „belgischen Attentätern“ geschah, die jedoch „Söhne von ghettoisierten Migranten“ waren. Außerdem seien Migranten Ressourcen in Ländern, die einen starken Bevölkerungsrückgang erleben. Deshalb, so betonte Papst Franziskus, „müssen wir intelligent über die Migrationspolitik nachdenken, eine kontinentale Politik“. Und die Tatsache, dass „das Mittelmeer heute der größte Friedhof Europas ist, muss uns zu denken geben“.
Das Elend mit Händen greifen
Auf die gleiche Weise sprach der Papst über eine scheinbar gewaltige Teilung der Welt in einem entwickelten Teil, in dem es „die Möglichkeit des Besuchs der Schule, der Universität, der Arbeit“ gebe; und ein anderer Weltteil mit „sterbenden Kindern, ertrunkenen Migranten“, so Franziskus „Wir sehen auch Ungerechtigkeiten in unseren Ländern.“ Die „sehr schlimme“ Versuchung, betonte der Papst, sei „wegzuschauen, nicht hinzuschauen“:
Zwar gebe es die Medien, die alles zeigten, „aber wir distanzieren wir uns; ja, wir beschweren uns ein wenig, ,es ist eine Tragödie!', aber dann ist es, als wäre nichts gewesen. Es reicht nicht, zu sehen, es ist notwendig, zu fühlen, es ist notwendig, zu berühren“, betonte Franziskus. „Wir versäumen es, Elend zu berühren, und das Berühren bringt uns zum Mitfühlen. Ich denke an die Ärzte, Krankenschwestern und Krankenpfleger, die in dieser Pandemie ihr Leben gaben.“
Die Kontrolle über die Erde
Das gleiche Prinzip gelte für die Erde. Noch einmal wiederholte Papst Franziskus den Appell, sich um die Schöpfung zu kümmern: „Es ist eine Erziehung, die wir lernen müssen“. Der Alarm komme vom Amazonas mit seinen Problemen der Abholzung, des Sauerstoffmangels und der Klimaveränderungen: „Wir riskieren den Tod der biologischen Vielfalt, wir riskieren, die Mutter Erde zu töten“, so Franziskus. Er führte dann das Beispiel der Fischer von San Benedetto del Tronto an, die in einem Jahr etwa 3 Millionen Tonnen Plastik fanden und Maßnahmen ergriffen, um alle Abfälle aus dem Meer zu entfernen. „Wir müssen uns das in den Kopf setzen: Mutter Erde in die Hand nehmen“.
Soziale Aggression
Der Papst berief sich auf jene Haltung der „Fürsorge“, die auch aus sozialer Sicht zu versagen scheine. Was man heute erlebe, sei tatsächlich ein Problem der „sozialen Aggression“, wie das Phänomen des Mobbings zeige:
„Diese unsere Aggression muss erzogen werden. Aggression ist an sich nichts Negatives, denn es braucht Aggressivität, um die Natur zu beherrschen, voranzukommen, aufzubauen, es gibt sozusagen eine positive Aggression. Aber es gibt eine destruktive Aggression, die mit einer sehr kleinen Sache beginnt, aber ich möchte sie hier erwähnen: Sie beginnt mit der Zunge, dem Geschwätz. Aber Geschwätz, in Familien, in Nachbarschaften, zerstört. Es zerstört ,Identität´. Und das geschieht zwischen Herrschern, wie zwischen Familien. Aus diesem Grund lautet mein Ratschlag, um uns nicht zu zerstören, ,Nein' zum Geschwätz zu sagen: Wenn du etwas gegen andere hast, dann schweige oder geh zum anderen hin, um es ihm ins Gesicht zu sagen.“
Die „Mittäterschaft“ der Eltern
Mit dem Blick auf junge Menschen, die manchmal Opfer eines „unglaublichen Gefühls der Einsamkeit“ seien, wandte sich Papst Franziskus an die Eltern von Heranwachsenden, die manchmal Schwierigkeiten hätten, „das Leiden anderer“ zu verstehen. Für den Papst lasse sich die Beziehung zwischen Eltern und Kindern in einem Wort zusammenfassen: Nähe. „Nähe zu Kindern – Wenn junge Paare beichten oder wenn ich mit ihnen spreche, stelle ich immer eine Frage: ,Spielen Sie mit Ihren Kindern?' Manchmal höre ich schmerzhafte Antworten: ,Aber Pater, wenn ich aus dem Hause gehe, um zu arbeiten, schlafen sie, und wenn ich nachts zurückkomme, schlafen sie wieder.' Es ist das grausame Schicksal, dieser Gesellschaft. Aber es ist etwas Großartiges: mit Ihren Kindern zu spielen und keine Angst vor den Kindern zu haben, vor den Dingen, die sie sagen, vor den Fragen, die sie stellen oder sogar, wenn ein Kind schon älter ist, als Jugendlicher leistet er sich einige Ausrutscher. Da soll man ihm nahe sein, um als Vater, als Mutter zu sprechen. Jene Eltern, die ihren Kindern nicht nahe stehen, verpassen etwas. Wenn sie ihren erwachsenen Kindern sagen: ,Ach, nimm doch den Autoschlüssel, geh'. Stattdessen ist es so schön, wenn Eltern mit ihren Kindern mitleiden.“
Sag zum Bruder: „Steh auf!“
Zum Thema Nähe erinnerte der Moderator an den bekannten Satz des Papstes: „Ein Mann kann nur dann auf einen anderen herabblicken, wenn er ihm beim Aufstehen hilft“. Franziskus vertiefte das Konzept: „Es ist wahr – sagte er – in der Gesellschaft sehen wir, wie oft andere auf andere herabblicken, um sie zu beherrschen, zu unterwerfen und ihnen nicht beim Aufstehen zu helfen. Denken Sie nur – und es ist eine traurige Geschichte, aber eine alltägliche – an jene Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz mit ihrem eigenen Körper bezahlen müssen, weil ihr Chef auf sie herabschaut, aber um sie zu dominieren. Es ist ein alltägliches Beispiel, aber wirklich ein alltägliches. Diese Geste des Hinabschauens ist hingegen nur dann erlaubt, um einen edlen Akt zu tun, nämlich die Hand auszustrecken und zu sagen: ,Steh auf, Bruder, steh auf, Schwester´.“
Vergebung ist ein Menschenrecht
Das Gespräch berührte auch den Begriff der Freiheit, die ein Geschenk Gottes sei, aber „ebenso imstande ist, so viel Schaden anzurichten“. „Da Gott uns frei gemacht hat, sind wir Meister unserer Entscheidungen und auch der falschen Entscheidungen“, sagte Franziskus. Und er ging auf den Begriff des Bösen ein: „Gibt es jemanden, der die Vergebung und Barmherzigkeit Gottes oder die Vergebung der Menschen nicht verdient?“, fragte der Moderator. Der Papst antwortet mit einer „etwas, was vielleicht jemanden empören wird“: „Die Fähigkeit, vergeben zu werden, ist ein Menschenrecht. Wir alle haben das Recht auf Vergebung, wenn wir um Vergebung bitten. Es ist ein Recht, das genau aus der Natur Gottes stammt und den Menschen als Erbe gegeben wurde. Wir haben vergessen, dass jemand, der um Vergebung bittet, das Recht hat, vergeben zu werden. Du hast etwas getan, du bezahlst dafür. Nein, so ist es nicht! Du hast das Recht auf Vergebung. Selbstverständlich muss einer, der Fehler begangenen hat, mit der Gesellschaft ins Reine kommen und die entsprechende Strafe absitzen, aber jeder hat das Recht auf Vergebung.“
Das Böse gegen die Unschuldigen
Es gebe jedoch noch ein anderes Übel, das manchmal Unschuldige treffe und bei dem wir uns fragen würden, warum Gott nicht eingreife. „So viele Übel – erklärte der Papst – kommen genau deshalb, weil der Mensch die Fähigkeit verloren hat, die Regeln zu befolgen, die Natur zu verändern und auch wegen seiner eigenen menschlichen Schwächen. Natürlich bleiben Fragen offen: Warum leiden Kinder? Ich finde dafür keine Erklärung“, gab der Papst zu. „Ich habe den Glauben, ich versuche, Gott zu lieben, der mein Vater ist, aber ich frage mich: ‚Warum leiden Kinder?'. Und es gibt einfach keine Antwort. Er ist stark, ja, allmächtig in der Liebe. Stattdessen liegen Hass und Zerstörung in den Händen eines anderen, der durch Neid das Böse in die Welt gesät hat.“
Und mit dem Bösen „spricht man nicht“, empfahl der Papst, „der Dialog mit dem Bösen ist gefährlich“: „Und so viele Menschen gehen, versuchen den Dialog mit dem Bösen – auch ich habe mich schon oft in dieser Situation befunden – aber ich stelle fest, ein Dialog mit dem Bösen, das ist schlecht ... Der Dialog mit dem Bösen ist nicht gut, das gilt für alle Versuchungen. Und wenn diese Versuchung zu Ihnen kommt mit der Frage: Warum leiden Kinder?, dann finde ich nur einen Weg: mit den Kindern zu leiden. Darin war Dostojewski ein großer Lehrmeister.“
Eine Kirche auf Pilgerreise
Auch die Zukunft der Welt und der Kirche nahm im Interview reichlich Platz ein. Die Zukunft der Welt, wie sie in „Fratelli tutti“ vorgezeichnet sei, mit dem Menschen im Mittelpunkt der Ökonomien und Entscheidungen. Dies sei eine Priorität, die er mit vielen Staatsoberhäuptern geteilt habe, so der Papst. Diese Ideale kollidierten jedoch mit „politischen und sozialen Konditionierungen, einschließlich denen der Weltpolitik, die gute Absichten stoppen“ würden.
Mit Blick auf die Zukunft der Kirche erinnerte Franziskus an das Bild der Kirche, das Paul VI. im Apostolischen Schreiben „Evangelii nuntiandi“ skizziert hat, das die Inspiration für sein „Evangelii gaudium“ war: „Eine pilgernde Kirche. Heute ist das größte Übel der Kirche, das größte“, wiederholte Papst Franziskus, „die geistliche Weltlichkeit, die wiederum ein hässliches Ding wachsen lässt, den Klerikalismus, der eine Perversion der Kirche ist. Der Klerikalismus, der in Starrheit existiert, und unter jeder Art von Starrheit ist immer Fäulnis“, sagte Franziskus und zählte zu den „hässlichen Dingen“ in der heutigen Kirche die „starren, ideologisch starren Positionen“, die an die Stelle des Evangeliums treten würden.
„Zur pastoralen Haltung werde ich nur zwei erwähnen, die alt sind: Pelagianismus und Gnostizismus. Pelagianismus ist der Glaube, dass ich mit meiner Kraft vorankommen kann. Nein, die Kirche geht voran mit der Kraft Gottes, der Barmherzigkeit Gottes und der Kraft des Heiligen Geistes. Und der Gnostizismus, der mystisch ist, ohne Gott, und so zu einer leeren Spiritualität wird… nein, ohne das Fleisch Christi ist kein Verständnis möglich, ohne das Fleisch Christi ist keine Erlösung möglich! Wir müssen noch einmal zum Zentrum zurückkehren: Das Wort wurde Fleisch. In diesem Skandal des Kreuzes, des menschgewordenen Wortes, liegt die Zukunft der Kirche“, bekräftigte der Papst.
Die Bedeutung des Betens
Dann erklärte er, wie wichtig das Beten sei: „Beten ist das, was ein Kind tut, wenn es sich eingeschränkt und hilflos fühlt, [es sagt] ‚Papa, Mama'. Beten bedeutet, auf unsere Grenzen, unsere Nöte, unsere Sünden zu blicken. Beten bedeutet, mit Kraft einzutreten, über die Grenzen hinaus, über den Horizont hinaus, und für uns Christen bedeutet Beten, dem ,Papa' zu begegnen. Und das Kind wartet nicht auf die Antwort des Vaters, wenn der Vater zu antworten beginnt, geht es über zu einer anderen Frage. Was das Kind will, ist, dass der Blick des Vaters auf ihm ruht. Die Erklärung spielt keine Rolle, es zählt nur, dass der Vater es ansieht, und das gibt ihm Zuversicht.“
Wahre Freunde
Die Fragen berührten dann eher persönliche Bereiche: „Fühlen Sie sich jemals allein? Haben Sie echte Freunde?“, wird der Papst gefragt. „Ja – antwortet er –, ich habe Freunde, die mir helfen, sie kennen mein Leben als normaler Mann, nicht dass ich normal bin, nein. Ich habe meine Anomalien, klar, aber wie ein gewöhnlicher Mann habe ich Freunde; und manchmal bin ich gerne mit Freunden zusammen, um meine Sachen zu erzählen, ihnen zuzuhören, ich brauche Freunde. Das ist einer der Gründe, warum ich nicht in die päpstliche Wohnung im Apostolischen Palast gezogen bin, weil die Päpste, die vorher dort waren, Heilige waren und ich nicht zurechtkomme, ich bin nicht so heilig. Ich brauche menschliche Beziehungen, deshalb lebe ich in diesem Gästehaus in Santa Marta, wo es Leute gibt, die mit allen reden, man findet Freunde. Es ist ein einfacheres Leben für mich. In der Tat, ich brauche Freunde, nun denn, sie sind wenige, aber echte Freunde.“
Kindheit, Musik, Fernsehen
Während des Interviews gab es Hinweise auf die Vergangenheit und Kindheit in Buenos Aires, auf den Jubel für den Fußballverein San Lorenzo, auf die ‚Berufung‘ als Metzger, auf die piemontesischen Wurzeln, auf die Erfahrung im Chemielabor, ein Medizin-Studium, das ihn „verführt“ habe: „Aber der Ruf Gottes überwog. Noch zum Thema Vertrauen erinnere ich mich auch an das Gelübde, das ich Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel am 16. Juli 1990 gegeben habe, nicht mehr fernzusehen: Ich schaue kein Fernsehen, das liegt nicht daran, dass ich das Fernsehen verurteile. Das hat andere Gründe. Die Liebe hingegen gilt der Musik, insbesondere der klassischen Musik und dem Tango“, erzählte der Papst und fügte an: „Ein Porteño, der nicht Tango tanzt, ist kein Porteño“. „Porteño“ ist die Bezeichnung für einen Bewohner der argentinischen Hauptstadt. Dann ging es noch kurz um den Sinn für Humor, der, wie er sagt, „Medizin und Balsam für die Seele ist“.
100 Gebete
Wie praktisch alle seiner Ansprachen beendete Papst Franziskus auch dieses Interview mit der Bitte um Gebete für ihn. „Ich brauche es, und wenn jemand von euch nicht betet, weil er nicht glaubt, nicht weiß, wie das geht oder nicht kann, so schicke sie oder er mir wenigstens gute Gedanken, gute Wellen. Ich brauche die Nähe der Menschen.“ Das Interview endete mit einem Bild aus einem Nachkriegsfilm: „Um den Dialog abzuschließen, ich glaube, es war Vittorio De Sica, der einen Wahrsager spielte, und als er aus seinen Händen las, sagte er: ‚Danke 100 Lire‘. Ich sage euch‚ ´Danke, 100 Gebete‘, '100 Lire, 100 Gebete'. Danke schön.“
(vatican news)
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