Papst in Osternacht: Öffnen für überraschende Hoffnung Gottes
Anne Preckel - Vatikanstadt
Papst Franziskus hatte am Vorabend die lange Kreuzweg-Andacht am römischen Kolosseum geleitet und hatte es am Karsamstag offenbar vorgezogen, der Osternachtliturgie nicht als Hauptzelebrant vorzustehen. So ließ er sich in dieser Funktion von Kardinal Giovanni Battista Re vertreten, der seit 2020 Kardinaldekan des Kardinalskollegiums ist, verlas seine Predigt aber selbst. An der Feier im Petersdom nahmen laut Angaben des Vatikan 5.500 Gläubige teil.
Direkt zu Beginn stellte der Papst in seiner Predigt einen Bezug zum Krieg her: „Viele Schriftsteller haben die Schönheit der Nächte besungen, die von den Sternen erhellt werden. Stattdessen sind die Nächte des Krieges von leuchtenden Spuren des Todes durchzogen.“
Sehen - Hören - Verkünden
In der Osternacht lud Franziskus dann dazu ein, sich mit den Frauen des Evangeliums an Jesu Grab zu begeben (vgl. Lk 24, 1-10). Auch sie umhüllte die Nacht, als sie Jesu Grab leer fanden, sie sahen den weggewälzten Stein, hörten zwei leuchtende Boten, die von Auferstehung sprachen, und liefen los, um den Jüngern davon zu berichten. „Mit diesen drei Handlungen – sehen, hören, verkünden – treten auch wir in das Osterfest des Herrn ein“, so Papst Franziskus.
Das Grab leer zu sehen und den schweren Stein weggewälzt, war für die Frauen eine Überraschung, Fragen und Zweifel kamen auf. „Ostern beginnt also damit, dass unsere Pläne über den Haufen geworfen werden. Es beginnt mit der Gabe einer überraschenden Hoffnung“, so Papst Franziskus. Diese Gabe anzunehmen, sei nicht leicht, allzu oft verharrten wir „regungslos vor dem Grab der Resignation und des Fatalismus“, seien beherrscht von Angst und Pessimismus.
„Doch der Herr möchte uns in dieser Nacht neue Augen schenken, die von der Hoffnung erhellt werden, dass Angst, Schmerz und Tod nicht das letzte Wort über uns haben werden. (…) Es stimmt, der Tod kann uns erschrecken und lähmen. Aber der Herr ist auferstanden! Blicken wir auf, nehmen wir den Schleier der Bitterkeit und der Traurigkeit von unseren Augen, öffnen wir uns für die Hoffnung Gottes!“
Kein Schema für Gott
Es gehe darum, einen „Sprung aus dem Nichts ins Leben zu wagen“, so Franziskus, und er kam dann zum zweiten Schlüsselbegriff seiner Predigt, dem Hören. „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ fragten die zwei leuchtenden Gestalten die Frauen, „Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden“.
„Es tut uns gut, diese Worte zu hören und zu wiederholen: Er ist nicht hier! Jedes Mal, wenn wir behaupten, alles über Gott verstanden zu haben, ihn in unsere Schemata einpassen zu können, wiederholen wir uns: Er ist nicht hier!“, so der Papst.
Und er ging dann auf die „Gräber“ ein, die unsere Hoffnung verkümmern lassen. Ein Christentum ohne den Glauben an die Wiederauferstehung, ohne den Glauben an die lebendige Kraft Gottes sei ein „Christentum ohne Ostern“, so der Papst:
„Wir können nicht Ostern feiern, wenn wir weiterhin im Tod verharren; wenn wir Gefangene der Vergangenheit bleiben; wenn wir im Leben nicht den Mut haben, uns von Gott vergeben zu lassen, uns zu ändern, mit den Werken des Bösen zu brechen, uns für Jesus und seine Liebe zu entscheiden; wenn wir den Glauben auf ein Amulett reduzieren und Gott zu einer schönen Erinnerung an vergangene Zeiten machen, anstatt ihm heute als dem lebendigen Gott zu begegnen, der uns und die Welt verwandeln will.“
Die Freude des Evangeliums
Ostern bedeute mehr als Trost für Trauernde, es gehe um eine „Weitung der Herzen durch die umwälzende Botschaft des Sieges Gottes über das Böse und den Tod“, machte Franziskus deutlich. Und er ermutigte dazu, Gott in „konkreten Situationen und Entscheidungen des Alltags“ wahrzunehmen, „in den dunkelsten Ecken des Lebens, wo diejenigen sind, die weinen, kämpfen, leiden und hoffen“, „in der Lebensgeschichte derer, die hoffen und träumen“. Auch gelte es ihn zu befreien aus „Gräbern, in die wir ihn eingeschlossen haben“, befreien von Formeln, Schemata und Formalitäten.
Schließlich verkündeten die Frauen, hob der Papst schließlich die dritte Handlung dieser ersten Zeuginnen hervor. Sie verkündeten die Freude über die Auferstehung. Das war keine Ekstase eines privaten Gefühls – diejenigen, die die frohe Botschaft verkündeten, waren „missionarische Jüngerinnen und Jünger, die allen von der Auferstehung kundtun wollten“. Und zwar ohne Sorge um eigenen Ruf und eigenes Ansehen, „sie messen ihre Gefühle nicht, sie berechnen ihre Worte nicht“, so der Papst.
„Wie schön ist eine Kirche, die auf diese Weise durch die Straßen der Welt läuft! Ohne Angst, ohne Taktiken und Opportunismus, alleine mit dem Wunsch, allen die Freude des Evangeliums zu bringen. Dazu sind wir berufen: den auferstandenen Herrn zu erfahren und diese Erfahrung mit anderen zu teilen; den Stein vom Grab zu wälzen, in dem wir den Herrn oft eingeschlossen haben, und stattdessen seine Freude in der Welt zu verbreiten.“
Papst Franziskus ermutigte alle Christen dazu, den lebendigen Jesus in ihrem täglichen Leben zu bezeugen – „mit Gesten des Friedens in dieser von den Schrecken des Krieges gezeichneten Zeit, mit Werken der Versöhnung in zerbrochenen Beziehungen und des Mitgefühls für die Bedürftigen; mit Taten der Gerechtigkeit inmitten von Ungleichheiten und der Wahrheit inmitten von Lügen. Und vor allem mit Werken der Liebe und der Geschwisterlichkeit“.
Mit Christus sei ein Neuanfang möglich, so der Papst: „Lasst uns mit Christus Ostern feiern! Er ist lebendig und kommt auch noch heute, verwandelt und befreit.“
Gebet für die Ukraine
In freier Rede bekundete Papst Franziskus dann am Ende seiner Predigt seine Nähe konkret zu den Opfern des Krieges in der Ukraine. Er wandte sich dabei an den Bürgermeister der ukrainischen Stadt Melitopol und einige ukrainische Abgeordnete, die an der Osternacht im Petersdom teilnahmen. Franziskus hatte die Delegation vor der Feier empfangen, wie der Vatikan im Laufe des Abends mitteilte:
„In dieser Dunkelheit, in der Sie leben, Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren Parlamentarier, in der Dunkelheit des Krieges, der Grausamkeit, beten wir alle, wir beten mit Ihnen und für Sie in dieser Nacht, wir beten angesichts von so viel Leid. Und auch, um das Größte zu sagen, was heute gefeiert wird..."- der Papst endete mit dem traditionellen ostkirchlichen Ostergruß auf Altslawisch: „Christos voskrese! Christus ist auferstanden!"
Im Rahmen der Feier erhob sich Franziskus, um mehrere erwachsene Männer und Frauen zu taufen. Damit umfasste die Osternachtsliturgie mit Franziskus die traditionellen vier Teile Lichtfeier, Liturgie des Wortes, Tauffeier und Eucharistie. Begonnen hatte die Vigilfeier zum Osterfest mit der Entzündung des Osterfeuers und der Osterkerze in der Vorhalle des Petersdoms. Anschließend zogen Kardinal Re und weitere Zelebranten mit der Kerze in den dunklen Dom. Dort stimmte der Diakon den Ostergesang, das Exsultet (Freut euch) an. In vier biblischen Lesungen wurde die Geschichte Gottes mit den Menschen seit Erschaffung der Welt erinnert, bevor das Evangelium vom Ostermorgen berichtete, an dem drei Frauen das leere Grab Jesu vorfanden und die Nachricht von seiner Auferstehung hörten. Übertragen wurde der Gottesdienst im Petersdom weltweit von rund 150 Rundfunkanstalten.
(vatican news – pr)
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