Papst: Kürzungen im Gesundheitswesen sind ein Skandal
Mario Galgano und Benedetta Capelli - Vatikanstadt
In den Kranken soll man „Brüder und Schwestern sehen“, die gepflegt werden sollten, und nicht als Last oder Kostenfaktor betrachtet werden müssten. Jeder Kranke soll als Mensch mit der eigenen Würde betrachtet werden. Papst Franziskus bekräftigte an diesem Samstag ein Konzept, das er im Laufe seines Pontifikats mehrfach geäußert hat. Er sprach bei einer Audienz mit dem italienischen Verband „Federsanità“, in dem die lokalen Gesundheitsbehörden, Krankenhäuser sowie Behandlungseinrichtungen und Vertreter des Verbands der italienischen Gemeinden zusammengeschlossen sind. Anschließend ging der Papst auf aktuelle Ereignisse ein und prangerte die Mängel des Gesundheitssystems an:
„Die Pandemie hat uns gelehrt, dass das Motto ,Rette sich, wer kann´ schnell zu ,Jeder gegen Jeden´ wird, was die Kluft der Ungleichheiten vergrößert und Konflikte verstärkt. Stattdessen müssen wir uns dafür einsetzen, dass alle Menschen Zugang zur Gesundheitsversorgung haben, dass das Gesundheitssystem unterstützt und gefördert wird und dass es weiterhin kostenlos ist. Die Kürzung der Mittel für die Gesundheitsversorgung ist ein Frevel an der Menschlichkeit.“
Fürsorge fördern
In seiner Rede zeigte Franziskus einige Wege auf, um das Zusammenführen von Sozial- und Gesundheitsfürsorge zu fördern. Der erste Weg sei die Nähe, also ein „Gegenmittel zur Selbstbezogenheit“. „Im Patienten einen anderen zu sehen“, sagte er, „sprengt die Ketten des Egoismus, reißt das Podest nieder, auf das wir manchmal zu steigen versucht sind, und zwingt uns, uns als Brüder zu erkennen, unabhängig von Sprache, geografischer Herkunft, sozialem Status oder Gesundheitszustand. Brüder, die umsorgt, betreut und begleitet werden, wie es Jesus mit den Emmaus-Jüngern tat“.
Nähe bedeute auch, Entfernungen abzubauen; dafür zu sorgen, dass es keine Patienten unterschiedlicher Klasse gebe; Energien und Ressourcen in Umlauf zu bringen, damit niemand von der sozialen und gesundheitlichen Versorgung ausgeschlossen werde.
Die öffentliche Gesundheitsversorgung nicht verlieren
Franziskus schloss sich den Worten des Präsidenten der „Federsanità“ an und betonte die Bedeutung der öffentlichen Gesundheitsversorgung, insbesondere in Italien:
„Wenn ein Land diesen Reichtum des öffentlichen Gesundheitswesens verliert, beginnt es, zwischen der Bevölkerung zu unterscheiden: denjenigen, die Zugang zu medizinischer Versorgung haben, die sie gegen Bezahlung in Anspruch nehmen können, und denjenigen, die keine medizinische Versorgung erhalten. Deshalb ist es Ihr Reichtum, hier in Italien eine öffentliche Gesundheitsversorgung zu haben: Bitte verlieren Sie ihn nicht!“
In Italien gibt es eine einheitliche und zentrale Gesundheitskrankenkasse. Der Zugang zu medizinischen Hilfsleistungen ist für alle garantiert und grundsätzlich kostenlos. In jüngster Zeit gibt es parallel dazu private Anbieter mit eigenen Versicherungsgesellschaften, die Dienstleistungen auf Bezahlung im Gesundheitssektor anbieten.
Ganzheitliche Betreuung
„Wenn alles miteinander verbunden ist“, so der Papst weiter, „müssen wir auch das Konzept der Gesundheit aus einer ganzheitlichen Perspektive neu überdenken, die alle Dimensionen der Person umfasst“. Ganzheitlichkeit sei der andere Weg, den Franziskus vorschlug, der die Heilung, die Jesus praktizierte, als einen Weg betrachte, dem Menschen seine Würde zurückzugeben. In der Tat könnten Pathologien, so der Papst weiter, niemals den Wert des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende aufheben. Dies sei ein Horizont, den die Forschung und die im Gesundheitswesen Tätigen im Auge behalten müssten. Dazu der Papst:
„Eine ganzheitliche Sichtweise der Pflege trägt dazu bei, der ,Kultur der Ablehnung´ entgegenzuwirken, die diejenigen ausgrenzt, die aus verschiedenen Gründen bestimmte Standards nicht erfüllen. Das ist die heutige Kultur: die des Wegwerfens. Was nicht gebraucht wird, ist out. Wegwerfbar, und dies auf allen Ebenen. In einer Gesellschaft, die Gefahr läuft, Kranke als Last, als Kostenfaktor zu betrachten, ist es notwendig, das in den Mittelpunkt zu stellen, was keinen Preis hat, nicht gekauft oder verkauft werden kann, nämlich die Würde des Menschen.“
Dem Gemeinwohl zum Durchbruch verhelfen
Franziskus nannte als ultimatives Gegenmittel das Gemeinwohl, „ein Mittel gegen die Verfolgung von Besitzstandswahrung:
„Auch im Gesundheitsbereich ist die Versuchung groß, die wirtschaftlichen oder politischen Vorteile einiger weniger Gruppen auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung durchzusetzen. Und das gilt auch für die internationalen Beziehungen.“
Und schließlich die Ermutigung, sich in den Dienst der Kranken und der Gesellschaft zu stellen, nach dem Beispiel des heiligen Giuseppe Moscati, eines „barmherzigen Samariters“, der in der Lage war, einen Stil der ganzheitlichen Pflege in seinem Gebiet zu verkörpern.
(vatican news)
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