Papst: Gebet und Selbsterkenntnis sind die Grundelemente des christlichen Lebens
Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt
„Beim letzten Mal haben wir uns mit dem Thema der Unterscheidung befasst und das Gebet – verstanden als Vertrautheit und Vertrauen zu Gott – als ihr unverzichtbares Element herausgestellt. Heute möchte ich ergänzen, dass eine gute Unterscheidung der Geister auch Selbsterkenntnis erfordert. Sie bezieht nämlich unsere menschlichen Fähigkeiten mit ein: Erinnerung, Verstand, Wille und Liebe. Oft wissen wir nicht, wie wir unterscheiden sollen, weil wir uns selbst nicht gut genug kennen und daher auch nicht wissen, was wir wirklich wollen,“ leitete der Papst seine Überlegungen ein.
Erkenne dich selbst
Viele Schwierigkeiten auch im geistlichen Leben lägen darin begründet, dass wir uns nicht wirklich selber kennen und dies manchmal auch gar nicht ernsthaft wollen würden, erklärte der Papst und zitierte dazu den geistlichen Autor Thomas Green:
„Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass das größte Hindernis für eine echte Unterscheidung (und für echtes Wachstum im Gebet) nicht die Ungreifbarkeit Gottes ist, sondern die Tatsache, dass wir uns selbst nicht ausreichend kennen, ja uns nicht einmal so kennen wollen, wie wir wirklich sind. Fast jeder von uns versteckt sich hinter einer Maske, nicht nur vor den anderen, sondern auch, wenn er in den Spiegel schaut.“
Sich selbst zu kennen, sei anstrengend und erfordere ein geduldiges Erforschen unseres Innersten, führte der Papst weiter aus. Und hier müsse man sich darauf verstehen, den Versuchungen unserer Zeit zu widerstehen.
„Die Versuchung schlägt uns nicht unbedingt schlechte Dinge vor, aber Dinge, die ungeordnet sind und mit übertriebener Wichtigkeit präsentiert werden. Auf diese Weise hypnotisiert sie uns mit der Faszination, die diese Dinge auf uns ausüben: Dinge, die schön, aber illusorisch sind, die nicht halten können, was sie versprechen, und am Ende ein Gefühl der Leere und der Traurigkeit in uns zurücklassen. Dieses Gefühl der Leere und der Traurigkeit ist ein Zeichen dafür, dass wir einen Weg eingeschlagen haben, der nicht der richtige war, der uns in die Irre geführt hat.“
An dieser Stelle gab der Papst den Rat, dass wir uns bei allem, was wir tun, auch fragen müssten, ob wir es tun, um uns selbst zu profilieren, oder weil wir der Gemeinschaft dienen wollen.
„Oft berührt das, was in einer Fernsehsendung oder in einem Werbespot gesagt wird, unser Herz und lässt uns unfreiwillig diese Richtung einschlagen. Fragt euch also: Bin ich frei oder lasse ich mich von den Gefühlen des Augenblicks, den Provokationen des Augenblicks, leiten?“
Als Hilfe für eine gute Unterscheidung schlägt Franziskus die tägliche Gewissenserforschung vor:
„Die Gewissenserforschung, also die gute Gewohnheit, die Ereignisse unseres Tages in aller Ruhe zu überprüfen und zu lernen, was bei unseren Bewertungen und Entscheidungen zu beachten ist, was wir für wichtig halten, wonach wir suchen und warum - und was wir schließlich gefunden haben. Vor allem aber muss man erkennen lernen, was dem Herzen Erfüllung gibt. Denn nur der Herr kann uns die Gewissheit geben, dass wir wertvoll sind. Das sagt er uns jeden Tag am Kreuz: Er ist für uns gestorben, um uns zu zeigen, wie wertvoll wir in seinen Augen sind. Es gibt kein Hindernis und kein Versagen, die eine zärtliche Umarmung von ihm verhindern könnte.“
(vaticannews – skr)
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