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Papst Franziskus trifft die Mitglieder der Vereinigung "Apoteca Natura" im Vatikan Papst Franziskus trifft die Mitglieder der Vereinigung "Apoteca Natura" im Vatikan 

Papst: Zwischen Kultur der Aussonderung und Fürsorge entscheiden

Heutzutage kann man sich nicht mehr neutral gegenüber der Kultur der Aussonderung verhalten, sondern es gilt, eine Wahl zu treffen, um auf den Schrei der Erde und der Armen zu antworten. Das betonte der Papst an diesem Montag gegenüber dem Apothekerverband „Apoteca Natura“ („Apotheke Natur“).

Die auf dem Territorium verteilten nachhaltigen Apotheken könnten zumindest in Teilen die Mängel eines öffentlichen Gesundheitssystems ausgleichen, das allzu bürokratisiert und nicht allen zugänglich sei, so Franziskus an die Mitglieder des italienischen Verbands.

Rund 400 Mitglieder der Apothekervereinigung, die sich der medizinischen Versorgung unter Berücksichtigung der Person wie auch der Umwelt verschrieben hat, waren an diesem Montag in der Sala Clementina im Vatikan zur Audienz bei Franziskus. Der Papst würdigte bei dieser Gelegenheit ihre Tätigkeit als „positives Zeichen der Zeit“, indem sie auf „kreative und nachhaltige Weise“ Verdienstmöglichkeiten und Arbeitsplätze schafften. Dies sei eine Intuition, mit der sie – ähnlich wie dies in autochtonen Gemeinschaften geschehe – auf das „vorrangige Bedürfnis“ der heutigen Zeit antworteten, eine „neue Harmonie“ zwischen den Menschen und der Schöpfung zu finden:

„Und in dem Netzwerk eurer Apotheken sehe ich auch eine andere glückliche Intuition: den Versuch, das zu entwickeln, was an und für sich bereits ein Merkmal der Apotheker ist, nämlich eine persönliche Beziehung mit den Bewohnern des Territoriums zu schaffen, eine gewisse Fähigkeit, zuzuhören, um Ratschläge und Orientierung geben zu können…“

Hier zum Nachhören
Papst Franziskus und die Mitglieder von "Apoteca Natura" im Vatikan
Papst Franziskus und die Mitglieder von "Apoteca Natura" im Vatikan

Wenn Hausärzte zur Mangelware werden

Allerdings, so konstatierte der Papst, mangele es dem heutigen öffentlichen Gesundheitssystem genau an dieser persönlichen Zugänglichkeit, die so wichtig für die medizinische Grundversorgung sei:

„Leider ist aus verschiedenen Gründen die Figur des Hausarztes praktisch verschwunden, und es besteht das Risiko, dass die gute Qualität der gesundheitlichen Dienste in der Breite zugunsten der ,Exzellenzförderung‘ vernachlässigt wird; oder auch, dass diese (Dienste, Anm.) derart bürokratisiert und digital werden, dass ältere oder ungebildete Menschen praktisch ausgeschlossen oder ausgegrenzt werden.“

Zwar könnten die Apotheken nicht die Dienste übernehmen, die an sich dem nationalen Gesundheitsdienst oblägen, allerdings könnten sie „ohne weiteres einem realen Bedürfnis der Menschen entgegenkommen und gewisse Mängel ausgleichen“, betonte der Papst.

Papst Franziskus und die Mitglieder von "Apoteca Natura" im Vatikan
Papst Franziskus und die Mitglieder von "Apoteca Natura" im Vatikan

Die Wahl zwischen zwei Kulturen

Die ursprüngliche Idee der Vereinigung könne man wohl in den Worten „Harmonie und Fürsorge“ zusammenfassen, kehrte Franziskus zu seinen eingangs geäußerten Überlegungen zurück. Harmonie sei ein Konzept, das ihm sehr am Herzen liege, aber es habe auch einen „hohen theologischen und spirituellen Wert“ und könne sogar als „Name Gottes“ angesehen werden, da doch der Heilige Geist selbst Harmonie sei, betonte der Papst. Aus diesem Grund sei auch die Schöpfung an sich als harmonisch anzusehen, die, „auch wenn sie im Innersten durch das Böse gezeichnet ist, das sie beschmutzt hat, immer nach dem Guten und dem Schönen“ strebe.

„Heute, in einer globalisierten und miteinander verbundenen Welt, erscheint die Auseinandersetzung zwischen zwei Kulturen noch deutlicher: Die Kultur des Konsums und der Aussonderung (das ist eine einzige Kultur, denn beide gehen miteinander einher, die Kultur des Konsums und der Aussonderung), die eine Form des Nihilismus darstellt, und dann die Kultur der Fürsorge auf der anderen Seite. Und wir müssen wählen: es gibt keine andere Möglichkeit, vorwärts zu gehen!“

Papst Franziskus und die Mitglieder von "Apoteca Natura" im Vatikan
Papst Franziskus und die Mitglieder von "Apoteca Natura" im Vatikan

Es sei heute nicht mehr möglich, sich dieser Wahl zu entziehen und neutral zu bleiben, gelte es doch, auf den „Schrei der Armen und den Schrei der Erde“ zu antworten, die zur Verantwortung mahnten. Zwar sei die Kultur der Aussonderung sehr beharrlich und niste sich in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens ein, doch auch die Kultur der Fürsorge drücke sich in „vielen kleinen und großen Entscheidungen aus, die jeder treffen muss, je nach der Rolle, die er einnimmt“. Dazu, diese Kultur der Fürsorge entschieden anzunehmen, rufe auch die Enzyklika Laudato si’ alle Menschen guten Willens auf, erinnerte Franziskus: „Jeder kann, in seiner eigenen Rolle, dazu beitragen, die Kultur der Fürsorge zu verbreiten“. Für ihren Einsatz dabei wolle er den Apothekern danken, die in ihrem Bereich ein nachhaltiges und respektvolles Wirtschaftsmodell förderten, schloss der Papst seine Ansprache.

Ein „aufgeschobenes Arzneimittel“

Eines der Projekte, die die Vereinigung im vergangenen Winter in Italien durchgeführt hatte, war die Idee eines „aufgeschobenen Arzneimittels“, ähnlich des traditionellen Brauchs eines „aufgeschobenen Kaffees“ vor allem in den neapolitanischen Bars. Dabei bezahlt man ein Getränk, das nicht eingenommen wird, und schenkt es praktisch einem Unbekannten, der später danach fragen wird. Auf ähnliche Weise konnte man in den teilnehmenden italienischen Apotheken Medizin erwerben, die einem der Apotheker empfahl – und danach an Bedürftige weiterverteilte.

(vatican news - cs)

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14. November 2022, 14:03