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Papstmesse in Bahrain: „Das Herz entmilitarisieren”

Papst Franziskus hat katholische Gläubige in Bahrain dazu eingeladen, immer zu lieben und alle zu lieben. Geschwisterlichkeit sei kein naiver Traum, sie verlange aber, Böses mit Gutem zu vergelten, sagte der Papst bei einer Messe mit der katholischen Migrantengemeinde in Bahrain an diesem Samstag. Es gehe darum, „das Herz zu entmilitarisieren“.

Gudrun Sailer – Vatikanstadt

Immer lieben und alle lieben: Jesus habe nicht behauptet, dass das einfach werden würde, erklärte der Papst in seiner Predigt im Bahrain National Stadium. Jesus sei realistisch, er leide selbst darunter, „wie in unserer Zeit in so vielen Teilen der Welt Macht ausgeübt wird, die sich aus Unterdrückung und Gewalt speist“, so Franziskus vor rund 28.000 katholischen Gastarbeitern, die überwiegend aus asiatischen Ländern wie den Philippinen, Indien und Pakistan stammen und zum Geldverdienen auf der arabischen Halbinsel sind. Bei seiner ersten Rede in Bahrain hatte der Papst die Regierenden des Königreichs ermahnt, die Menschenrechte auch der Migranten zu achten; bei der Messe nun rief er die Katholiken und Katholikinnen unter ihnen nicht etwa dazu auf, ihre Rechte einzufordern, sondern hielt sie zur christlichen Grundhaltung schlechthin an: zur Liebe - immer und gegenüber allen.

Immer lieben

Jesus selbst lade dazu ein, in der Liebe kühn und beharrlich zu sein. Statt „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ schlage er „etwas Undenkbares, etwas Eigenes“ vor, nämlich dem Anderen auch die zweite Wange hinzuhalten. „Das ist es, was der Herr von uns verlangt: nicht irenisch von einer Welt zu träumen, die von Geschwisterlichkeit beseelt ist, sondern uns zu engagieren und bei uns selbst anzufangen, die universale Geschwisterlichkeit konkret und mutig zu leben, im Guten zu verharren, auch wenn uns Böses widerfährt, die Spirale der Rache zu durchbrechen, die Gewalt zu entwaffnen, das Herz zu entmilitarisieren.“

Natürlich treten im Leben eines jeden Menschen Reibungen und Meinungsverschiedenheiten mit anderen auf, „aber wer dem Fürsten des Friedens folgt, muss immer nach Frieden streben“, verdeutlichte Franziskus. „Und der Frieden kann nicht wiederhergestellt werden, wenn ein böses Wort mit einem noch böseren beantwortet wird, wenn auf eine Ohrfeige eine weitere folgt: Nein, es ist notwendig, solche Situationen zu „entschärfen“, die Kette des Bösen zu lösen, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen, aufzuhören, Groll zu hegen, sich zu beklagen und sich selbst zu bemitleiden. Es ist notwendig, in der Liebe zu bleiben, immer: Das ist der Weg Jesu, um dem Gott des Himmels die Ehre zu geben und Frieden auf Erden zu schaffen. Immer lieben.“

Alle lieben

„Alle“ zu lieben sei dann der zweite und nicht weniger herausfordernde Aspekt, fuhr der Papst fort. „Wenn wir Kinder des Vaters sein und eine Welt von Geschwistern aufbauen wollen, besteht die wahre Herausforderung darin, dass wir lernen, jeden zu lieben, auch den Feind.“ In Wirklichkeit sei damit ein Vorsatz verbunden, nämlich „dass man sich entscheidet, keine Feinde zu haben, im anderen kein Hindernis zu sehen, das zu überwinden ist, sondern einen Bruder und eine Schwester, die es zu lieben gilt. Den Feind zu lieben heißt, den Widerschein des Himmels auf die Erde zu bringen, es heißt, den Blick und das Herz des Vaters in die Welt herabkommen zu lassen.“

„Den Feind zu lieben heißt, den Widerschein des Himmels auf die Erde zu bringen“

Eine solche Form von Liebe kommt aber nicht von allein, sondern nur als Gnade. Gläubige sollten deshalb von Gott im Gebet die Gnade erbitten, zu lieben wie er selbst. Franziskus mit einem Textvorschlag: „Jesus, du, der du mich liebst, lehre mich zu lieben wie du. Jesus, du, der du mir vergibst, lehre mich, zu vergeben wie du. Sende deinen Geist, den Geist der Liebe, auf mich“. Bitten wir darum. Denn oft tragen wir dem Herrn viele Bitten vor, aber das ist das Wesentliche für den Christen, im Stande sein, wie Christus zu lieben.“

Zum Abschluss dankte Franziskus den katholischen Gläubigen in Bahrain „für euer sanftes und freudiges Zeugnis der Geschwisterlichkeit, dafür, dass ihr Samen der Liebe und des Friedens in diesem Land seid.“ Auch an die Mitfeiernden aus anderen Ländern der arabischen Halbinsel einschließlich Saudi-Arabiens wandte sich der Papst. Ihnen bringe er „heute die Zuneigung und Nähe der universalen Kirche, die auf euch schaut und euch umarmt, euch liebt und euch ermutigt“.

 

Bischof Paul Hinder, emeritierter Vikar für Arabien, übernahm anstelle des Papstes den eucharistischen Teil des Gottesdienstes. In einem kurzen Dankeswort zum Schluss verwies er auf den Schutzpatron des Papstes, den heiligen Franz von Assisi. Auch Hinder betonte in der Linie von Franz von Assisi den friedfertigen Charakter der katholischen Gemeinden in der Region mit starker muslimischer Bevölkerungsmehrheit. „Wir Christen im Nahen Osten - diejenigen, die der altorientalischen Tradition angehören, und diejenigen, die als Migranten vorübergehend in diesem Teil der Welt leben - versuchen, die Aufforderung des heiligen Franziskus an seine Brüder umzusetzen, geistig unter den Muslimen zu leben, sich nicht auf Streitereien einzulassen und einfach anzuerkennen, dass wir Christen sind".

„Wir versuchen, geistig unter den Muslimen zu leben, uns nicht auf Streitereien einzulassen und einfach anzuerkennen, dass wir Christen sind“

Mit Franziskus am Altar waren unter anderem Österreichs Kardinal Christoph Schönborn, der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch und der deutsche Benediktiner Nikodemus Schnabel, Patriarchalvikar für Migranten und Asylsuchende des lateinischen Patriarchats von Jerusalem. 

(vatican news – gs)

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05. November 2022, 07:11