Wortlaut Generalaudienz: Katechese von Papst Franziskus
Die offizielle Vatikan-Übersetzung auf Deutsch finden Sie wie immer in Kürze auf www.vatican.va.
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Im Prozess der Unterscheidung ist es wichtig, achtsam zu sein auch in der Phase, die direkt auf eine getroffene Entscheidung folgt. Ich muss eine Entscheidung treffen, unterscheide - pro und contra, Gefühle - dann endet dieser Prozess, ich treffe die Entscheidung und dann kommt dieser Punkt, an dem wir aufpassen müssen und die Zeichen wahrnehmen müssen, die die Entscheidung bestätigen oder sie verneinen. Im Leben gibt es nämlich Entscheidungen, die nicht gut sind und die durch bestimmte Anzeichen in Frage gestellt werden. Gute Entscheidungen bestätigen sich hingegen durch bestimmte Anzeichen.
Wir haben schon gesehen, dass in der Tat die Zeit ein fundamentales Kriterium ist, um die Stimme Gottes unter all den anderen Stimmen zu erkennen. Er allein ist der Herr der Zeit: Sie ist ein Gütesiegel seiner Originalität, die ihn von den Nachahmungen unterscheidet, die in seinem Namen sprechen, ohne dass ihnen dies gelingt. Eines der entscheidenden Zeichen des guten Geistes ist die Tatsache, dass er einen langanhaltenden inneren Frieden vermittelt. Wenn du eine Entscheidung triffst und sie dir Frieden vermittelt, der lange anhält, ist das ein gutes Zeichen dafür, dass das ein schöner Weg ist. Es geht hier um einen Frieden, der Harmonie, Einheit, Leidenschaft und Eifer mit sich bringt. Man geht aus diesem Prozess besser heraus als man hineingegangen ist.
Zum Beispiel, wenn ich entscheide, eine halbe Stunde mehr dem Gebet zu widmen, und dann merke, dass es mir die restliche Zeit des Tages viel besser geht: Ich bin unbeschwert, weniger ängstlich, verrichte meine Arbeit mit mehr Freude und besser und auch der Umgang mit einigen schwierigen Leuten fällt mir leichter...: Das alles sind wichtige Zeichen, die für die Qualität der getroffenen Entscheidung sprechen. Das spirituelle Leben ist ein Kreislauf: Die gute Wahl bei einer Entscheidung wirkt sich positiv auf all unsere Lebensbereiche aus. Denn sie bedeutet Teilhabe an der göttlichen Schöpferkraft.
Wir können einige wichtige Aspekte ausmachen, die uns helfen, in der Zeit nach der Unterscheidung zu verstehen, dass sie eine gute Wahl war. Diese Zeit nach der Entscheidung bestätigt die Richtigkeit der Entscheidung. Wir haben diese Aspekte in gewisser Weise im Lauf dieser Katechese-Reihe bereits kennen gelernt. Nun aber kommen sie erneut zur Anwendung.
Ein erster Aspekt ist, dass die Entscheidung eine mögliche Antwort auf die Liebe und Großzügigkeit darstellt, die der Herr mir gegenüber hegt. Die Entscheidung entsteht nicht aus Angst, emotionaler Erpressung oder Zwang, sondern aus Dankbarkeit für das empfangene Gute, das das Herz dazu bringt, die Beziehung mit Gott in Freiheit zu leben.
Ein weiteres bedeutendes Element ist das Bewusstsein dafür, sich im Leben am richtigen Platz zu fühlen - mit jener Ruhe, die sagt: ,Ich bin hier am richtigen Platz' - und sich als Teil eines größeren Werks zu begreifen, zu dem man den eigenen Beitrag leisten möchte. Auf dem Petersplatz gibt es zwei Punkte - die Brennpunkte der Ellipse - von denen aus die Bernini-Säulen perfekt hintereinander aufgereiht erscheinen. Genau so kann auch der Mensch erkennen, dass er gefunden hat, was er sucht, wenn sein Tag geordneter wird, es zunehmende Vereinbarkeit seiner zahlreichen Interessen gibt, eine korrekte Hierarchie der Wichtigkeit gestärkt wird, und alles viel unbeschwerter erlebt wird, und mit erneuerter Energie und Geisteskraft alle auftretenden Schwierigkeiten angegangen werden können. Das sind Hinweise darauf, dass man eine gute Entscheidung getroffen hat.
Ein weiteres gutes Zeichen der Bestätigung ist die Tatsache, frei zu bleiben angesichts der getroffenen Entscheidung, bereit zu sein, sie auch erneut in Frage zu stellen, oder auf sie zu verzichten, wenn es möglicherweise Einwände gibt und zu versuchen in ihnen mögliche Lehren des Herrn zu finden. Dies aber nicht, weil er uns das nehmen wollte, was uns teuer ist, sondern damit wir es mit Freiheit leben, ohne uns daran festzukrallen. Nur Gott weiß, was wirklich gut ist für uns. Besitzgier ist ein Feind des Guten und zerstört die Zuneigung. Hier muss man vorsichtig sein - die Besitzgier ist ein Feind des Guten und zerstört die Zuneigung!
Es gibt viele Fälle häuslicher Gewalt, von denen wir leider oft hören, sie entstehen fast immer aus der Erwartung heraus, dass einem die Gefühle des anderen gehören würden, aus der Suche nach absoluter Sicherheit, die die Freiheit tötet und das Leben erstickt und in eine Hölle verwandelt.
Wir können nur in Freiheit lieben, deshalb hat der Herr uns als freie Wesen geschaffen, frei ihm auch ,Nein' zu sagen. Ihm das darzubieten, was uns am teuersten ist, ist in unserem Interesse, es erlaubt uns dies auf bestmögliche Weise zu leben und in Wahrheit. Als ein Geschenk, das er uns gemacht hat, als Zeichen seiner unentgeltlichen Güte, in dem Wissen, dass unser Leben, so wie die ganze Geschichte, in seinen gütigen Händen liegen. Das ist es, was die Bibel Gottesfurcht nennt, also Respekt vor Gott. Es geht nicht darum, dass Gott mir Angst macht, nein nein, es geht um Respekt. Das ist eine unentbehrliche Voraussetzung, um das Geschenk der Weisheit zu erhalten (vgl. Sir 1,1-18).
Es ist diese Gottesfurcht, die jegliche andere Furcht vertreibt, weil sie auf Ihn ausgerichtet ist, der der Herr aller Dinge ist. Vor Ihm kann uns nichts beunruhigen. Das ist auch die überraschende Erfahrung des Heiligen Paulus: ,Ich weiß Entbehrungen zu ertragen, ich kann im Überfluss leben. In jedes und alles bin ich eingeweiht: in Sattsein und Hungern, Überfluss und Entbehrung. Alles vermag ich durch Ihn, der mir Kraft gibt.' (Phil 4,12-13).
Das bedeutet, ein freier Mensch zu sein: Dem Herrn zu sagen - ,wenn gute Dinge kommen, sage ich ja, wenn schlechte Dinge kommen, akzeptiere ich das und gehe weiter.' Das ist grundlegend für eine gute Entscheidung. Und es gibt uns Sicherheit auch in dem, was wir nicht kontrollieren und vorhersehen können: die Gesundheit, die Zukunft, unsere Lieben, unsere Pläne. Das was zählt ist, dass unser Vertrauen auf den Herrn des Universums gerichtet ist, der uns unendlich liebt und weiß, dass wir mit ihm etwas Wunderbares, etwas Ewiges aufbauen können.
Das Leben der Heiligen zeigen uns das auf schönste Weise. Gehen wir weiter und versuchen wir, immer auf solche Weise Entscheidungen zu treffen - im Gebet, darauf hörend, was in unserem Herz vor sich geht und weiter langsam voranschreitend. Nur Mut!
(vatican news - sst/pr)
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