Papst bei Generalaudienz: Ein Plädoyer für die geistliche Begleitung
Christine Seuss - Vatikanstadt
Mit der Katechese an diesem Mittwoch hat Papst Franziskus seine Katechesenreihe zur geistlichen Unterscheidung abgeschlossen. Nachdem er in feinfühligen Worten seines gerade verstorbenen Vorgängers im Papstamt gedacht hatte, ging er auf die Hilfsmittel ein, die bei der geistlichen Unterscheidung nützlich sein können. Eines davon, so Franziskus, sei die geistliche Begleitung, die vor allem für die Selbsterkenntnis als „unabdingbare Voraussetzung“ für die geistliche Unterscheidung wichtig sei. In diesem Zusammenhang warnte Franziskus vor einer einsamen Nabelschau: „Sich allein im Spiegel zu betrachten hilft nicht immer, denn einer kann fantasieren über das Bild. Hingegen sich im Spiegel mit der Hilfe eines anderen anzusehen hilft sehr, denn der andere sagt dir die Wahrheit - wenn er wahrhaftig ist - und so hilft er dir.“
In diesem Vertrauensverhältnis dürfe man auch keine Angst haben, sich vor dem anderen zu entblößen und sich in seiner Schwäche und Zerbrechlichkeit zu zeigen, mahnte Franziskus.
„Denn in Wirklichkeit ist unsere Zerbrechlichkeit unser wahrer Reichtum. Ein Reichtum, den wir respektieren und annehmen müssen. Denn wenn wir ihn Gott anbieten, befähigt er uns zu Zärtlichkeit, Barmherzigkeit und Liebe. Vorsicht vor Menschen, die sich nicht zerbrechlich fühlen: sie sind hart, diktatorisch. Hingegen die Menschen, die mit Demut ihre Zerbrechlichkeiten anerkennen, haben mehr Verständnis für andere. Die Zerbrechlichkeit, das kann ich sagen, macht uns menschlich.“
Wenn sie von der Fügsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist getragen sei, helfe die geistliche Begleitung dabei, auch schwere Missverständnisse in unserer Selbsteinschätzung und unserer Beziehung zum Herrn aufzudecken, gab Franziskus weiter zu bedenken. So lege uns auch das Evangelium verschiedene Beispiele für klärende und befreiende Gespräche vor, die Jesus geführt habe, erinnerte der Papst mit Blick auf die Samariter, Zachäus oder die Emmausjünger: „Menschen, die Jesus wirklich begegnen und keine Angst haben, ihm ihr Herz zu öffnen und ihre Schwäche, die eigene Unzulänglichkeit, die eigene Zerbrechlichkeit zu zeigen. Auf diese Weise machen sie die Erfahrung des Heils und der unentgeltlich empfangenen Vergebung.“
Ob Priester oder Laie, Mann oder Frau - die geistliche Begleitung ist wichtig
Mit dem geistlichen Begleiter, sei er männlich oder weiblich, Priester oder Laie, über die Dinge, die uns beschäftigten oder auch quälten zu sprechen, helfe dabei, falsche oder giftige Gedanken zu entlarven, riet Franziskus weiter. Doch dabei trete der Begleitende keineswegs an die Stelle des Herrn: „Er verrichtet nicht die Arbeit der begleiteten Person, sondern geht an ihrer Seite und ermutigt sie, das zu verstehen, was ihr Herz bewegt: der Ort, an dem der Herr zu uns spricht.“ Ihm selbst gefalle es nicht, von einem spirituellen „Direktor“ zu sprechen, wie es teils üblich sei, sondern er ziehe das Wort „Begleiter“ vor, gestand Franziskus ein:
„Diese Begleitung kann fruchtbar sein, wenn wir die Erfahrung der Kindschaft und der geistigen Geschwisterlichkeit gemacht haben. (…) Wir sind nicht allein, wir sind Menschen eines Volkes, einer Nation, einer Stadt, die unterwegs ist, einer Kirche, einer Pfarrei, dieser Gruppe... eine Gemeinschaft auf dem Weg. Man geht nicht allein zum Herrn. Das geht nicht.“
Dabei könnten auch wir selbst zum Beistand für andere werden, wichtig sei jedoch die Erfahrung der Geschwisterlichkeit, sonst könne die Begleitung zu „unrealistischen Erwartungen, Missverständnissen und Formen der Abhängigkeit führen, die den Menschen in einem infantilen Zustand belassen“.
Das Beispiel der Gottesmutter
Als wahre „Meisterin der Unterscheidung“ würdigte Franziskus die Gottesmutter Maria: „Sie spricht wenig, hört zu und bewahrt alles in ihrem Herzen“. Doch die wenigen Male, die sie spreche, setze sie „ein Zeichen“, weise immer auf Christus hin. Unterscheidungskraft sei überhaupt eine Kunst, die man „lernen kann und die ihre eigenen Regeln hat“, betonte Franziskus, doch dabei dürfe man sich nicht zum „Experten“ aufschwingen, der sich selbst genüge. Vielmehr müsse man den Herrn um die Gnade bitten, zu unterscheiden, und um die Person, die einem bei der Unterscheidung helfe. Es gelte, auf die Stimme des Herrn zu vertrauen, die sich immer zu erkennen gebe und die sowohl beruhigt als auch Trost spendet, betonte Franziskus:
„ ,Fürchtet euch nicht‘ sagt der Herr auch heute zu uns: ,Fürchtet euch nicht‘. Wenn wir seinem Wort vertrauen, werden wir das Spiel des Lebens gut spielen und anderen helfen können. Wie der Psalm sagt, ist sein Wort unserem Fuß eine Leuchte, ein Licht für unsere Pfade (vgl. 119,105). Danke.”
Gebet für die Ukraine
Auch die Ukraine war wieder in den Gedanken des Kirchenoberhauptes: Man dürfe im Gebet für die leidenden Menschen in der Ukraine und um Frieden nicht nachlassen, so Franziskus zum Schluss seiner Generalaudienz in den Grüßen an die italienischsprachigen Pilger.
(vatican news - cs)
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