Fliegende PK nach Afrikareise: „Schluss mit den Kriegen!“
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
„Ich konnte mit Papst Benedikt über alles reden– auch, um gegebenenfalls meine Meinung zu ändern. Er war immer an meiner Seite, unterstützte mich, und wenn er mit irgendetwas Schwierigkeiten hatte, sagte er es mir und wir redeten darüber. Es gab keine Probleme… Ich habe ihn in der Tat bei einigen Entscheidungen, die zu treffen waren, konsultiert, und er stimmte zu.“
„Der Tod Benedikts XVI. wurde instrumentalisiert“
Aus seiner Sicht sei der Tod Benedikts am Silvestertag 2022 „von Leuten instrumentalisiert worden, die Wasser auf ihre Mühlen leiten wollen“, so Franziskus. Doch wer einen „so guten, gottesfürchtigen Menschen“ wie Benedikt („fast würde ich sagen: einen heiligen Kirchenvater“) instrumentalisiere, handle unethisch.
„Das sind Parteimenschen, die nicht von der Kirche sind... Man sieht überall die Tendenz, theologische Positionen zu Parteien zu machen. Diese Dinge werden von selbst in sich zusammenstürzen – oder auch immer so weitergehen, wie es schon so oft in der Geschichte der Kirche geschehen ist. Ich wollte klar sagen, wer Papst Benedikt war: Er war kein verbitterter Mensch.“
Aber natürlich drehte sich der Auftritt des Papstes vor allem um Afrika. Wobei zum ersten Mal bei einer solchen „Fliegenden Pressekonferenz“ nach einer Papstreise nicht nur Franziskus der Presse Rede und Antwort stand: An seiner Seite ergriffen auch der anglikanische Primas Justin Welby und der Leiter der reformierten Kirche Schottlands, Ian Greenshields, das Wort. Beide haben den Papst auf der „Ökumenischen Pilgerreise des Friedens“ im Südsudan begleitet.
Welby und die Leichen in Bor
Welby setzte einen ernsten Ton, als er an seinen Südsudan-Besuch von 2014 erinnerte, kurz nach Beginn des Bürgerkriegs, der 2019 durch ein Friedensabkommen mehr schlecht als recht besänftigt worden ist. „Als wir in Bor am Flughafen ankamen, lagen da am Tor die ersten Leichen; es gab damals in der Stadt 5.000 Leichen, die nicht beigesetzt worden waren. Meine Frau und ich gingen zur Kathedrale: Alle Priester waren getötet worden, und die Frauen vergewaltigt und ebenfalls getötet. Eine furchtbare Situation! Nach unserer Rückkehr haben wir beide den tiefen Ruf verspürt, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um den Menschen im Südsudan zu helfen, und darüber habe ich dann oft mit Papst Franziskus gesprochen.“
Ein Newman-Zitat
Leider habe der Friedensprozess seit dem Abkommen von 2019 an „Drive“ verloren; doch er, Welby, hoffe, dass die Reise der Kirchenführer dem Prozess jetzt neues Leben einhauche. Kirchen seien viel besser als Regierungen dazu imstande, „die Herzen der Menschen anzurühren“. Auch auf der jetzt zu Ende gegangenen Afrikareise habe „Herz zum Herzen gesprochen“; damit zitierte der anglikanische Primas bemerkenswerterweise den Wahlspruch des hl. John Henry Newman, eines Konvertiten von der anglikanischen zur katholischen Kirche.
Franziskus verurteilt Ausbeutung Afrikas
Papst Franziskus beklagte den Journalisten gegenüber die Ausbeutung Afrikas. „Einige formulieren das so: Die Länder, die Kolonien hatten, haben denen die Unabhängigkeit nur vom Erdgeschoss an aufwärts gegeben, nicht untendrunter – da wollen sie weiter nach Rohstoffen suchen. Diese Vorstellung, dass Afrika zum Ausbeuten da ist, müssen wir bekämpfen!“
Um unbedingt an Coltan oder Lithium zu kommen, schreckten reiche Länder nicht davor zurück, auch bitterarmen Ländern Waffen zu verkaufen; dadurch behielten sie die Kontrolle über die Bodenschätze. Das sei „diabolisch“: „Der Waffenhandel. Das ist, glaube ich, die schlimmste Pest in der Welt.“
Auf den Krieg in der Ukraine angesprochen erneuerte Franziskus sein Angebot, nach Kiew und Moskau zu reisen, um etwas zu einem Frieden beizutragen. Ansonsten wies er darauf hin, dass das „nicht der einzige Krieg“ sei, und nannte zum Beleg die Konflikte in Syrien, dem Jemen und Myanmar. „Die ganze Welt ist im Krieg. Sie ist dabei, sich selbst zu zerstören… Halten wir noch rechtzeitig inne!“
Es blieb dem anglikanischen Erzbischof Welby überlassen, kühl darauf hinzuweisen, dass der Ukraine-Krieg „in den Händen von Herrn Putin“ liege: „Er könnte ihn beenden, durch Rückzug der Truppen, Waffenstillstand und dann Verhandlungen über langfristige Abkommen.“ Welby hat die Ukraine Ende November/Anfang Dezember des vergangenen Jahres besucht.
Papst will nach Marseille reisen - und vielleicht in die Mongolei
Franziskus ließ auf die Frage eines Journalisten hin wissen, welche Reisen er dieses Jahr (abgesehen vom Weltjugendtag in Lissabon im Sommer) plant: Am 23. September wolle er Marseille besuchen, von dort aus womöglich die Mongolei („Das ist noch nicht spruchreif“), und Indien eher nächstes Jahr.
Wie in einem Interview, das er kürzlich gegeben hat, warnte der Papst auf eine weitere Frage hin, dass Homosexualität „nicht kriminalisiert“ werden dürfe. „Das ist nicht gerecht. Menschen mit homosexueller Neigung sind Kinder Gottes, Gott liebt sie und begleitet sie… Eine solche Person zu verurteilen ist eine Sünde; sie zu kriminalisieren, ist ungerecht. Ich spreche nicht von Gruppen, sondern von Einzelnen… Lobbys sind etwas anderes, ich spreche von den einzelnen Personen.“
Der schottische Reverend Greenshields ergänzte kurz, so wie er die Bibel verstehe, drücke Jesus „allen Menschen gegenüber seine Liebe aus“, und das sei es, „was wir als Christen jedem Menschen unter allen Bedingungen geben können“. Ob er gerne wieder mal den Papst bei einer Reise begleiten würde? Ja natürlich, antwortete der Leiter der „Kirche von Schottland“, wie auch Welby. „Die einzige Einschränkung ist: Mein Mandat läuft am 20. Mai aus. Dann wird mir eine Frau nachfolgen, die sehr kompetent ist; ich bin sicher, dass sie gerne mitfliegen würde!“
(vatican news)
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