Synodenversammlung in Prag: Spannungen und Dialog
Die einzelnen Tage werden in Plenumsdiskussionen und kleineren Arbeitsgruppen verbracht, wobei jeweils verschiedene Themen im Fokus stehen. Am Dienstag, dem zweiten Tag der Diskussionen, sollten die Teilnehmenden „wesentliche Spannungen“, Themen und Fragen identifizieren, die im Oktober von der Bischofssynode bei ihrem ersten Treffen zum Thema behandelt werden sollen. Im Oktober 2024 wird die Synode zu einer erneuten Beratung zusammenkommen.
Über die Spannungen zu reden, sei auch an sich „spannend“, meint gegenüber Radio Vatikan mit Renata Ocilkova eine Teilnehmerin aus der Slowakei, „weil wir unterschiedliche Meinungen und auch Themen gehabt haben, hauptsächlich, was das Thema Seelsorge für LGBT-Menschen anbelangt. Aber auch, wenn wir verschiedene Ansichten oder Meinungen vertreten haben, haben wir einander verstanden und wirklich respektvoll miteinander gesprochen“, so die Koordinatorin für Roma-Pastoral in der slowakischen Bischofskonferenz.
Respektvoller Umgang miteinander
Hilfreich finde sie, dass nach einigen Wortmeldungen immer wieder Zeit für das Gebet eingeplant sei und somit die Gelegenheit bestehe, „in der Stille“ den „Heiligen Geist“ zu hören. Sie habe auch erfahren, dass sich vor allem Vertreter der LGBT-Gemeinschaft mit der Lesung in der Heiligen Messe über die Schöpfung des Menschen durch Gott aus dem Buch Genesis „ausgeschlossen“ gefühlt hätten. „Da habe ich wahrgenommen, dass wir uns, wenn wir das Wort Gottes hören, nicht ausgeschlossen zu fühlen brauchen…“
Was hingegen die russische Kirche zum weltweiten synodalen Prozess beisteuern könnte, das haben wir Stephan Lipke SJ gefragt. Der deutsche Jesuit ist als Mitglied der russischen Delegation in Prag dabei.
„In Russland kommt eine wirklich kleine Kirche zusammen. Eine Kirche, die große Schwierigkeiten erlebt, in einer ganz schwierigen Situation ist und trotzdem versucht, im Gespräch zu bleiben. Trotz allem versucht man sich gegenseitig zu verstehen und gemeinsam Salz der Erde und Licht für die Welt zu sein. Und ich glaube, das können auch andere Kirchen vielleicht ein klein bisschen lernen und auch lernen, dass wir als Kirche selbst nicht wissen, wie wir mit der Situation umgehen können. Aber wir gestehen uns das ein und ich glaube das, das ist wirklich wichtig. Das könnte unser kleiner und bescheidener Beitrag sein.“
Sehr unterschiedliche Kirchen
Auf dieser kontinentalen Versammlung in Prag merke man sehr deutlich, wie unterschiedlich die Kirche in Westeuropa und Osteuropa, die lateinische Kirche von den Kirchen des Ostens sei. Dies beeindrucke ihn, mache ihm gleichzeitig aber auch Sorgen, so der Jesuit, der seit Jahren in Russland aktiv ist. So war er nicht nur von 2012 bis 2017 als Lehrer und Seesorger im sibirischen Tomsk tätig, sondern leitet seit 2018 (nach einer Unterbrechung seines Russlandaufenthaltes für das Tertiat auf den Philippinen) das St. Thomas-Institut in Moskau.
„Was mir (hier in Prag, Anm.) fehlt, ist dann eben zu sehen, wie können wir das wirklich einbringen? Vor allem, wie können wir die Erfahrungen der byzantinischen und der anderen Kirchen des Ostens in den großen gemeinsamen synodalen Weg einbringen?“
Offene Atmosphäre
Als Gäste bei der Veranstaltung sind auch Vertreter der Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ vor Ort. Sie nehmen zwar nicht an den Beratungen teil, können aber bei den Messen dabeisein und in den Pausen mit den Delegierten sprechen. Einer von ihnen ist Martin Schockenhoff. Sie seien nach Prag gekommen, um den Prozess „zu beobachten und unterstützen“, so der Rechtsanwalt aus Deutschland am Mikrofon von Radio Vatikan.
„,Wir sind Kirche' möchte Gesprächspartner sein und wir möchten zum Ausdruck bringen, dass wir diesen weltsynodalen Prozess für enorm wichtig halten und dass wir alle, die dazu beitragen und die jetzt drängenden Probleme angehen, unterstützen wollen, ihnen als Gesprächspartner zur Verfügung stehen wollen und das auch von unserer Basis aus mittragen und mit unterstützen möchten.“
Sein Eindruck sei, dass die Atmosphäre bei dem Kontinentaltreffen in Prag „offen“ sei und viele Delegationen ihre Themen freimütig ansprächen, betont Schockenhoff: „Das hat uns ermutigt. Das hätte ich in dieser Form nicht erwartet. Und ich bin sehr gespannt auf das Schlussdokument, das am Donnerstag verabschiedet werden soll. Ich muss sagen, ich bin jetzt heute optimistischer, als ich es zu Beginn der Veranstaltung gewesen bin.“
Abschlussdokument am Donnerstag
Wie der Vorsitzende des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen CCEE, Gintaras Grušas, angekündigt hatte, soll auf der Grundlage von 39 Länderpräsentationen und Diskussionen in den Arbeitsgruppen am Donnerstag ein Abschlussdokument vorgestellt und erörtert werden. Im weiteren (nicht-öffentlichen) Verlauf des Treffens werden dann die Vorsitzenden aller europäischen Bischofskonferenzen das Dokument gemeinsam prüfen, sich darüber austauschen und ein zweites Schlussdokument entwerfen. Beide Dokumente sollen als europäischer Beitrag zum Synodalen Weltprozess nach Rom übermittelt werden.
Verantwortlich für die Redaktion des Dokumentes ist ein sechsköpfiges Redaktionsteam, das aus Geistlichen wie Laien besteht. Neben dem Jesuiten Giacomo Costa (Konsultor des Synodensekretariats und Verantwortlicher der Task Force für die Ausarbeitung des Dokumentes für die Kontinentalphase) finden sich in dem Redaktionskomitee die Linzer Pastoralprofessorin sowie Direktorin des Forschungszentrums für Ökumenische Studien und Interreligiösen Dialog an der Babeș-Bolyai-Universität Cluj/Rumänien, Klara Antonia Czizar, außerdem der Löwener Theologie- und Liturgieprofessor Arnaud Join-Lambert, der italienische Vatikanjournalist Andrea Gagliarducci, der polnische Priester Miroslaw Tykfer und die Erfurter Kirchenrechtsprofessorin Myriam Wijlens, ihres Zeichens ebenfalls Beraterin des Generalsekretariates der Synode.
(vatican news - cs)
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