Papst an Budapester Uni: „Jünger des Wissens” hinterfragen Wissen
Franziskus war zu Gast an der Fakultät für Informatik und Bionik, die interdisziplinäre Fachleute an der Schnittstelle von Informatik, Elektrotechnik, Medizin, Molekular- und Neurobiologie ausbildet. Bio- und Neurowissenschaften spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung neuer Forschungsrichtungen in der Informatik. Mit einem Zitat von Romano Guardini warnte Franziskus an der Fakultät vor einer „Technik der Beherrschung des lebendigen Menschen“. Universitäten hätten stattdessen zu einer grundlegenden „Kultivierung“ des Menschen beizutragen, zu einer Befreiung „aus den engen Grenzen des Habens und Besitzens“, so der Papst.
Die gesunde Unruhe des Forschenden
Franziskus warb an dieser Stelle für einen weiten Kulturbegriff mit einer grundsätzlichen Bereitschaft, Wissen zu hinterfragen. Kultur forme Menschen, die „als demütige Jünger des Wissens spüren, dass sie offen und kommunikativ sein müssen, niemals starr und kampflustig“. Forschende pflegten in diesem Fall „eine gesunde Unruhe“, indem sie hinterfragen, riskieren und erkunden, sie öffneten sich anderen Kulturen und spürten das Bedürfnis, ihr Wissen zu teilen. „Das ist der Geist der Universität“, erklärte Franziskus.
Er lobte in diesem Zusammenhang die Katholische Universität in Budapest für ihre Aufnahme von Studierenden aus anderen Weltregionen, namentlich Syrien. „Gerade indem man sich anderen gegenüber öffnet, lernt man sich selbst besser kennen“, erinnerte der Papst. Ein Professor hatte zuvor in einer kurzen Ansprache das von der Regierung geförderte Engagement der Hochschule für syrische Studierende und die Zusammenarbeit mit Lehranstalten im Nahen Osten geschildert.
Auch der Rektor der Universität hatte in seiner Begrüßungsrede auf den rechten Geist an einer katholischen Bildungsanstalt verwiesen. „Mit Hilfe der Wissenschaft wollen wir nicht nur verstehen, sondern auch das Richtige tun, nämlich eine menschliche und solidarische Zivilisation, eine nachhaltige Kultur und Umwelt aufbauen", so Géza Kuminetz. „Mit einem demütigen Herzen können wir nicht nur den Berg des Herrn, sondern auch den Berg der Wissenschaft erklimmen."
Wovor schon Johannes Paul II. warnte
Franziskus weitete in seiner Ansprache den Blick über das Akademische hinaus. Er warnte Ungarn vor einer Gefahr, auf die schon Johannes Paul II. nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa 1989 unermüdlich hingewiesen hatte: nämlich einem nahtlosen Übergang vom Kommunismus zum Konsumismus. Beiden „Ismen" liege eine falsche Vorstellung von Freiheit zugrunde, erläuterte Franziskus. Die „Freiheit“ des Kommunismus sei beschnitten und fremdbestimmt, jene des Konsumismus dagegen sei „eine zügellose, hedonistische, flache“ Pseudofreiheit, die den Menschen zum „Sklaven des Konsums und der Dinge“ mache. Da komme man von den Grenzen, die dem Denken auferlegt wurden, zur Vorstellung, dass es überhaupt keine Grenzen mehr gebe, sinnierte Franziskus.
Ein beziehungsorientiertes Erkennen
Jesus biete einen Ausweg, „indem er sagt, dass das wahr ist, was den Menschen von seinen Abhängigkeiten und den verschiedenen Formen der Verschlossenheit befreit“. Dazu brauche es eine Form von Erkennen, die „nie von der Liebe losgelöst ist, beziehungsorientiert, demütig und offen, konkret und gemeinschaftlich, mutig und konstruktiv. Das ist es, was die Universitäten pflegen sollen und was der Glaube nähren soll.“
Die Fakultät für Informatik und Bionik an der Katholischen Universität Péter Pázmány feiert dieses Jahr ihr 25-jähriges Bestehen. Sie wurde auf Anregung des damaligen Rektors der Universität, des heutigen Budapester Erzbischofs Kardinal Péter Erdő, gegründet.
Direkt anschließend an die Begegnung war die Abfahrt des Papstes zum Internationalen Flughafen von Budapest geplant, wo er nach seiner dreitägigen Visite durch die Staatspräsidentin verabschiedet werden sollte. Die Ankunft in Rom ist für 19.55 Uhr geplant.
(vatican news – gs)
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