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Papst Franziskus an der Katholischen Universität Portugals Papst Franziskus an der Katholischen Universität Portugals  (ANSA)

Papst an Studierende: „Mut haben, Ängste durch Träume zu ersetzen"

Papst Franziskus hat jungen Menschen in Portugal geraten, die gegenwärtige Umbruchsituation der Welt nicht als Niedergang, sondern als Geburt zu deuten und auf mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft hinzuwirken. Gerade akademisch gebildete junge Leute sollten die Privilegien ihrer Ausbildung in den Dienst der Allgemeinheit stellen. Franziskus rief sie dazu auf, als Christen „Meister der Menschlichkeit“ zu werden.

Franziskus begegnete an diesem Donnerstagmorgen im Zug seiner Reise zum Weltjugendtag Studierenden an der Katholischen Universität Portugal in Lissabon. Dabei rief er sie zu visionärem Denken und Handeln für das Gemeinwohl auf. „In diesem bedeutenden Augenblick der Geschichte sind die Herausforderungen enorm und das Klagen ist schmerzerfüllt; aber lassen wir uns auf das Risiko ein, zu denken, dass wir uns nicht in einem Todeskampf, sondern in einer Geburt befinden; nicht am Ende, sondern am Anfang eines großen Schauspiels“, so der Papst. „Seid also Protagonisten einer ,neuen Choreographie´, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, seid Choreographen des Lebenstanzes.“

Auf Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft reagieren

Zuvor hatten bei der Begegnung mit dem Papst die Rektorin der Katholischen Universität sowie drei ausgewählte Studentinnen und ein Student gesprochen. Die Rektorin Isabel Capeloa Gil stellte die Einrichtung vor und gab ihren Ausführungen auch einen größeren Rahmen: „Die Universität existiert nicht, um sich als Institution zu erhalten, sondern um mutig auf die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft zu reagieren“, sagte sie.

Hier zum Hören:

„Der Studienabschluss sollte nicht nur als Befugnis zum Aufbau von persönlichem Wohlstand betrachtet werden“

Darauf bezog sich Franziskus, als er erklärte, Bildung, gerade an einer Universität, dürfe nicht zum Selbstzweck ohnehin privilegierter Menschen werden: „Der Studienabschluss sollte nicht nur als Befugnis zum Aufbau von persönlichem Wohlstand betrachtet werden, sondern als Auftrag, sich für eine gerechtere und integrativere, das heißt für eine fortgeschrittenere Gesellschaft einzusetzen.“ Wissen werde steril, wenn es nicht als Verantwortung wahrgenommen werde. „Wo ist dein Bruder?“, sollten gebildete junge Menschen sich fragen – mit den Worten Gottes in der Genesis. „Habt also den Mut, Ängste durch Träume zu ersetzen: nicht Verwalter von Ängsten, sondern Unternehmer von Träumen!“, so der Papst.

Lissabon, während der Papst vorbeifährt
Lissabon, während der Papst vorbeifährt

Bildung kein Selbstzweck privilegierter Menschen

„Keine Polarisierungen, sondern Gesamtvisionen“

Auch über Schöpfungsverantwortung sprach Franziskus. Dabei warnte er auf der Linie seiner Enzyklika „Laudato Si“ vor einer Engführung des Themas auf den reinen Umwelt-Aspekt. „Ihr seid die Generation, die diese Herausforderung meistern kann: Ihr verfügt über die fortschrittlichsten wissenschaftlichen und technologischen Instrumente, aber geratet bitte nicht in die Falle von Teilansichten. Vergesst nicht, dass wir eine ganzheitliche Ökologie brauchen, dass das Leiden des Planeten mit dem der Armen zusammen gehört werden muss; dass das Drama der Wüstenbildung in Verbindung mit dem der Flüchtlinge gesehen werden muss, das Problem der Migration mit dem des Geburtenrückgangs; dass wir uns um die materielle Dimension des Lebens im Rahmen einer spirituellen Dimension kümmern. Keine Polarisierungen, sondern Gesamtvisionen.“

„unser Handeln muss die Schönheit des Evangeliums widerspiegeln“

Über „Laudato Si“ hatte zuvor schon der 29-jährige Seminarist Tomás Virtuoso gesprochen, der an der Universität einen Master in Wirtschaftswissenschaften gemacht und auch an der Vatikan-Initiative „The Economy of Francesco“ teilgenommen hatte. Er habe begriffen, „dass eine echte integrale Ökologie ohne Gott nicht möglich ist, dass es in einer Welt ohne Gott keine Zukunft geben kann.“ Franziskus bekräftigte den Gedanken und führte ihn fort, indem er Getauften riet, persönlich zu Vorbildern zu werden. „Ich möchte euch sagen: Macht den Glauben durch Entscheidungen glaubwürdig. Denn wenn der Glaube keine überzeugenden Lebensweisen hervorbringt, kann er den Teig der Welt nicht auftreiben lassen. Es reicht nicht aus, dass ein Christ überzeugt ist, er muss überzeugend sein; unser Handeln muss die Schönheit des Evangeliums widerspiegeln, die freudig und zugleich tiefgreifend ist.“

Frauen als Gestalterinnen ganzheitlicher Wirtschaft

Zugleich hob Franziskus den Beitrag von Frauen in der Entwicklung einer neuen, ganzheitlichen Ökologie hervor. Die Rektorin hatte zuvor einen neuen Lehrstuhl an ihrer Universität angekündigt, der den beziehungsreichen Titel „Ökonomie des Franziskus und der Klara" tragen wird. Klara von Assisi war Ordensgründerin und Gefährtin von Franz von Assisi. Unter Berufung auf beide italienische Heilige will der neue Lehrstuhl ein Sozialmodell fördern, „das die Menschen und die Umwelt wertschätzt“. „In der Tat ist der weibliche Beitrag unverzichtbar“, erklärte Franziskus. Die Bibel zeige, dass die Frau als „wahre ,Regentin“ des Hauses“ mit einer Weisheit agiere, „die nicht bloß auf den Profit abzielt, sondern auf die Fürsorge, das Zusammenleben, das leibliche und geistige Wohl aller und auch auf das Teilen mit den Armen und den Fremden.“ Oeconomia, das griechische Wort für Wirtschaft, bezieht sich in seinem Ursprung auf „Hauswirtschaft“. Bereits bei anderer Gelegenheit hatte Franziskus öffentlich erklärt, er traue Frauen zu, die Grundmuster der Politik zu verändern.

Noch eine zweite Begegnung des Papstes bei der Portugalreise zum Weltjugendtag gilt der Welt der Bildung. Franziskus trifft sich mit örtlichen Angehörigen seiner Bildungsstiftung „Scholas Occurrentes“. In Portugal hält er sich bis Sonntag auf, am Samstag will er einen Abstecher an den Marienwallfahrtsort Fatima machen und dort mit kranken Jugendlichen einen Rosenkranz für den Frieden in der Welt beten.

(vatican news – gs)

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03. August 2023, 10:46