Radio-Akademie: Weltjugendtage – das „Woodstock“ der Kirche (3)
Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
Auf unsrer Reise durch die Geschichte der Weltjugendtage begleitet uns immer wieder auch Bischof Josef Clemens, der seit 40 Jahren an der römischen Kurie wirkt und viele Weltjugendtage mitbekommen hat. Einige sogar ganz besonders nah, denn zwölf Jahre lang managte Bischof Clemens im Laienrat die Weltjugendtage. In seine Amtszeit als Sekretär beim Laienrat fielen auch die internationalen Jugendtreffen unter Papst Benedikt XVI., um die es im dritten Teil unserer Serie geht.
Papst Johannes Paul II. starb 2005 noch vor dem für August geplanten WJT in Köln. Aus dem Konklave ging der aus Bayern stammende Kardinal Joseph Ratzinger als neuer Papst hervor. Er gab sich den Namen Benedikt XVI. - und seine erste Auslandsreise führte ihn anlässlich des XX. Internationalen Weltjugendtags im August 2005 ausgerechnet in sein Heimatland…Diese Tatsache kommentierte er mit den Worten:
„Ich sehe es als eine liebevolle Geste der Vorsehung an, daß sie es eingerichtet hat – ich hatte es nicht gewollt –, daß mein erster Besuch außerhalb Italiens in meinem Vaterland stattfindet. Hier in Köln und damit zu einem Zeitpunkt, an einem Ort und zu einem Anlaß, wo sich junge Menschen aus aller Welt, aus allen Kontinenten treffen, wo die Grenzen zwischen Kontinenten, zwischen Kulturen, zwischen Rassen und Nationen verschwinden, weil wir alle eins sind durch den Stern, der uns erschienen ist – den Stern des Glaubens, Jesus Christus, der uns eint und der uns gemeinsam den Weg zeigt, so daß wir hier alle miteinander eine große Kraft des Friedens über alle Grenzen und Trennungen hinweg sind. So sage ich Gott von Herzen Dank für diese Fügung, daß ich hier in meiner Heimat und mit einem solchen friedensstiftenden Anlaß beginnen darf ...", sagte Papst Benedikt XVI. bei der Begrüßungszeremonie am 18. August 2005 auf dem Internationalen Flughafen Köln Bonn.
Wunderbares Eingangstor fürs Pontifikat
Dem früheren Universitätsprofessor war es immer schon wichtig, den Glauben weiterzugeben; in seinen Zeiten an der Uni hatte er schon zu jungen Erwachsenen gesprochen. Das Thema seines ersten Weltjugendtags lautete „Wir sind gekommen, um ihn anzubeten" (Mt 2,2).
„Es war natürlich ein wunderbares Eingangstor für das Pontifikat. Und man hat ihm auch immer angesehen, wie glücklich er war und umgekehrt, wie glücklich die Teilnehmer waren. Es war auch vom Thema her etwas, was ihm liegt: ,Wir sind gekommen, um ihn anzubeten`- die Frage der Anbetung, der eucharistischen Anbetung etc…“, sagt Bischof Josef Clemens, der lange Zeit Sekretär von Kardinal Ratzinger war und später als Sekretär beim Laienrat unter anderem den WJT 2005 in Köln mitorganisierte, im Interview mit Radio Vatikan. „Es war ein Miteinander von Elementen, die sehr positiv waren und die ihm auch sehr gelegen haben. Es war auch wichtig für die deutsche Kirche: Seit 2005 wüsste ich nicht, dass es eine ähnliche Veranstaltung gegeben hätte. Es war von allen Seiten, auch von der politischen Seite, der Länder-Seite, auch des Bundes, eine wirklich unglaublich positive Stimmung. Man hat sich gefreut, dass der neue Papst nach Köln kommt. Und das stärkt natürlich, wenn man ein solches Amt übernimmt."
Kreuzweg in Sydney - Papst kein Popstar
Nach dem Heimspiel in Köln führte der nächste Internationale Weltjugendtag Papst Benedikt XVI. im Jahr 2008 wieder auf einen anderen Kontinent und auf eine weite Reise: Es ging nach Sydney, in Australien.
Der Kreuzweg ist schon lange Teil der Internationalen Weltjugendtage, aber in Sydney war er zweifellos besonders beeindruckend: Mitten im Zentrum gab es eine Prozession, die an Sydneys weltberühmten Wahrzeichen vorbeiführte. Die Hafenbrücke oder auch Darling Harbour gaben die Kulisse für die „Via Dolorosa“ ab. Vorangetragen wurde das Weltjugendtagskreuz. Die realistische Inszenierung mit mehr als 100 Laiendarstellern trug Anklänge an bekannte Passionsspiele. Papst Benedikt XVI. eröffnete die von Taizé-Gesängen begleitete Zeremonie mit einem Gebet vor der Kathedrale St. Mary am Hyde Park. Er lud die Jugendlichen ein, im Gebet über die Passion Christi zu meditieren. Anschließend verfolgte das Kirchenoberhaupt den weiteren Kreuzweg über einen Bildschirm der Krypta des Gotteshauses.
Im Rückblick ist ihm dieser Kreuzweg aber besonders in Erinnerung geblieben. Beim großen Jahresrückblick, in der Weihnachtsansprache an die Kardinäle im Dezember 2008 sagte er:
„In Australien ist nicht zufällig der lange Kreuzweg durch die Stadt zum Höhepunkt der Tage geworden. Er faßte noch einmal zusammen, was in den Jahren zuvor geschehen war und wies auf den hin, der uns alle zusammenführt: den Gott, der uns bis ans Kreuz liebt. So ist auch der Papst nicht der Star, um den alles kreist. Er ist ganz und nur Stellvertreter. Er verweist auf den anderen, der in unserer Mitte ist.”
Überhaupt verwehrte sich der deutsche Papst eindrücklich gegen den Eindruck, die Weltjugendtage könnten einem überzogenen Papstkult huldigen. Der Vergleich der katholischen Weltjugendtage mit dem Jugend- und Musik-Festival Woodstock, den es hin und wieder gibt und der – mit Anführungsstrichen wohlgemerkt – auch im Titel dieser Radio-Akademie vorkommt – er hinkt an einigen Stellen, macht Benedikt XVI. in seiner Weihnachtsansprache an die Kurie 2008 deutlich:
„Gängige Analysen tendieren dazu, diese Tage als eine Variante der modernen Jugendkultur, als eine Art von kirchlich abgewandeltem Rockfestival mit dem Papst als Star anzusehen. Ob mit oder ohne Glauben wären diese Festivals im Grunde doch dasselbe, und so glaubt man, die Frage nach Gott beiseitelegen zu können. Es gibt auch katholische Stimmen, die in diese Richtung gehen und das Ganze als ein großes und auch schönes Spektakel ansehen Es seien Augenblicke festlicher Ekstase, die aber dann doch letztlich alles beim Alten beließen, das Leben nicht tiefer gestalten könnten."
Papst Benedikt ist hingegen überzeugt, dass die Weltjugendtage nachwirken.
2011 führte der 26. Internationale Weltjugendtag Papst Benedikt XVI. nach Madrid in Spanien. Das Motto lautete „In ihm verwurzelt und auf ihn gegründet, fest im Glauben.“ Zur Abschlussmesse in Madrid kamen übrigens zwei Millionen Teilnehmer. Es sollte der letzte Internationale Weltjugendtag für Papst Benedikt XVI. sein, der im Jahr 2013 überraschend und in einem historischen Schritt seinen Rücktritt vom Papstamt ankündigte. Zum Weltjugendtag in Rio de Janeiro reiste somit sein Nachfolger: Papst Franziskus. Um ihn und die Internationalen Weltjugendtage mit ihm – bis Panama 2019 - geht es in der nächsten und letzten Folge unserer Radioakademie.
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(vatican news - sst)
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